Sockenpuppen, Zweit- und Nachfolgekonten - (k)ein Wille zur enzyklopädischen Mitarbeit ist der Titel eines Vortrages, den ich am Samstag, 22. Februar 2020 um 10:00 Uhr auf der Wikipedia:AdminConvention 2020 halten werde.
Angekündigt hatte ich den Vortrag wie folgt: Sockenpuppen, Zweit- und Nachfolgekonten - (k)ein Wille zur enzyklopädischen Mitarbeit: Unter welchen Umständen wird die Wiedermitarbeit gesperrter Benutzer akzeptiert, wann stellt diese eine missbräuchliche Sperrumgehung dar? Ein paar Thesen aus Sicht eines CUlers mit anschließender Diskussion.
In Wikipedia:Sockenpuppe wird einerseits "ein zusätzliches Benutzerkonto eines angemeldeten Wikipedianers" als Sockenpuppe definiert, im gleichen Satz wird allerdings eingeschränkt, dass "offensichtlich und nachvollziehbar zugeordnete Nebenkonten von vielen Benutzern nicht als Sockenpuppen bezeichnet werden". Der Begriff ist daher unklar, weshalb ich die neutralen Begriffe "Zweitkonto" bzw. "Nachfolgekonto" vorziehe. Mit ersterem meine ich jedes Konto, welches von einem angemeldeten Wikipedianer im gleichen Zeitraum neben einem anderen Konto betrieben wird, letzteres bezeichnet ein Konto, welches nach einem anderen Konto verwendet wird, welches nicht mehr aktiv ist (egal ob gesperrt oder ungesperrt). Die Unterscheidung ist nicht ganz trennscharf, da ein nicht mehr aktives Konto ja wieder aktiv werden kann, reicht aber meistens.
Da ich seit ein paar Jahren CU-Beauftragter in der deutschsprachigen WP bin, ist für mich natürlich besonders interessant, wann der Betrieb mehrerer Konten einen Missbrauch darstellt, der bei Vorliegen der anderen Voraussetzungen eine Abfrage von Benutzerdaten per CU rechtfertigt.
Dies lässt sich recht einfach entscheiden, wenn mehrere Konten in der gleichen Abstimmung verwendet werden oder in der gleichen Diskussion aktiv sind, so dass der Eindruck vielfältiger Zustimmung erweckt wird. Schwieriger ist es, wenn der Hauptvorwurf darin besteht, dass das Hauptkonto des Benutzers gesperrt ist, so dass schon an sich nicht missbräuchliche oder sogar konstruktive Beiträge zur WP einen Regelverstoß darstellen.
Meines Wissens ist in keiner Regelseite ganz klar festgelegt, wie hier zu verfahren ist. Als Gewohnheitsrecht stelle ich allerdings fest, dass die Mitarbeit von dauerhaft gesperrten Benutzern unter einem neuen Konto zumindest geduldet wird, wenn das zur Sperre führende Verhalten nicht fortgesetzt wird. Das schlägt sich auch darin nieder, dass im Falle der Wiederholung des Fehlverhaltens dies den ausdrücklichen Sperrgrund darstellt ("keine Besserung erkennbar"), nicht das Brechen der Sperre als solcher. Anders ist es bei zeitlich begrenzten Sperren: Hier führen regelmäßig schon an sich harmlose Bearbeitungen mit einem anderen Konto, wenn es als Sperrumgehung erkannt wird, zu einer Sperrverschärfung. Das ist teilweise inkonsistent, entspricht allerdings unserem Grundziel der Erstellung einer Enzyklopädie: Wenn eine infinite Sperre dazu führt, dass ein bisher nicht konstruktiver Mitarbeiter konstruktiv mitarbeitet, dann dient das dem Projektziel. Temporäre Sperren hingegen sollen zur Reflektion des Verhaltens Zeit lassen oder zur Abkühlung der Gemüter beitragen, hier wäre eine Bearbeitung der WP während der Sperre nicht zielführend.
Ich lasse mal dahingestellt, on das bei temporären Sperren immer funktioniert, häufig spielt sicher auch der Strafaspekt eine Rolle, obwohl Sperren ursprünglich nicht so gedacht waren. Dass sie als Strafe empfunden werden, ist wohl unvermeidlich, das ging mir bei der Sperre, die ich in der WP erhalten habe, und den Sperren auf anderen Wikis auch so.
Zur Diskussion möchte ich die Frage stellen, ob diese Diskrepanz auch von anderen so empfunden wird, ob sie ein Problem ist und was im Falle der Bejahung dieser Frage zu ändern wäre.