Als Sonntags-Club e.V. bezeichnete sich eine Gruppe von Lesben, Schwulen und Bisexuellen, die 1990 vom Berliner Magistrat als Vereinigung anerkannt wurde und damit erster Verein dieser Art in der DDR war. Seither hat sich der Sonntags-Club e.V. stetig weiterentwickelt, vergrößert und institutionalisiert. Heute ist der Sonntags-Club ein Beratungs-, Informations- und Kommunikations-Zentrum für Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans* und Inter* mit Räumen in der Greifenhagener Straße, Berlin Prenzlauer Berg, wo viele angestellte und ehrenamtliche Mitarbeiter*innen für ein breitgefächertes Angebot sorgen. Der Sonntags-Club e.V. versteht sich in der Nachfolge der 1973 gegründeten Homosexuellen Interessengemeinschaft Berlin (HIB). Nachdem diese ab Mai 1980 ihre Arbeit ruhen liess, versuchte ein Kreis um Ursula Sillge, einen neuen Zusammenschluss für Homo- und Bisexuelle zu bilden. Im „Mittzwanziger-Club“ in der Veteranenstraße in Berlin-Mitte fanden sie 1986 einen Ort für eigene Veranstaltungen, Sonntags im Club. Nach Schließung des Clubs traf man sich weiterhin privat und in wechselnden Gaststätten und Jugendclubs. Da dies wie im „Mittzwanziger-Club“ oft nur sonntags möglich war, setzte sich ab 1987 der Name Sonntags-Club durch. Unter diesem Namen war es möglich, unter Verschweigen von Anliegen und Identität Räume zu bekommen.

Staatliche Anerkennung als Verein[Quelltext bearbeiten]

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Ende der 80er öffneten sich Freizeiteinrichtungen Berlins überraschend auch homosexuellen Themen. Die Ursache dessen und die Ereignisketten hierzu sind unzureichend erforscht. Der Sonntags-Club jedenfalls beeinflusste und nutzte diese neue Situation. Er entwickelte niederschwellige Veranstaltungsangebote für eher heteronormative Freizeiteinrichtungen und erreichte dadurch auch Nicht-Homosexuelle, was ein erklärtes Ziel der Gruppe war. Für die Programmblätter zu den Veranstaltungen konnten sogar auf abenteuerliche Weise Druckgenehmigung ergattert werden. Die Veranstaltungen hatten auch eine politische Dimension, zumal in der DDR bis 1989 offizielle Treffpunkte, Zeitschriften und Vereine für Lesben, Schwule oder Trans* verboten waren. Der Sonntags-Club setzte sich auch für die Rechte Homo- und Bisexueller innerhalb der sozialistischen Gesellschaft ein, zum Beispiel dafür, gleichggeschlechtliche Kontaktanzeigen in Zeitschriften schalten zu dürfen. Und er stand im Austausch mit anderen Zusammenschlüssen, wie dem 1984 in der Humboldt-Universität gegründeten „Interdisziplinärem Arbeitskreis Homosexualität“ oder den „Lesben in der Kirche“. Ab 1987 hielt der Sonntags-Club mit seinem Postschließfach „229 Berlin 1030“ Kontakt in die ganze DDR. Ab 1988 fand in einer leerstehenden Wohnung, Choriner Straße 9, täglich Sonntags-Club statt. Tag für Tag nun arbeiteten hier Gesprächskreise, Interessengebiete, Arbeitsgruppen und der Klubrat. April 1989, donnerstags von 17.00 bis 19.00, öffnete wöchentlich der Info Treff der Sonntags-Club in der Choriner Straße. „Auskünfte – Informationen – Beratung – Kartenverkauf“ stand in der Ankündigung. Nach Uneinigkeit über das weitere Vorgehen gingen einige Mitstreiter ab Februar 1989 eigene Wege, nannten sich „Arbeitsgemeinschaft Courage“ und wurden Teil des „Verbund der Freidenker“. Die anderen bemühten sich weiterhin um staatliche Anerkennung als eigenständige Gruppe und beschlossen am 10. November 1989 eine Vereinsgründung. Am 12. November 1989 unterschrieben Vertreter*innen der Gruppe um Ursula Sillge, Peter Rausch und Lothar Dönitz die Satzung für den „Sonntag-Club. Berliner Vereinigung von lesbischen, schwulen und bisexuellen BürgerInnen“. Vom 7. Juli 1990 stammt die offizielle Vereinsurkunde vom damaligen Vereinigungsregister des Stadtbezirksgericht Berlin-Mitte.

Struktur, Angebote und Aktionen[Quelltext bearbeiten]

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Die Zeit nach Mauerfall, vor der Auflösung der DDR und Wiedervereinigung der beiden Berliner Stadthälften war auch für den Sonntags-Club e.V. von hoher Dynamik geprägt. Seine Vereinsgeschichte mit der Vorläufergruppe HIB und den Veranstaltungen sonntags im Club war einzigartig im ehemaligen Ostblock und stieß jetzt auf großes nationales wie internationales Interesse. Gleichzeitig wurde von vielen Seiten Professionalität erwartet, die rein ehrenamtlich nicht leistbar war. Ab 1990 gab es vom Berliner Magistrat eine Soforthilfe [für Miete?], von da eine regelmäßige Förderung [von ???]. 1990 bezog der Sonntags-Club erstmals eigene Räume in der Rhinower Straße 8, nähe Schönhauser Allee. Hier wurde ein Info-Laden eingerichtet und von hier aus wirkte der Sonntags-Club auch in die Nachbarschaft. Nicht nur laut Satzung, auch in der Praxis hatte der Sonntags-Club den Anspruch einer gleichberechtigten gendergerechten Struktur. Am Anfang waren immer zwei Frauen und zwei Männer Projektleiter*innen und so auch im Vorstand. Auch andere sexuellen Identitäten waren im Sonntags-Club willkommen und wurden in die Club-Arbeit und -Struktur integriert, was manchmal auch ausgehandelt werden musste. Neben Beratungsangeboten zu Coming-out, Eltern und Partnerschaft, Gruppen für junge Schwule und Lesben, 40 plus und HIV-Aids [stimmt das?], der Einrichtung einer Frauenwerkstatt und der Etablierung des Frauenfreitags, gab es seit 1988 einen Gesprächskreis Bisexualität [Namen nennen?] und die „TV-TS-Gruppe“, eine Interessengemeinschaft der Transvestiten und Transsexuellen, deren Leiterin und Initiatorin Nadja Schallenberg war. In den Räumen des Sonntags-Clubs fanden auch Treffen anderer Zusammenschlüsse statt. Anfang der 1990er richtete der CSD e.V., der den immer größer werdenden nun Gesamtberliner Christopher Street Day organisierte, schon Monate vor dessen Termin im Sonntags-Club sein temporäres Büro ein. Der Sonntags-Club war auf den Eröffnungsveranstaltungen vertreten und hatte Infostände auf den Begleitveranstaltungen. 1991 organisierte der Sonntags-Club im Auftrag der International Lesbian, Gay, Bisexual, Trans and Intersex Association (ILGA) eine erste internationale Queer-Konferenz in Berlin.

Der Sonntags-Club e.V., eine Berliner Institution[Quelltext bearbeiten | Abschnitt hinzufügen]

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Als mittlerweile etablierte und aus Berlin nicht mehr wegzudenkende wichtige Institution konnte der Sonntags-Club im Januar 1998 in der Kulturbrauerei Berlin mit großem Programm seinen 25. Geburtstag begehen. Gezeigt wurden auch Film-Clips „25 Jahre Sonntags-Club“, zusammengestellt von Peter Rausch, unter Verwendung des Filmmaterials von Bodo Amelang. „Absolut Queer“ ist die 40-seitige Broschüre zum Jubiläum betitelt, die die 25 Jahre seit Gründung Revue passieren lasst.

Bald danach erfolgte der Umzug in größere Räume. Eine ehemalige Bibliothek wurde mit viel ehrenamtlichem Engagement renoviert, umgebaut und hergerichtet. Im Jahr 1999 bezog der Sonntags-Club e.V. die Räume in einem Eckgebäude in der Greifenhagener Straße 28 in Berlin Prenzlauer Berg, in denen er sich heute noch befindet. Hier steht nun wesentlich mehr Fläche zur Verfügung für Büros und die zahlreichen Angebote für die Gruppen. Ein großer Gastraum mit einer Bühne bietet Platz für Veranstaltungen. Zum 40. Geburtstag erschien ein Interviewfilm mit Mitstreiter*innen von Kathrin Schulz und eine Broschüre, in der die vielen Gesichter der im Club Aktiven vorgestellt werden.

Ende 2020 hat der Sonntags-Club e.V. ein Projekt Geschichte und Akteur*innen des Sonntags-Club“ ins Leben gerufen. In dessen Rahmen werden Materialien gesichtet und gesammelt, Interviews mit Zeitzeug*innen erstellt und Sidewalks erarbeitet – Vorbereitungen für das Jubiläum zum 50. Geburtstag des Sonntags-Clubs im Jahr 2023, zu denen auch dieser Eintragstext in Wikipedia gehört. (nicht signierter Beitrag von Peter Rausch (Diskussion | Beiträge) 10:25, 1. Feb. 2021 (CET))