Die Skizze zeigt die Energieniveaulinien und den Phasenraum einer Einteilchenbewegung

Das Einteilchenproblem behandelt im einfachsten Fall die physikalische Wechselwirkung eines Teilchens mit einem Kraftfeld . Die konservative Kräfte hängen nur vom Ort ab und haben ein skalares Potential , so dass gilt[1]. Dabei wird angenommen, dass das Feld unabhängig vom Teilchen existiert und nicht durch die Bewegung des Teilchens beeinflusst wird. In einer Dimension kann das Einteilchenproblem mit dem Energiesatz durch eine einfache Integration durch Trennung der Veränderlichen und anschließende Inversion gelöst werden[2]:

Der Punkt über dem Buchstaben ist die Newtonsche Schreibweise für die Zeitableitung, hier der Geschwindigkeit . Die Gesamtenergie und die Startzeit sind die beiden freien Konstanten in der Lösung der Bewegungsgleichung. Da die kinetische Energie positiv ist, existiert die Bewegung des Teilchens nur in Bereichen . In der Skizze wären dies für die Energie die Strecke und der Abschnitt rechts von . Die Geschwindigkeit ist umso größer, je kleiner das Potential ist[3]. Das lokale Maximum des Potentials in der Skizze ist instabil, während das Minimum eine stabile Gleichgewichtslage darstellt[4].

Aus der Zeitunabhängigkeit der Energie folgt die Newtonsche Bewegungsgleichung[5]:

Diese Bewegungsgleichung ergibt sich auch aus dem Prinzip der kleinsten Wirkung. Nach Lagrange existiert ein Skalar als Differenz von kinetischer Energie und potentieller Energie :

 
 
 (1)
 

Zu den Zeitpunkten und liegen feste Zustände und des Systems vor. Das System entwickelt sich so, dass die Wirkung als weiterer Skalar das Zeitintegral von

minimiert[6].

Das Verschwinden der Variation von führt auf die Lagrangesche Differentialgleichung[7]

 
 
 (2)
 
Kurzer Beweis

Gesucht ist die Funktion[8] der Ortskoordinate , die die Wirkung minimiert. Für wächst . Die Variation der Funktion soll klein sein und an den Integrationsgrenzen und verschwinden: . Alle Vergleichsfunktionen müssen an den Endpunkten und die gleichen Werte annehmen. Dieser Zuwachs der Wirkung durch lautet:

Die Entwicklung der Differenz nach Potenzen von und im Integranden beginnt mit den Termen erster Ordnung. Eine notwendige Bedingung dafür, dass ein Minimum (oder allgemeiner ein Extremum) annimmt, ist, dass die Summe dieser Terme verschwindet. Diese Summe nennt man die erste Variation des Integrals. Auf diese Weise kann das Prinzip der kleinsten Wirkung wie folgt ausgedrückt werden:

Mit und partieller Integration des zweiten Terms erhält man

Da in den Endpunkten fixiert ist, verschwindet der erste Summand und das Integral kann für jedes nur dann Null werden, wenn der Integrand verschwindet. Dies ist die Lagrange-Gleichung der Mechanik[7].

Im Lagrange-Formalismus der Mechanik wird die Bahn eines Systems durch den Konfigurationsraum beschrieben. Die Bewegungsgleichungen sind Differentialgleichungen zweiter Ordnung. Das bedeutet, dass ein Punkt im Konfigurationsraum den Zustand eines mechanischen Systems nicht vollständig beschreibt. Zur Lösung müssen die Anfangskoordinaten und die Anfangsgeschwindigkeiten bekannt sein[9].

In der Hamilton-Formulierung wird der Phasenraum betrachtet, der gemeinsame Raum der Koordinaten und des konjugierten Impulses . und werden gleich behandelt und die Bewegung des Systems wird durch eine Bahndarstellung und beschrieben. Der Phasenraum ist zweidimensional, die Bewegungsgleichungen sind dann Differentialgleichungen erster Ordnung, die Zukunft wird durch den Anfangspunkt im Phasenraum bestimmt[9].

Der kanonisch konjugierte Impuls ist die Ableitung der Lagrange-Funktion (1) nach der Geschwindigkeit :

Aus der Lagrange-Funktion ergibt sich mit die Hamilton-Funktion als weiterer Skalar[10]

Die Hamilton-Funktion ist die Summe aus der kinetischen Energie und der potentiellen Energie und damit die Gesamtenergie[11].

Die Lagrangesche Differentialgleichung (2) ist dann äquivalent zu[12]:

Mit dem kanonisch konjugierten Impuls , der Hamilton-Funktion , und wird das obige Differentialgleichungssystem zu

Es handelt sich um eine symmetrische Gruppe von Differentialgleichungen erster Ordnung. Sie werden Hamilton-Gleichungen genannt. In jeder Richtung des Phasenraums muss eine Differentialgleichung erster Ordnung erfüllt sein. Die Bahnkurve der Teilchen erhält man durch schrittweise Integration der Hamilton-Gleichungen.

Die Poisson-Klammer

stellt die Bewegungsgleichungen sehr symmetrisch dar[13]

In höheren Dimensionen kann dieser Trick der Inversion angewendet werden, wenn weitere Symmetrien und daraus resultierende Erhaltungsgrößen existieren.

Für die Bewegung eines materiellen Punktes der Masse unter dem Einfluss der Gravitation als Zentralkraft bleibt der Drehimpuls erhalten[14]. Damit ändert sich im Keplerproblem der Abstand vom Massenmittelpunkt in gleicher Weise wie im eindimensionalen Problem mit dem Potential[15]

Die Lösung lautet[16]

Einzelnachweise

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  1. Friedhelm Kuypers: Klassische Mechanik - mit über 300 Beispielen und Aufgaben mit Lösungen. 9. Auflage. WILEY-VCH, Weinheim 2010, ISBN 978-3-527-40989-1, S. 7.
  2. L. D. Landau, E. M. Lifschitz: Lehrbuch der theoretischen Physik, Band 1, Mechanik -. 9. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 1979, S. 30.
  3. V. I. Arnol’d: Mathematical Methods of Classical Mechanics -. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1978, ISBN 3-540-90314-3, S. 17.
  4. V. I. Arnol’d: Mathematical Methods of Classical Mechanics -. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1978, ISBN 3-540-90314-3, S. 18.
  5. V. I. Arnol’d: Mathematical Methods of Classical Mechanics -. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1978, ISBN 3-540-90314-3, S. 16.
  6. L. D. Landau, E. M. Lifschitz: Lehrbuch der theoretischen Physik, Band 1, Mechanik -. 9. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 1979, S. 2.
  7. a b L. D. Landau, E. M. Lifschitz: Lehrbuch der theoretischen Physik, Band 1, Mechanik -. 9. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 1979, S. 4.
  8. L. D. Landau, E. M. Lifschitz: Lehrbuch der theoretischen Physik, Band 1, Mechanik -. 9. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 1979, S. 3.
  9. a b Leonard Susskind, George E. Hrabovsky: Klassische Mechanik - Das Theoretische Minimum : Alles, was Sie brauchen, um Physik zu treiben. 1. Auflage. Springer, Berlin 2019, ISBN 978-3-662-60333-8, S. 116.
  10. Leonard Susskind, George E. Hrabovsky: Klassische Mechanik - Das Theoretische Minimum : Alles, was Sie brauchen, um Physik zu treiben. 1. Auflage. Springer, Berlin 2019, ISBN 978-3-662-60333-8, S. 114.
  11. Ágoston Budó: Theoretische Mechanik. 4. Auflage. VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften, Berlin 1967, § 35, S. 176.
  12. V. I. Arnol’d: Mathematical Methods of Classical Mechanics -. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1978, ISBN 3-540-90314-3, S. 60.
  13. Klaus Lichtenegger: Schlüsselkonzepte zur Physik : Von den Newton-Axiomen bis zur Hawking-Strahlung. 1. Auflage. Springer Spektrum, Berlin 2015, ISBN 978-3-8274-2384-9, S. 35.
  14. V. I. Arnol’d: Mathematical Methods of Classical Mechanics -. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1978, ISBN 3-540-90314-3, S. 31.
  15. V. I. Arnol’d: Mathematical Methods of Classical Mechanics -. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1978, ISBN 3-540-90314-3, S. 33.
  16. V. I. Arnol’d: Mathematical Methods of Classical Mechanics -. 1. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 1978, ISBN 3-540-90314-3, S. 34.

Kategorie:Teilchenphysik Kategorie:Klassische Mechanik

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Das Einteilchenproblem behandelt den einfachsten Fall einer physikalischen Wechselwirkung eines Teilchens mit einem Kraftfeld. Das Feld ist normalerweise durch ein Potential V(x) gegeben, so dass die potentielle Energie nur vom Ort des Teilchens abhängt. Dabei geht man davon aus, dass das Feld unabhängig vom Teilchen existiert und durch die Bewegung des Teilchens nicht beeinflusst wird. In einer Dimension lässt sich das Einteilchenproblem mit dem Energiesatz durch eine einfache Integration mittels Trennung der Veränderlichen und anschließender Inversion lösen[1]:

 

Die Gesamtenergie E und die Anfangszeit t0 stellen die beiden freien Konstanten in der Lösung der Bewegungsgleichung dar. Da die kinetische Energie   positiv ist, existiert die Bewegung des Teilchens ausschließlich in Bereichen E > V(x).

In höheren Dimensionen lässt sich dieser Trick anwenden, wenn weitere Symmetrien und daraus folgende Erhaltungsgrößen vorliegen, wie zum Beispiel der Drehimpuls beim Zentralpotential, siehe auch das Keplerproblem.

Einzelnachweise

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  1. L. D. Landau, E. M. Lifschitz: Lehrbuch der theoretischen Physik, Band 1, Mechanik -. 9. Auflage. Akademie Verlag, Berlin 1979, S. 30.

Kategorie:Teilchenphysik