„Die materialistische Dialektik ist die Wissenschaft von den allgemeinen Bewegungs- und Entwicklungsgesetzen der Natur, der Gesellschaft und des Denkens.“[1] Sie ist die Methode zur Erkenntnis des Wesens der Prozesse in Natur, Gesellschaft und Bewusstsein und zugleich Theorie derselben. Dabei beachtet sie die innere Gegensätzlichkeit jedes Prozesses, jedes Momentes in seiner Einheit. Sie ist auch die Lehre von der Einheit der Gegensätze. Leo Kofler zufolge weist sie „den Wahren Weg zur richtigen Erkenntnis der objektiven Realität“[2] und ist metaphysischen wie formal-logischen Ansatzen dadurch überlegen.

Ausgehend von der materialistischen Antwort auf die Grundfrage der Philosophie nach dem Verhältnis von Sein und Bewusstsein und der Anerkennung realer dialektischer Widersprüche ist sie ein wesentlicher Bestandteil der Philosophie von Marx und Engels sowie ihrer Schüler.

Das Wesen der materialistischen Dialektik (Abk.: m. D.) materialistisch, atheistisch und kritisch und ist deswegen im Zeitalter der kapitalistischen Klassengesellschaft die wesentliche Methode und Theorie, um die gesellschaftlichen Verhältnisse umzuwälzen.


Entstehungsgeschichte der materialistischen Dialektik

Bearbeiten

Die Grundfrage der Philosophie

Bearbeiten

In der Produktion überlebenswichtiger Mittel sind die Menschen auf ihre geistigen Fähigkeiten angewiesen. Da die Produktion dieser Lebensmittel ein richtiges Verstehen der Umwelt und ihrer Gesetze voraussetzt, stoßen die Menschen auf die Tatsache, dass ihre Gedanken, Gefühle und Wünsche nicht dasselbe sind wie die faktische Welt. Der Inhalt der geistigen Vorgänge der Menschen unterscheidet sich also von den realen Vorgängen außerhalb des menschlichen Geistes. Bildeten sich die Menschen ein, ihre Umwelt sei identisch etwa mit ihren Wünschen, so hätten sie keinen Grund mehr bei Durst etwas zu trinken und müssten verdursten. Solange sie also nicht im Schlaraffenland leben, müssen die Menschen arbeiten, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Damit ist einerseits die Grundbedingung für materialistische, andererseits auch für idealistische Anschauungen gegeben.Die Unterscheidung zwischen Bewusstsein (Idee) und Umwelt (Materie) führt also nicht automatisch zu einer materialistischen Anschauung. Jemand, der in einer Idee oder im Bewusstsein das sieht, was in der Welt bestimmend oder auch zuerst vorhanden war, beantwortet die Grundfrage der Philosophie idealistisch. Jemand, der in der Umwelt außerhalb jeglichen Bewusstseins, in der Materie das Bestimmende und Frühere sieht, beantwortet die Grundfrage der Philosophie materialistisch. Abhängig von der Antwort auf diese Grundfrage werden alle übrigen philosophischen Fragen unterschiedlich beantwortet, was schließlich auf das praktische Handeln der Menschen und auf ihre Verhältnisse untereinander Folgen hat.

Die Antwort auf die Grundfrage wird nicht völlig zufällig gegeben, sondern hängt vermittelt über das Bewusstsein der Menschen mit den Verhältnissen zusammen, die zwischen den Menschen bestehen. Starken Einfluss hat die Zugehörigkeit zu einer gesellschaftlichen Klasse. Da ausbeuterische Klassen ein objektives Interesse an Verschleierung der tatsächlichen (hauptsächlich ökonomischen) Verhältnisse haben, neigen sie zum Idealismus. Denn der Idealismus geht einher mit Spekulation, Schranken bei der Erkenntnis der objektiven Realität außerhalb des Bewusstseins und Verewigung bestehender Verhältnisse etwa durch die metaphysische Variante des Idealismus.

Die Anhänger der materialistischen Dialektik beantworten die Grundfrage der Philosophie materialistisch. Ausgebeutete Klassen, die im Aufstieg begriffen sind, neigen zum Materialismus. Da die Arbeiterklasse und mit ihr verbündete oder ihr zugehörige Ideologen ein objektives Interesse an einer Veränderung bestehender Verhältnisse haben, neigen diese zur materialistischen Dialektik als ihrer Methode zur Erkenntnis. Diese weist keine Anknüpfungspunkte zu Spekulation, Schranken bei der Erkenntnis oder irgendeiner Verewigung bestehender Verhältnisse auf.

Die Grundfrage der Philosophie beinhalted also das Verhältnis von Materie und Bewustsein, und beinhaltet zwei Teilfragen:

1. Was ist primär, Materie oder Bewusstsein? (nach Engels: Was ist das Ursprüngliche, der Geist oder die Natur?)

  • Der Materialist antwortet: Materie ist primär, Bewusstsein sekundär.
  • Der Idealist antwortet: Bewusstsein ist primär, Materie sekundär.

2. Ist die Welt erkennbar?

  • Der Materialist antwortet: Ja, die Welt ist Erkennbar, auch wenn dies derzeit auf Grund des Entwicklungsstandes noch nicht vollständig möglich ist.
  • Der Idealist antwortet: Nein, oder nur bedingt ist die Welt erkennbar, der Mensch wird nie die die Welt vollständig erkennen. [3]

Demnach gilt nur wer beide Fragen materialistisch beandwortet als Materialist.

Das Wesen der materialistischen Dialektik

Bearbeiten

Der Ausgangspunkt der materialistischen Dialektik ist die Anerkennung des dialektischen Widerspruchs in der objektiven Welt. Daraus lässt sich ihr Wesen ableiten. Die materialtische Dialektik ist wesentlich konsequent materialistisch, atheistisch und kritisch.

Sie ist konsequent materialistisch, weil sie alle Bewegung als Selbstbewegung auffasst, die aus der Identität der Widerspüchlichkeit aller Dinge und der Bewegung derselben resultiert.

Sie ist konsequent atheistisch, weil sie mit ihrer Auffassung der Selbstbewegung aller Materie eine Schöpfung der Welt und äußere Anstöße ausschließt.

Sie ist konsequent kritisch, weil sie keine Starrheit kennt und die Bewegung als das Absolute ansieht, während Stillstand nur relativ existiert.

Entsprechend der Anerkennung der inneren Gegensätzlichkeit der Dinge, fasst die m. D. die Welt nicht als Ansammlung fertiger Dinge, sondern als Einheit von Prozessen, die ein Fortschreiten der Welt bedeuten. Das Aufeinanderfolgen dieser Prozesse ist gleichbedeutend mit einem ewigen Fortschritt der Welt. Damit werden keinesfalls Rückschläge oder relative Stillstände geleugnet. Auch eine gewisse Rückentwicklung ist möglich, aber grundsätzlich baut jeder Zustand auf einem von ihm verschiedenen auf und birgt in sich bereits einen neuen anderen Zustand. Dabei ist eine exakte Wiederholung voriger Zustände unmöglich. Daraus ergibt sich unter anderem der ausgeprägte Optimismus materialistischer Dialektiker.

Literatur

Bearbeiten
  • Frank Fiedler u.a.(Hrsg.): Dialektischer und historischer Materialismus. 13. Auflage. Dietz Verlag, Berlin 1986, ISBN 3-320-00515-4.
  • Leo Kofler: Geschichte und Dialektik. Marxismus-Verlag, Ort? 1955.
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Frank Fiedler u.a.(Hrsg.): Dialektischer und historischer Materialismus. 13. Auflage. Dietz Verlag, Berlin 1986, ISBN 3-320-00515-4, S. 97.
  2. Leo Kofler: Geschichte und Dialektik. Marxismus-Verlag, Ort? 1955, S.77.
  3. http://www.trend.infopartisan.net/trd1006/t051006.html