Possev-Verlag
BearbeitenDer Verlag POSSEV (Die Aussaat) entstand 1945 als erster russischer Verlag im Nachkriegsdeutschland. Im Flüchtlingslager Mönchehof bei Kassel gab Possev für die russischsprachigen Flüchtlinge zunächst unter sehr primitiven Umständen Schul- und Lehrbücher heraus, die Wochenzeitung "Possev" und eine Literaturzeitschrift "Grani" (Grenzen). Dank der Unterstützung deutscher Journalisten konnte der Verlag 1947 nach Limburg an der Lahn umziehen. Von hier aus knüpfte POSSEV weltweite Kontakte zur gesamten russischen Emigration und einer Vielzahl akademischer Bibliotheken. Schriftsteller aus den Reihen der "alten Emigration" publizierten in der Literaturzeitschrift "Grani", "neue Emigranten" berichteten über das Leben in der Sowjetunion. Im Jahr 1952 verlegte POSSEV seinen Sitz nach Frankfurt am Main. Im Sommer 1961 verübten sowjetische Agenten im Hof des gemieteten Verlagshauses ein Sprengstoffattentat. Daraufhin richteten sich Redaktion und Druckerei in einem eigenen Gebäude am Stadtrand von Frankfurt ein. In jenen Jahren war POSSEV bereits kein reiner Emigrantenverlag mehr. Im Herbst 1956 verbreitete die Redaktion einen Aufruf an Autoren in der Sowjetunion, deren Bücher wegen der Zensur nicht veröffentlicht werden konnten, mit dem Angebot, ihre Werke im Verlag POSSEV herauszugeben. Bald gelangten die ersten Manuskripte des sogenannten "Samisdat" (Selbstverlag) in den Westen. Es entsteht der sogenannte "Tamisdat" (Dortverlag). Zwischen 1960 und den 80-iger Jahren sind über 170 Titel von Autoren aus der Sowjetunion veröffentlicht worden, darunter Schriften von Andrei Sacharov, die ersten gesammelten Werke von Alexander Solschenitsyn, neun Bände der christlichen Anthologien "Hoffnung". Viele Titel wurden in Fremdsprachen übersetzt. In Deutsch, einer von siebzehn Sprachen, sind über dreißig Werke erschienen. Die Tätigkeit von POSSEV durchdrang den Eisernen Vorhang in beiden Richtungen. Zusätzlich wurden Periodika zur Verbreitung in der Sowjetunion herausgegeben, z.B. die Zeitschrift "Unsere Tage" (1955-1966) und eine Taschenausgabe der Zeitschriften "Grani" und "Possev". Letztere erscheint seit 1968 monatlich. Der Zusammenbruch des kommunistischen Systems 1991 ermoglichte POSSEV im folgenden Jahr, eine Filiale in Moskau zu grunden. Sie wurde 1999 von einem einheimischen Unternehmen abgelöst, der "Gemeinnützigen Gesellschaft POSSEV für Verlags-, Bildungsarbeit und Forschung". Ziel der Gesellschaft ist die Bewahrung und Entwicklung positiver Werte des vorrevolutionären Russlands und des siebzigjährigen antikommunistischen Widerstandes. Die Wiederherstellung dieser historischen Kontinuität bestimmt die Verlagspolitik, wie unsere Auswahl zeigt.