Tandemokratie (russisch тандемократия) ist eine in den Medien gebräuchliche Bezeichnung für die Regierungsform von Präsident Dmitri Medwedew und Ministerpräsident Wladimir Putin in Russland, in welcher es mit der Wahl von Medwedew am 2. März 2008 zum Präsidenten Russlands faktisch zwei gleichberechtigte Entscheidungszentren gibt.

Geschichte

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Regierungsformen mit zwei gleichberechtigten Entscheidungszentren werden in der Geschichte auch als Diarchie, Dualismus, Duozentrismus oder Duumvirat bezeichnet. Während die ersten drei Begriffe von einer gewissen Konkurrenz zwischen den Machtspitzen ausgehen, impliziert das Duumvirat der Antike ein instabiles Konkurrenzverhältnis. Allen vier historischen Begriffen ist gemeinsam, dass die Existenz zweier Machtzentren auf entsprechenden Verfassungs- und Rechtsnormen beruht.

Die Tandemokratie in Russland betont hingegen die gleichberechtigte Zusammenarbeit der zwei Machtzentren und beruht nur auf persönlichen Vereinbarungen zwischen Präsident und Ministerpräsident. Mit kleinen Unterschieden in den Ansichten Medwedews und Putins sind ihre Aktionen in der politischen Praxis so gut koordiniert, dass das Handeln von Präsident und Ministerpräsident als Eines empfunden wird.

Entstehung der Tandemokratie

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Als Grund für die Entstehung der Tandemokratie formulierte der Moskauer Politikwissenschaftler Andrej Rjabov die These, "dass es Russland, wie in den meisten postsowjetischen Ländern, im postkommunistischen Transformationsprozess nicht gelungen ist, feste Regeln der Machtübergabe zu etablieren".[1] Mit der Tandemokratie findet die Gelenkte Demokratie der Regierungszeit von Präsident Wladimir Putin vom Frühjahr 2000 bis zum Mai 2008 eine Fortsetzung in einer für Russland neuen Regierungsform.

Vor der durch die Verfassung vorgeschriebenen Machtübergabe im Frühjahr 2008 war Wladimir Putin sowohl unter den Eliten als auch in der breiten Masse sehr populär. In der russischen Machtelite gab es keinen Politiker, der sein Gewicht hatte und gleichzeitig eine Konsensfigur für die Interessengruppen der Putinschen Elite gewesen wäre.

Zur Absicherung der Macht des abtretenden Präsidenten und der politischen Stabilität in Russland wurden gemäß Rjabin zuerst drei Varianten diskutiert: Putin als Parteichef der Regierungspartei Einiges Russland (nach dem sowjetischen Muster), als Sprecher des Oberhauses (dem Föderationsrat) oder als Vorsitzender des Verfassungsgerichtes. Diese Varianten wurden aber verworfen, weil man eine Machtdestabilisierung befürchtete.

Gelöst wurde das Problem dadurch, dass Putin als Ministerpräsident dem neuen Präsidenten unterstellt wurde, gleichzeitig aber die Führung der Regierungspartei Einiges Russland übernahm - ohne ihr beizutreten. Mit Dmitri Medwedew wurde zudem ein Nachfolger bestimmt, der einerseits zu Kompromissen fähig ist und sich andererseits strikt an die bei der Machtübergabe getroffenen Vereinbarungen und die übernommenen Verpflichtungen hält.

Die auf zwei Machtzentren beruhende Regierungsform der Tandemokratie in Russland stützt sich nicht auf entsprechende Verfassungs- und Rechtsnormen, sondern auf die Beziehung der beiden Führungspersönlichkeiten, welche die Macht mit persönlichen Vereinbarungen geregelt haben.

Regelmässige Verwendung in den Medien

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Die vermutlich erste Erwähnung der Tandemokratie in Russland findet sich in einer Titelgeschichte der russischen Wochenzeitschrift Kommersant-Wlast vom 10. März 2008 - eine Woche nach der Wahl von Dmitri Medwedew am 2. März 2008 zum Präsidenten Russlands.[2] Seither wird der Begriff in den russischsprachigen Medien regelmässig verwendet.[3]

In den deutschsprachigen Medien wurde der Begriff Tandemokratie wohl erstmals am 6. Mai 2008 in der Süddeutschen Zeitung benutzt, in einem Kommentar mit dem Titel "Ein Experiment auf höchster Ebene."[4]

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Einzelnachweise

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  1. Andrej Rjabov: Tandemokratie im heutigen Russland: Zustand und Perspektiven (PDF-Download). Russlandanalysen, 31. Oktober 2008, abgerufen am 17. Oktober 2010.
  2. Dmitri Kamischjew: тандемократия. Kommersant-Wlast, 10. März 2008, abgerufen am 17. Oktober 2010.
  3. Andrei Kolesnikov: Главная задача нынешнего послания Дмитрия Медведева — ни в коем случае не разрушить иллюзию сохранения тандема. Forbes Russia, 30. November 2008, abgerufen am 30. November 2010.
  4. Sonja Zekri: Ein Experiment auf höchster Ebene. Süddeutsche Zeitung, 6. Mai 2008, abgerufen am 17. Oktober 2010.

Kategorie:Politik (Russische Föderation)