Tamera ist eine Arbeits- und Lebensgemeinschaft im Alentejo, Portugal, und beschreibt sich selber als "Friedensforschungszentrum" und "Heilungsbiotop" [1]. Dort leben etwa 170 Menschen, viele aus deutsch-sprachigen Ländern, aber auch aus Portugal und anderen europäischen Ländern, der USA und dem Nahen Osten. Im Mittelpunkt steht der Gedanke, ein Modell aufzubauen für eine post-kapitalistische Gesellschaft auf der Basis von regionaler Selbstversorgung und Energieautonomie. Ein starker Fokus liegt im Aufbau eines menschlichen Fundaments, aus dem Vertrauen, globales Mitgefühl und selbstständiges Denken hervorgehen sollen.
Geschichte
BearbeitenDas 134 Hektar große Gelände bei Relíquias wurde 1995 von Sabine Lichtenfels und einem Freundeskreis gekauft und später zu verschiedenen Anteilen auf die Ilos Ltd. und zwei Vereine übertragen. Ein Teil der Gemeinschaft von Tamera lebte und arbeitete bereits in Deutschland in den Vorgängerprojekten „Bauhütte“ in Schwand/Schwarzwald und im Rahmen des Projekts Meiga zusammen. Tamera Mitbegründer Dieter Duhm und seine Projekte werden in der Öffentlichkeit immer wieder als „Nachfolgeorganisationen“ der AAO und Otto Mühl bezeichnet. Richtig ist, dass Dieter Duhm Ende der Siebziger Jahre die von Otto Mühl ins Leben gerufene Aktionsanalytische Aktion (AAO; Friedrichshof) in Österreich besucht hatte und begeistert war von deren radikalen Einsatz für die Kunst und „freie Sexualität“. Doch vor allem der autoritäre Führungsstil Mühls führte schon bald dazu, dass er seine Besuche einstellte. 1979 war er das letzte Mal dort. Mitte der Neunziger Jahre wurde der AAO Gründer Otto Mühl wegen Kindesmißbrauchs zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt; die Friedrichshofgemeinschaft brach auseinander. Eine ausführliche Stellungnahme von Dieter Duhm zu seiner Verbindung zu Otto Mühl ist hier: (Link)
Tamera versteht sich auch als Ausbildungsort für vor allem junge Menschen, die sich für Frieden und die Heilung von Mensch und Natur einsetzen wollen. Seit 2006 hat die junge Generation von Tamera viele Führungspositionen in der Gemeinschaft übernommen. Sie leitete die internationale Monte Cerro Friedensausbildung von 2006-2009. Die Absolventen bezeichnen sich als „Friedensarbeiter im Training“. Aus den verschiedenen Ausbildungsangeboten haben sich 2015 vor allem zwei Ausbildungsprojekte herausgeschält: Der Globale Campus und die Schule Terra Nova, beide geleitet von einem Team junger Menschen. Der Globale Campus kooperiert mit Partnerorganisationen in Nahost (Peace Research Village Middle East), Permakulturprojekten in Kenia (OTEPIC) und Togo (CIDAP), der „Favela da Paz“ in Sao Paulo, Brasilien und der Friedensgemeinschaft San José in Kolumbien. Die Schule Terra Nova ist eine online Ausbildung, an der sich viele Gruppen und Einzelpersonen weltweit beteiligen. Ab Januar 2016 werden die theoretischen Ausbildungseinheiten in Zusammenarbeit mit der Ubiquity University (LINK) angeboten. Die Ausbildungskurse und andere Veranstaltungen dienen auch der Finanzierung der Tameragemeinschaft und ihrer Infrastruktur. Neben der globalen Ausbildung gibt es auch eine interne Ausbildung für MitarbeiterInnen (u.a. die Friedensschule Mirja) und eine Ausbildung für Kinder. Eine internationale Schule (Escola da Esperanca) ist in Planung, die auch für Kinder aus der Nachbarschaft geöffnet werden soll. Seit 2001 hat die Tamera Gemeinschaft viel investiert in den Aufbau eines globalen Netzwerks. 2002 fand in Tamera ein Friedenscamp statt mit Israelis, Palästinensern und internationalen Friedensaktivisten, 2003 eine Friedenstournee durch Deutschland mit israelischen und palästinensichen Musikern und der Theatergruppe aus Tamera. Seit 2005 finden in Israel-Palästina, aber auch in Kolumbien und Portugal unter Leitung von Sabine Lichtenfels und Benjamin von Mendelssohn Grace-Pilgerschaften statt, zum Teil mit bis zu mehreren Hundert TeilnehmerInnen, 2007 wurde in Tamera mit dem Aufbau einer Wasserretentionslandschaft begonnen, eine Maßnahme, mit der die Wüstenbildung rückgängig gemacht werden konnte. Sie wird global erfolgreich angewendet (Michal Kravcik, Rajendra Singh („Wasser-Ghandi“) und nimmt eine Schlüsselfunktion ein im Wiederaufbau eines ausgeglichenen Klimas. Der Bau der Wasserretentionslandschaft in Tamera wurde mit Hilfe des österreichischen Bergbauern Sepp Holzer[3] realisiert. 2009 wurde das Testfeld 1 eingeweiht, eine Abteilung für experimentelle Solarenergie in Tamera. Es ist Teil der Abteilung „Solarvillage“. Hier werden vor allem Prototypen des deutschen Erfinders Jürgen Kleinwächter unter Praxisbedingungen getestet und weiterentwickelt. Darüberhinaus kommen verschiedene weitere Techniken zur Energie- und Nahrungsautonomie zum Einsatz: Scheffler-Spiegel, Kochkisten, Solartrockner u.a.
Details
BearbeitenTamera setzt sich aus Unterprojekten zusammen, deren „Projektleiter“ einen sogenannten Planungsrat bilden. Darüber hinaus gibt es eine dreiköpfige „Regierung“ aus Vertretern der jungen Generation. Die Gründer Dieter Duhm und Sabine Lichtenfels arbeiten an eigenen Projekten, haben aber vor allem bei der Visionsbildung und Planung eine wichtige Stimme. Die Organisationsstruktur von Tamera unterliegt einer dauernden Anpassung an die individuelle Entwicklung der Einzelnen und der Gemeinschaft. Nach Erkenntnissen der Gruppe sind Leitungsstrukturen wichtig, um den Übergang in eine echte Basisdemokratie zu begleiten und um nicht in intransparenten und unproduktiven Guppenprozessen steckenzubleiben. Entscheidend für das Projekt ist die Idee der „freien Liebe“. Darunter wird eine Liebe zwischen Liebespartnern ohne Eifersucht, Verlustangst, Besitzansprüche, Bedürftigkeit und Verstellung verstanden. Zur Realisierung der Idee der freien Liebe zwischen einem oder mehreren Liebespartnern sei Vertrauen innerhalb der Gemeinschaft von elementarer Bedeutung. Essentiell für den Gemeinschaftsaufbau in Tamera ist das Forum, eine Form der öffentlichen Mitteilung vor allem von emotionellen Vorgängen. Im Forum werden auch Selbstdarstellungsmethoden verwendet, deren Wurzeln auf die Aktionsanalytische Organisation zurückgehen. Tamera versteht sich selbst als ein Teil einer internationalen Friedensbewegung. Sie wird koordiniert durch das Institut für globale Friedensarbeit. Durch den Aufbau eines Siedlungsmodells mit sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit und Gewaltfreiheit soll eine „Feldbildung“ des Friedens erfolgen. Die „Politische Theorie“ Duhms begründet, warum und wie es noch möglich sein könnte, innerhalb kurzer Zeit eine globale Veränderung in Richtung Frieden zu erzielen. In seiner Theorie stützt er sich unter anderem auf die Annahme der Existenz morphischer Felder des englischen Biologen Rupert Sheldrake, sowie auf Gedanken von David Bohm, Teilhard de Chardin, auf eigene spirituelle Erfahrungen, sowie auf Aussagen der Chaostheorie und Holographie. Aus der „Politischen Theorie“ geht ein globaler Friedensplan hervor, der sich auf den Aufbau mehrerer Heilungsbiotope weltweit stützt. Sie sollen wie „Akupunkturpunkte“ des Friedens wirken.
Projekte
BearbeitenÜbergeordnet
BearbeitenPolitischer Ashram und spirituelle Forschung
Bearbeiten(urgeschichtliche Utopie, Steinkreis)
Liebesschule, Kunst und Heilung
BearbeitenAusbildung
BearbeitenFriedensschule Mirja
Bearbeiten(Winterausbildung für MitarbeiterInnen und solche, die es werden wollen)
Globaler Campus
BearbeitenSchule Terra Nova
BearbeitenEscola da Esperanza
BearbeitenProjektuntergruppen
BearbeitenIGF
BearbeitenTechnologie und Energieautonomie
BearbeitenÖkologie
BearbeitenErnährung
BearbeitenPlatz der Kinder
BearbeitenGästezentrum
BearbeitenInfrastruktur und Verwaltung
BearbeitenAldea da Luz
Bearbeiten(Kunsthandwerk, Kräuterkunde, Näherei)
Tierprojekt
Bearbeiten(Pferde, Hunde)
Terra Deva
Bearbeiten(Kommunikationsforschung mit der Natur)