Waschschiff auf der Seine

Waschschiffe waren schwimmende, am Ufer fest verankerte, häufig öffentliche Einrichtungen und boten den Waschfrauen die Möglichkeit ihre Wäsche im weichen Flusswasser zu waschen und zu spülen. Ausgangspunkt einfacher Waschschiffe war im 17. Jahrhundert Frankreich. Mitte des 19. Jahrhunderts sind in Frankreich mehrstöckige Schiffe mit einer Waschküche und Trockenräumen überliefert. Im 18. und 19. Jahrhundert gab es einfache Waschschiffe auch in Zürich. An einigen Stellen von Main und Rhein gibt es in Deutschland Belege bis ins 20. Jahrhundert. Das „Waschschiff Treichler“ in Zürich wurde nach Vorlagen Pariser Waschschiffe gebaut, wobei die Gestaltung von Gottfried Semper übernommen wurde, so dass sich dieses vom äußeren Aussehen deutlich von anderen Waschschiffen unterschied.

Frankreich

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Waschschiff in Frankreich (Seitenansicht)
 
Aufbau der Geschosse

Zum Wäschewaschen und speziell zum Ausspülen der Wäsche wird viel Wasser benötigt. Daher waren Waschplätze häufig an Fließgewässer oder Wasserquellen gebunden.

Die erste Erwähnung von Waschschiffen geht in Frankreich bis ins 17. Jahrhundert zurück. Am 16. September 1623 wurden dem Unternehmer Jean de la Grange, der zugleich Sekretär von König Ludwig XIII. war, das Recht erteilt, Waschschiffe an verschiedenen Orten in Paris zu betreiben, wobei nach Gutdünken Menge und Einsatzorte festzulegen wären, solange weder die Schifffahrt noch die Ruhe des auf einer Nachbarinsel gelegenen Klosters Notre-Dame beeinträchtigt würden. Das erste schwimmende Waschhaus, die „Sirène“, wurde noch im selben Jahr am Ufer der Seine verankert. Es wurde im Winter 1830 durch Eisgang zerstört.[1]

Waschschiffe wurden ab 1844 mit einer Waschküche ausgestattet, um sich gegen die große Konkurrenz der öffentlichen Waschplätze und Waschhäuser der Vororte durchzusetzen. Manche Waschschiffe waren regelrechte Waschfabriken, die den Waschfrauen warmes Wasser, Wäscheschleudern, Heißlufttrockner, Speisesäle und manchmal sogar eine Betreuung für Kleinkinder zur Verfügung stellten. Die Schiffe waren 25 bis 30 Meter lang. Auf dem ersten Deck befand sich der Arbeitsplatz der Wäscherinnen sowie die Heizkessel.[1] Die Wasch- und Spülstellen lagen in einer Reihe, wobei die Wäsche unmittelbar im fließenden Flusswasser gespült wurde. Die Wäscherinnen pflegten bei ihrer Arbeit zu knien.[2] Besaß das Schiff zwei Geschosse, so waren in der obere Etage die Trockenräume untergebracht. Zuweilen befand sich hier auch die Wohnung des Besitzers oder Verwalters, sowie ein Bügelraum.[2]

In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts reduzierte sich die Zahl der Pariser Waschschiffe gegenüber den öffentlichen Waschhäusern an Land zunehmend. 1852 gab es 17 Waschschiffe auf dem Kanal Saint-Martin und 64 auf der Seine. Für viele arme Familien war deren Benutzung jedoch eine kostspielige Angelegenheit und vor allem für Leute aus weiter entfernten Stadtteilen war es sehr mühsam, die Wäsche mit Hilfe einer Schubkarre zu transportieren. Der Rückgang der Waschschiffe wurde außerdem durch ein Gesetz vom 3. Februar 1851 beschleunigt, wonach öffentliche Wäschereien subventioniert wurden, wenn der Arbeiterklasse für die Nutzung kostenlose oder bis zu 30% reduzierte Preise angeboten wurden.[1]

1880 gab es auf der Ile de France nur noch 64 Wasch-Schiffe, welche Platz für 3800 Wäscherinnen boten. 23 dieser schwimmenden Wäschereien waren in Paris, davon 6 auf dem Kanal Saint-Martin und 35 verteilten sich entlang der Vororte an der Seine, der Marne und der Oise.[1]

Waschschiffe in Würzburg

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Skulptur eines Waschschiffs in Veitshöchheim von Bildhauer Heinrich Pechwitz

Mitte des 19. Jahrhunderts hatte man in Würzburg in der Nähe des Alten Kranens ein Floß für die Gerber verankert, um ihnen die Möglichkeit zu geben, dort ihre Tierhäute zu wässern. Der ursprünglich für diese Zwecke genutzte Pleichachbach stand aufgrund einer Überwölbung nicht mehr zur Verfügung. Doch auch die Würzburger Hausfrauen schätzten das weiche Flusswasser, das sich zum Wäschewaschen viel besser eignete als das kalkhaltige Leitungswasser. So wurde im September 1900 das erste Waschschiff an der Einmündung nahe der Reibeltgasse am Ufer festgemacht. Nach kurzer Probezeit, bei der es nur einen Einspruch eines Hotelbesitzers über den Anblick der Waschfrauen und der langen Unterhosen vor seinem Hotel gab, folgten weitere Schiffe. In den Folgejahren lagen mehr als 10 Waschschiffe im Stadtgebiet entlang des Mainufers.[3]

Die Waschschiffe besaßen einen eisernen Rumpf mit einer Länge von 12,5 m und einer Breite von 2,35m.[4] An den Seitenwänden der Schiffe war die Bordwand tiefer ausgeschnitten. Dafür waren hölzerne Ausleger angebracht, auf denen die Wäsche eingeseift und geschrubbt wurde. Unter den Auslegern befanden sich Drahtkörbe, in denen die Wäsche gewässert und gespült werden konnte ohne von der Strömung weggetrieben zu werden. Mit diesen Auslegern hatten die Schiffe eine Gesamtbreite von 3,8 m.[4] Über die hohe Reling an Bug und Heck des Schiffs gehängt, tropfte die Wäsche nach der Reinigung ab, bevor diese von den Kindern und Großeltern bewacht auf den Mainwiesen zum Trocknen ausgebreitet wurde.[5]

Das Wäschewaschen war zur damaligen Zeit eine sehr anstrengende Arbeit. Die Wäsche musste zuerst lange eingeweicht werden und wurde dann in Körben oder auf Handkarren zum Fluss transportiert. Mit Kernseife und Wurzelbürste wurde der Dreck aus den Fasern herausgescheuert . Bis zu zwanzig Frauen konnten gleichzeitig auf einem Schiff waschen. Neben den Hausfrauen kamen auch die Dienstmägde, um für ihre Herrschaft zu waschen oder gewerbsmäßige Waschfrauen. Die Stimmung auf den Schiffen war meist ausgelassen und fröhlich, konnte doch die Zeit gleichsam zum Austausch von Klatsch und Tratsch genutzt werden.[5]

Die Waschschiffe standen nur über das Sommerhalbjahr zur Verfügung. Im Herbst, wenn es für das Waschen im Fluss zu kalt wurde, schleppte ein Fischer die Boote in den Hafen, wo Mitarbeitern des Tiefbauamtes diese reparierten und für die nächste Saison vorbereiteten.[5] Nach der Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945 waren die Waschschiffe in der Nachkriegszeit für viele Haushalte die einzige Möglichkeit zum Wäschewaschen. Die Wartezeit um einen der begehrten Plätze auf dem Schiff zu ergattern, betrug gemäß Fränkischem Volksblatt in dieser Zeit bis zu zwei Stunden.[6] Am 2. Dezember 1964 beschloss der Stadtrat mit Hinweis auf die Verschmutzung des Mains und die zunehmende Verbreitung von Waschmaschinen die Waschschiffe für immer abzuziehen.[3] Bis auf eine Ausnahme wurden alle inzwischen recht betagten Schiffe verkauft oder verschrottet.[5] Das letzte Waschschiff lag noch bis 2002 an der Uferpromenade am Alten Kranen,[6] war jedoch für die Öffentlichkeit gesperrt. Alle zwei Jahre demonstrierte der Würzburger Main-Franken-Kreis im Rahmen des Kranenfestes wie früher auf Waschschiffen gewaschen wurde.[6] Im Jahr 2002 wurde auch dieses Schiff aus dem Wasser gehoben. In den Folgejahren gab es mehrere Anläufe, dieses Waschschiff oder eines der Schwesternschiffe zu restaurieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, was bis jetzt aber aus politischen oder finanziellen Gründen scheiterte.[4] Bei der Neuanlage des Mainufers in Veitshöchheim wurde eine Skulptur eines Waschschiffs aus Sandstein aufgestellt.

Waschschiff Treichler in Zürich

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In den Häusern der Stadt Zürich gab es bis 1869 kein fließendes Wasser und die vorhandenen Brunnen durften nicht zum Wäschewaschen genutzt werden.[7] Daher gab es in Zürich im 18.[8] und 19. Jahrhundert mehrere kleinere Waschschiffe.

Der Bootsbauer und Schiffsvermieter Heinrich Treichler plante 1857 im Zentrum von Zürich, ähnlich wie in Paris, ein sehr viel größeres, zweistöckiges Waschschiff. Die untere Etage sollte zum Waschen, die obere zum Trocknen und Glätten der Wäsche dienen. Um den Behörden zu schmeicheln, sollte dem Schiff gemäß Treichler ein „hübsches Aussehen“ gegeben werden. Trotzdem wurde seine erste Anfrage abgelehnt. In einem zweiten Antrag reduzierte er die Höhe des Schiffes auf nur ein Geschoss und änderte den Liegeplatz des Schiffes etwas ab. Dieses mal wurde der Antrag genehmigt, wobei speziell auch auf das versprochene „gefällige Aussehen“ Wert gelegt wurde. Die äußere Gestaltung des 22 m langen, 9 m breiten und 4 m hohen Schiffs wurde dem Architekten Gottfried Semper übertragen. Das Schiff konnte nach einigen Verzögerungen im Herbst 1864 unterhalb des Hotels Bellevue in Betrieb gehen.[7]

Am seitlich angeordneten Eingang befand sich das Büro und ein Schalter für die Wäscheabgabe. Im Zentrum des Schiffs lag der Maschinenraum zur Produktion von Heißwasser und Wärme. Die Trockenräume für die Wäsche waren direkt daneben angeordnet. Die eigentlichen Waschbecken waren über den Rest des Schiffs verteilt, wobei die Kochwäsche in runden Waschkesseln in den Ecken des Schiffes gewaschen wurde. Gebügelt wurde wahrscheinlich auf den Ablageflächen Nahe der Außenwand des Waschschiffs.[9] Die Außenwände waren mit pompejanischen Motiven bunt bemalt. Ein Waschschiff gehörte damit nach Sempers Einordnung der Gebäudetypen zur Gattung „Römisch/Therme/Gewerbe“.[7]

Bereits 1872 musste das Schiff dem Bau neuer Kaianlagen weichen. Es wurde vor die Seestraße in Wöllishofen geschleppt, wo Treichler ein Grundstück am See besaß. Doch bereits 1874 erhielt Treichler die Genehmigung zur kompletten Auffüllung seines Grundstücks. Das Waschschiff wurde in die Auffüllung mit einbezogen und bildete den Kern der Betriebsgebäude der Waschanstalt Zürich.[7] Nach zahlreichen Veränderungen geriet die architektonische Vergangenheit immer weiter in Vergessenheit, bis die letzten Reste 1955 zerstört wurden.[10]

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Einzelnachweise

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  1. a b c d La lessive 3: lavoirs, laveuses & lavandières. Abgerufen am 10. Juli 2017 (französisch).
  2. a b Felix Gensmer: Gebäude für Heil- und sonstige Wohlfahrts-Anstalten. Wasch- und Desinfektions-Anstalten. Hrsg.: Professor Dr. Eduard Schmitt. Band 4. Arnold Bergsträsser Verlagsbuchhandlung, Stuttgart 1899, S. 70–72 (archive.org [abgerufen am 11. März 2018]).
  3. a b Hans Behr: Würzburg und seine Waschschiffe: Weichspüler zum Nulltarif. In: Der zweite Frühling. - Würzburg. - 4 (1991), 2, S. 8 - 9
  4. a b c Waschschiff wieder aufs Wasser? In: mainpost.de. 27. August 2012 (mainpost.de [abgerufen am 6. Juni 2017]).
  5. a b c d Harald Zoepffel und Andreas Mettenleiter: Würzburg 1943 bis 1945 - Bilder aus einer versunkenen Zeit. Band 1, 2. Auflage. Akamedon Verlag, Pfaffenhofen 2010, S. 95 ff
  6. a b c Oliver Mehling: Mit Kernseife und Wurzelbürste am Main :Aauf den Spuren der Würzburger Waschschiffe, In: Mitteilungen des Verbandes Bayerischer Geschichtsvereine. - München. - 26 (2014), S. 125 - 132
  7. a b c d Christoph Wieser: Das Waschschiff Treichler von Gottfried Semper. (PDF) Ein verlorengegangenes Zürcher Kuriosum. Neue Zürcher Zeitung, 5. Dezember 1998, abgerufen am 10. Juni 2017.
  8. Verlorene und gefundene Sachen. In: Donnstags-Nachrichten. Band XV. Zürich 13. April 1769 (google.de).
  9. Marianne Burkhalter und Christian Sumi: Pompei in Zürich. Das Waschschiff Treichler von Gottfried Semper im Museum der Schule für Gestaltung in Zürich. In: Archithese. Nr. 5, 2003, S. 28–31 (ktcolor.ch [PDF]).
  10. Harald Tausch: Gehäuse der Mnemosyne: Architektur als Schriftform der Erinnerung. Vandenhoeck & Ruprecht, 2003, ISBN 978-3-525-35578-7 (google.de [abgerufen am 16. Juli 2017]).