Benutzer:SapereAudete/Pathological Demand Avoidance

Pathological Demand Avoidance (PDA, deutsch: Krankhafte Anforderungsvermeidung) ist ein spezifisches Verhaltensprofil innerhalb des Autismusspektrums. Es äußert sich durch obsessiven Widerstand gegenüber jeglichen Anforderungen, die von außen an die betroffene Person herangetragen werden. Das Verhalten geht weit über das alterstypische Normalmaß hinaus und betrifft auch alltägliche Aufgaben, die problemlos zu erledigen wären (z. B. Zähneputzen, Körperhygiene, Hausaufgaben) sowie Aktivitäten, die der Person normalerweise Spaß machen. Nicht selbst gewählte Aktivitäten werden also allein deswegen verweigert, weil sie nicht selbst gewählt sind und nicht, weil die Aktivität an sich ein Problem darstellen würde. Da PDA nahezu sämtliche Lebensbereiche betrifft, kann es die Lebensqualität der Betroffenen und ihre gesellschaftliche Teilhabe massiv beeinträchtigen.[1]

Als Ursache von PDA wird ein extremer, aus irrationalen Ängsten gespeister Kontrollzwang gegenüber der Umgebung, anderen Personen und deren Erwartungen beschrieben. Anforderungen von außen würden als Kontrollverlust wahrgenommen, was massiven Stress verursache und sich in der vehementen Ablehnung jeglicher nicht selbst gewählter Aktivitäten äußere.[1][2] Das Verhalten sei also nicht durch Boshaftigkeit bedingt, wie z. B. bei einer Störung des Sozialverhaltens.[3][4][5] Betroffene verfügen typischerweise über ein breites Spektrum an Vermeidungsstrategien, vom Erfinden von Ausreden und Delegieren von Aufgaben bis hin zu extremen, mitunter sogar gewalttätigen Wutausbrüchen. Der Aufwand, der in die Vermeidung investiert wird, steht dabei in keinerlei Verhältnis zur eigentlichen Aufgabe.[6]

PDA wurde erstmals 1980 von der Entwicklungspsychologin Elizabeth Newson als tiefgreifende Entwicklungsstörung des Kindesalters beschrieben. Bislang war es v. a. in der englischsprachigen Fachwelt verbreitet, findet mittlerweile aber auch in Deutschland und anderen Ländern zunehmend Anerkennung. Es stellt jedoch keine eigenständige Diagnose dar. Betroffe werden häufig mit Atypischem Autismus diagnostiziert.[7]

Umstritten ist, ob es sich bei PDA um ein bloßes Verhaltensprofil oder um einen abgrenzbaren Subtyp von Autismus handelt. Vertreter der Subtyp-Hypothese führen an, dass PDA-Betroffene untereinander mehr Ähnlichkeiten aufwiesen als zu den im ICD-10 definierten Subtypen Asperger-Syndrom und Frühkindlicher Autismus, für die Diagnose eines Atypischen Autismus aber zu viele spezifische Gemeinsamkeiten besäßen.[7] Für die Einordnung als autistisches Verhaltensprofil spräche u. a. die Überschneidung der Symptomatik mit anderen Störungsbildern (z. B. ADHS, Störung ds Sozialverhaltens, antisoziale Persönlichkeitsstörung) und, dass der Schweregrad von PDA als Spektrum von leichten bis schweren Ausprägungen zu begreifen sei. So besäße PDA zwar therapeutische Relevanz, stelle aber keine abgrenzbare diagnostische Entität dar.[1][3][6][8]

Symptomatik

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Leitsymptom ist ein exzessiver Widerstand gegen Anforderungen von außen, selbst gegen Alltäglichkeiten wie Körperpflege, Hausaufgaben oder das Wechseln der Kleidung. Das Vermeidungsverhalten kann sich vergleichsweise harmlos äußern, indem z. B. die Anforderung ignoriert oder durch gezielte Themenwechsel davon abgelenkt wird, durch das Erfinden von Ausreden, das Übertragen der Aufgabe auf andere oder durch Flucht. Das Aufzwingen einer Aufgabe resultiert typischerweise in extremen, mitunter gewalttätigen Wutausbrüchen.

In früheren Forschungsarbeiten wurden folgende Diagnosekriterien vorgeschlagen, die seither aber zum Teil wieder revidiert wurden:

1.     Körperliche Passivität im ersten Lebensjahr

2.     Andauernder Widerstand gegen und Vermeidung von alltäglichen Aktivitäten, häufig durch sozial manipulatives Verhalten

3.     Oberflächlich kontaktfreudig, aber mangelndes Gespür für soziale Identität, Stolz oder Scham

4.     Stimmungsschwankungen, Impulsivität durch Kontrollbedürfnis

5.     Fähig zu Rollen- und So-als-ob-Spielen

6.     Sprachverzögerung durch Passivität

7.     Zwanghaftes Verhalten

8.     Neurologische Symptome

Ursachen

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Der durch Anforderungen von außen empfundene Kontrollverlust verursacht enormen Stress, der sodann in übermäßiges Vermeidungsverhalten mündet. Als Hauptursache der Symptomatik gelten irrationale Ängste, vergleichbar mit phobischen Störungen.

Anforderungen von außen verursachen bei Betroffenen enormen Stress, der sich in dem übermäßigen Vermeidungsverhalten äußert.

Betroffene besitzen ein überwältigendes Bedürfnis nach Kontrolle ihrer Umgebung.

  1. a b c Elizabeth O'Nions, Judith Eaton: Extreme/‘pathological’ demand avoidance: an overview. In: Paediatrics and Child Health. Band 30, Nr. 12, 1. Dezember 2020, ISSN 1751-7222, S. 411–415, doi:10.1016/j.paed.2020.09.002 (sciencedirect.com [abgerufen am 21. Dezember 2024]).
  2. Lisa Stuart, Victoria Grahame, Emma Honey, Mark Freeston: Intolerance of uncertainty and anxiety as explanatory frameworks for extreme demand avoidance in children and adolescents. In: Child and Adolescent Mental Health. Band 25, Nr. 2, Mai 2020, ISSN 1475-357X, S. 59–67, doi:10.1111/camh.12336 (wiley.com [abgerufen am 21. Dezember 2024]).
  3. a b Jonathan Green, Michael Absoud, Victoria Grahame, Osman Malik, Emily Simonoff, Ann Le Couteur, Gillian Baird: Pathological Demand Avoidance: symptoms but not a syndrome. In: The Lancet Child & Adolescent Health. Band 2, Nr. 6, Juni 2018, S. 455–464, doi:10.1016/S2352-4642(18)30044-0 (elsevier.com [abgerufen am 21. Dezember 2024]).
  4. Elizabeth O'Nions, Francesca Happé, Essi Viding, Judith Gould, Ilse Noens: Demand avoidance is not necessarily defiance. In: The Lancet Child & Adolescent Health. Band 2, Nr. 7, Juli 2018, S. e14, doi:10.1016/S2352-4642(18)30171-8 (elsevier.com [abgerufen am 21. Dezember 2024]).
  5. Grace Trundle, Leam A. Craig, Ian Stringer: Differentiating between pathological demand avoidance and antisocial personality disorder: a case study. In: Journal of Intellectual Disabilities and Offending Behaviour. Band 8, Nr. 1, 13. März 2017, ISSN 2050-8824, S. 13–27, doi:10.1108/JIDOB-07-2016-0013 (emerald.com [abgerufen am 22. Dezember 2024]).
  6. a b Inge Kamp-Becker, Ulrich Schu, Sanna Stroth: Pathological Demand Avoidance – aktueller Forschungsstand und kritische Diskussion. In: Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Band 51, Nr. 4, Juli 2023, ISSN 1422-4917, S. 321–332, doi:10.1024/1422-4917/a000927 (hogrefe.com [abgerufen am 20. Dezember 2024]).
  7. a b E Newson: Pathological demand avoidance syndrome: a necessary distinction within the pervasive developmental disorders. In: Archives of Disease in Childhood. Band 88, Nr. 7, 1. Juli 2003, ISSN 0003-9888, S. 595–600, doi:10.1136/adc.88.7.595, PMID 12818906 (bmj.com [abgerufen am 21. Dezember 2024]).
  8. Arvid N Kildahl, Sissel B Helverschou, Anne L Rysstad, Elisabeth Wigaard, Jane MA Hellerud, Linn B Ludvigsen, Patricia Howlin: Pathological demand avoidance in children and adolescents: A systematic review. In: Autism. Band 25, Nr. 8, November 2021, ISSN 1362-3613, S. 2162–2176, doi:10.1177/13623613211034382 (sagepub.com [abgerufen am 21. Dezember 2024]).