Als Halbwissen wird vermeintlich gesichertes Wissen einer einzelnen Person oder Personengruppe bezeichnet, das sich jedoch bei näherer Betrachtung als unvollständig oder falsch erweist. Da jedes Individuum vom Wahrheitsgehalt seines persönlichen Halbwissens überzeugt ist, vertritt es dieses energisch:
- „Das Halbwissen ist siegreicher, als das Ganzwissen: es kennt die Dinge einfacher, als sie sind, und macht daher seine Meinung fasslicher und überzeugender.“
– Friedrich Nietzsche [1]
- „Das Halbwissen ist siegreicher, als das Ganzwissen: es kennt die Dinge einfacher, als sie sind, und macht daher seine Meinung fasslicher und überzeugender.“
Ursachen
BearbeitenDie Ursachen für die Aneignung von Halbwissen sind vielfältig. Die wichtigste Rolle spielt dabei der Lernprozess selbst. Lernen besteht nicht nur aus Informationsspeicherung, sondern beinhaltet die Wahrnehmung der Umwelt, die Verknüpfung mit Bekanntem (Erfahrung) und das Erkennen von Regelmäßigkeiten. Bei diesem Vorgang gibt es zahlreiche Fehlerquellen. Im einfachsten Fall kommt es zum Vergessen, doch es können auch alle möglichen Unvollständigkeiten, Verzerrungen, Fehlbewertungen usw. auftreten, die schließlich zum Halbwissen führen.
Weiterhin ist auch die Didaktik von entscheidender Bedeutung. Notwendigerweise stark vereinfachende Einführungen in ein Themengebiet können sehr zur Verbreitung von Halbwissen beitragen.
Letztendlich muss man aber eingestehen, dass die Alternative – nämlich in einem Wissensgebiet umfassend informiert zu sein – nur noch selten realisierbar ist. Die Komplexität und Wechselwirkungen der meisten erlernbaren Zusammenhänge machen es zunehmend unmöglich, sich ein nur in der Theorie existierendes „Ganzwissen“ anzueignen. Und so muss sich ein jeder von uns damit abfinden, dass er in vielen Wissensbereichen nur über Halbwissen verfügen kann.
Folgen von Halbwissen
BearbeitenHalbwissen wird überwiegend als gefährlich angesehen, da es nicht einfach als solches erkennbar ist, aber leicht zu Fehlschlüssen führen kann. Ebenso kann Halbwissen durch moderne Medien sehr schnell verbreitet und so von vielen Menschen angenommen werden. Dies führt zur Entstehung von Legenden.
Andererseits bietet Halbwissen zumeist einen unschätzbaren Vorteil. Es ist viel einfacher strukturiert und deshalb leichter zu lernen und anzuwenden und daher einfach praktisch. Wissenschaftliche Studien belegen zudem, dass auf Halbwissen basierende Prognosen und Entscheidungen häufig schneller und robuster sind, als die der Experten.
Kritik
BearbeitenKritik an der Theorie des Halbwissens bezieht sich darauf, dass diese eine Einteilung in objektive Wahrheiten und subjektives Halbwissen vornimmt. Während objektives Wissen bei einigen naturwissenschaftlichen Themen relativ unbestritten sein mag, gibt es in vielen anderen Themenbereichen wie der Philosophie zu wenige Anhaltspunkte, um Theorien objektiv zu verifizieren. Letztlich ist es oft schwer bis unmöglich, zu beweisen, dass die Bezeichnung von Inhalten als Halbwissen nicht selbst Halbwissen darstellt. So ist etwa mit dem Argument, ein Sachverhalt sei vereinfacht dargestellt, noch nicht der Beweis erbracht, dass der Sachverhalt in Wirklichkeit komplizierter sei. Damit kann die abwertende Bezeichnung von Inhalten als Halbwissen auch genutzt werden, um unerwünschte Ansichten in den Hintergrund zu drängen.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Gerhard Schaefer, Regina Manitz-Schaefer: Zickzack-Lernen. Ein erfolgreicher Weg vom Halbwissen zum Wissen. Lang, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-631-34567-4
- Anja Dieckmann, Gerd Gigerenzer: Macht Halbwissen klug?, BERLINER ÄRZTE, Heft 07/2005, Online-Version (als PDF-Datei)
Mehr humorvoll:
- Sarah Kuttner: Das oblatendünne Eis des halben Zweidrittelwissens. Kolumnen. Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-596-17108-3
Weblinks
Bearbeiten- Halbwissen ist oft mehr wert von Rudolf Sponsel, Erlangen
- Auch Halbwissen kann zum Erfolg führen Interview mit Prof. Gigerenzer in der Berliner Zeitung vom 27. September 2005
Zitatnachweis
Bearbeiten- ↑ Aus: Menschliches, Allzumenschliches. Ein Buch für freie Geister. Erster Band, Kapitel 9 (Der Mensch mit sich allein), Nr. 578