Benutzer:SeelsorgeRoma/Katholische Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz

Die Katholische Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen im Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz ist für die Organisation der [[Römisch-katholische Kirche|römisch-katholischen Seelsorge unter Roma, Sinti und verwandten Gruppen sowie sich daraus ergebenden weiteren Aufgaben zuständig. Sie verfügt über eine eigene Dienststelle in Bonn.

Geschichte und Organisation

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Anlass zur Einrichtung dieser Institution war einerseits das Dekret „Christus Dominus“ (1963) des II. Vatikanischen Konzils und andererseits ein Treffen von Papst Paul VI.(24.2.-27.2.1964) mit den Pionieren der Seelsorge für Roma. Am 26.9.1965 nahm der Papst dann als Pilger an einer Roma-Wallfahrt teil. Dabei verkündete und betonte er die besondere Fürsorge für diese ethnische Minderheit, die er dabei institutionalisierte. Von da an wurde an einer Grundlage der Seelsorge für Roma gearbeitet, die dann Papst Benedikt XVI. als „Orientierung für die Pastoral der Zigeuner“ 2015 erließ.[1]

Für die Bundesrepublik Deutschland und den sie seitens der katholischen Kirche abdeckenden Geltungsbereich der Deutschen Bischofskonferenz zeichnet ein „Bischof Promoter“ verantwortlich, der diese Aufgabe in Personalunion als Weihbischof oder Ortsbischof versieht. Die Dienststelle wird von einem Nationaldirektor geleitet, der dafür Sorge zu tragen hat, dass in allen Bistümern durch die Ortsbischöfe seelsorgliche Anlaufstellen für Roma und Sinti eingerichtet und entsprechend pastorale Mitarbeiter für sie gewonnen werden. Eine Aufgabe, die aufgrund der konkreten Situation in den Kirchengemeinden, den Strukturdebatten und einen sich überall bemerkbaren Rückgang von Kirchenmitgliedern und -personal immer schwieriger wird. Eng zusammen mit der Dienststelle arbeiten die „Diözesanbeauftragten für Sinti und Roma“, die in den jeweiligen Diözesen vor Ort mit der Seelsorge beauftragt sind.[2]

Liste der Nationaldirektoren und zuständigen Bischöfe

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Nationaldirektoren
  • Pfr. Arnold Fortuin:                                                    1964-1970
  • Pfr. Achim Muth:                                                        1972-1988

·       Pfr. Hans Josef Klein:                                                 1988-2001

·       Pater Jozef Lančarič (SDB):                                       2001-2011

·       Pfr. Jan Opiéla:                                                            seit 2011

Zuständige Bischöfe

·       Bischof Heinrich Maria Janssen (Hildesheim):          1967-1988

·       Weihbischof Heinrich Machens (Hildesheim):          1988-1992

·       Bischof Norbert Trelle (Hildesheim):                         1992-2010

·       Weihbischof Franz Vorrath (Essen):                           2010-2012

·       Weihbischof Dieter Geerlings (Münster):                  2013- 2018

·       Weihbischof Dr. Matthias Heinrich (Berlin):             seit 2018

Diese Institution nimmt auch an den Aktivitäten des Comité Catholique International pour les Tsiganes („Internationales Komitee für die Zigeuner“, abgekürzt CCIT) sowie an den Katholikentagen, Ökumenischen Kirchentagen und diversen gesellschaftlich-politischen Veranstaltungen teil.

„Katholische Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen“ im gesellschaftlich-politischen Diskurs

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Die Geschichte der „Katholischen Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen“ verlief im Spannungsfeld zwischen kirchlich-pastoralen Aufgaben und gesellschaftlich-politischen Ansprüchen nicht ohne Kritik und Konflikte. Pfr. Arnold Fortuin, 1964 zum ersten Nationaldirektor der „Katholischen Zigeunerseelsorge“ ernannt, setzte sich vor allem in der Nachkriegszeit, wohl aber auch schon früher in der nationalsozialitischen Zeit, für die Sinti ein. Er wurde dafür kritisiert, dass er sich mehr für die Belange der Sinti als für die seiner Gemeinde in Illingen engagiere. 2019 wurde ihm aber schließlich doch die späte Ehre zuteil, dass eine Schule und eine Straße in Illingen nach ihm benannt wurden.

Zu Beginn der 1980er Jahren kam es zum Konflikt zwischen der „Katholischen Zigeuner- und Nomadenseelsorge in der Bundesrepublik und in West-Berlin“ (so die damalige Bezeichnung der „Katholischen Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen“)auf der einen und dem „Verband deutscher Sinti“ (heute „Zentralrat deutscher Sinti und Roma“) und ihrem Vorsitzenden Romani Rose auf der anderen Seite. Grund war, dass der damalige Nationaldirektor Pfr. Achim Muth und die damalige Sozialreferentin Silvia Sobeck 1400 Sinti unterstützten, die dem Anspruch des „Verbandes Deutscher Sinti“ widersprachen, die Gesamtheit der deutschen Sinti vertreten zu können. Dieser Konflikt ist dem zeitlichen Kontext geschuldet, wo zwei verschiedene Wege beschritten wurden, um der Integration von Roma und Sinti Rechnung zu tragen: So handelte Sobeck ganz im Rahmen des pastoralen Auftrages der katholischen Kirche, die auf dem Hintergrund der Adenauer-Ära das bewahrende Element in der Gesellschaft darstellte und dabei das Ziel verfolgte, über die „Hilfe zur Selbsthilfe“ den Weg zu ebnen für eine der Ethnie eigene und traditionelle Form der Selbstverwaltung in ihren Siedlungsgemeinschaften. Das war ein gravierender Konfliktpunkt im Verhältnis zu der gesellschaftliche Veränderungen anstrebenden Bürgerrechtsbewegung, die den „Verband Deutscher Sinti“ unterstützte. Weiterhin sind die sozialarbeiterischen Leistungen von Sobeck zu erwähnen, die zusammen mit dem Anwalt Paul Jochum einer ganzen Reihe von Sinti bei ihren Wiedergutmachungsprozessen halfen. Darüber hinaus setzte sich Sobeck zum Beispiel 1976 für die aus den Niederlanden abgeschobene Romanoff-Familie ein. Wegen Landesfriedensbruch verurteilte Sinti, die bei dem SS-Prozess in Würzburg gegen ein Treffen der ehemaligen Waffen-SS demonstriert hatten, half sie bei der Verteidigung und wurde dabei vom Richter wegen Politisierung des Prozesses beschuldigt.[3]

Schließlich stieß auch die frühere Bezeichnung „Katholische Zigeuner- und Nomadenseelsorge in der Bundesrepublik und in West-Berlin“ auf Kritik – so benannt entsprechend dem bis in die 1980er Jahre üblichen Sprachgebrauch. An dieser Bezeichnung hielt der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann, der sich an der weltkirchlichen Bezeichnung orientierte, trotz Kritik der Öffentlichkeit sowie der Dienststelle selbst, lange fest. Erst unter Reinhard Kardinal Marx wurde 2014 entsprechend der spezifischen deutschen Situation und den gesellschaftlichen Veränderungen Rechnung tragend, die Dienststelle in die „Katholische Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen“ umbenannt.[4]

Selbstverständnis, Tätigkeit und Ziele

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Die Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen nimmt die Kultur und Werte von Roma und Sinti in den Blick. Dabei versteht sie sich als „geh hin Kirche“ und „Kirche unterwegs“, welche mitgeht und die Menschen vor Ort oder auf Wallfahrten begleitet. Zur Tätigkeit gehört aber darüber hinaus auch die Öffentlichkeitsarbeit bzw. die Wissensvermittlung und Aufklärung über die Kultur, Geschichte, vor allem auch die Verfolgung in nationalsozialistischer Zeit und Antiziganismus, um somit Diskriminierung und Vorurteilen entgegenzuwirken. Diese Öffentlichkeitsarbeit erfolgt durch Vorträge und Ausstellungen in der Erwachsenenbildung und im Schulbereich in Zusammenarbeit mit Aktivisten aus der Ethnie oder Institutionen wie zum Beispiel Amnesty International. Schließlich geht es auch um Unterstützung und praktische Lebenshilfe, um vor Ort in Kirchengemeinden und öffentlichen Begegnungsräumen ein Zusammenleben in christlicher Orientierung zu ermöglichen.

Literatur

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  • Ingrid Braach: Zum Konflikt zwischen der „Katholischen Zigeunerseelsorge“ und den Roma-Selbstorganisationen. In: Rudoph Bauer, Josef Bura, Klaus Lang (Hg.): Sinti in der Bundesrepublik. Beiträge zur sozialen Lage einer verfolgten Minderheit (Veröffentlichungen zur Situation der „Zigeuner“ in der Bundesrepublik Deutschland 4), Bremen 1984. ISBN 978-3-939762-02-7S. S. 108–133.

·       Bruno Nicolini: Die katholische Kirche und die Zigeuner, in: Mirella Karpati (Hg.) Sinti und Roma. Gestern und heute, Rom 1994 ,118-138.

·       Jan Opiela: Zur Seelsorge für Sinti und Roma – „Orientierung für eine Pastoral der Zigeuner“, in: Die Stellung der Kirchen zu den deutschen Sinti und Roma (Beiträge zur Antiziganismusforschung 5), Marburg 2008, S. 91-104.

·       Jan Opiéla: In eigener Sache: Aus der Redaktion der deutschen Ausgabe des Nevi Yag, Nevi Yag 63 (Juni 2018), S. 31-32.

·       Jan Opiéla: Roma und Sinti. Unter uns und doch anders. Ausstellungsführer der „Katholischen Seelsorge für Roma, Sinti und verwandte Gruppen“, Bonn 2022



[1] Bruno Nicolini: Die katholische Kirche und die Zigeuner, in: Mirella Karpati (Hg.) Sinti und Roma. Gestern und heute, Rom 1994 ,118-138.

[2] Jan Opiela: Zur Seelsorge für Sinti und Roma – „Orientierung für eine Pastoral der Zigeuner“, in: Die Stellung der Kirchen zu den deutschen Sinti und Roma (Beiträge zur Antiziganismusforschung 5), Marburg 2008, S. 91-104.


[3] Ingrid Braach: Zum Konflikt zwischen der „Katholischen Zigeunerseelsorge“ und den Roma-Selbstorganisationen, in: Rudoph Bauer, Josef Bura, Klaus Lang (Hg.): Sinti in der Bundesrepublik. Beiträge zur sozialen Lage einer verfolgten Minderheit (Veröffentlichungen zur Situation der „Zigeuner“ in der Bundesrepublik Deutschland 4), Bremen 1984, S. 108-133.

[4] Vgl dazu das Statement von Bischof Norbert Trelle, Hildesheim, Bischöflicher Beauftragter für die Zigeunerseelsorge in Deutschland, zum VI. Weltkongress der Pastoral für die Zigeuner … (Freising, 1. bis 4. September 2008), siehe: dbk.de (PDF)

Einzelnachweise

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Kategorie:Deutsche Bischofskonferenz Kategorie:Roma Kategorie:Sinti