„Shure Brothers“-Mikrofon, model 55s von 1951.

Crooning beschreibt einen in den 1920er Jahren mit der Entwicklung des Mikrophons entstandenen Gesangsstil der populären Musik, dessen (vorwiegend männliche) Repräsentanten als Crooner bezeichnet werden.

Die Bezeichnung Crooning ist von dem im Schottischen wurzelnden Wort croyne (lautes, tiefes Getöse) abgeleitet. Aus croyne wurde croon, womit ein sanftes, murmelndes Geräusch bezeichnet wird.

Im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert wurde der Begriff mit Wiegenliedern assoziiert, in Amerika insbesondere mit denen der Black Mammies.[1] In diesem Sinne ist auch die Wendung „croon a tune“ in Al Jolsons Rockabye your Baby with a Dixie Melody zu verstehen.[2]

Um 1930 etablierte sich schließlich die gegenwärtige Verwendung von Crooning[3] als Bezeichnung für einen vorwiegend durch männliche Sänger repräsentierten Gesangsstil, der im Zuge der gesangstechnischen Anpassung an die spezifischen Anforderungen des Mikrophons entstand.

Entstehungsbedingungen und Charakteristika

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Die Möglichkeit der Verstärkung via Mikrophon veränderte die gesangstechnischen Anforderungen an die Sänger der 1920er Jahre grundlegend. Die am klassischen Gesang orientierten Bühnenstimmen der Belters waren zu laut für das neue Medium. Als ideal für das Mikrophon erwies sich dagegen eine Gesangsstimme, die in einem unangestrengten, freundlichen Gesprächstonfall daherkam, „an everyday, casual, off-the-street and into-your-living room voice“[4]. Der zurückhaltende, teils kraftlos wirkende stimmliche Umgang mit Rhythmen und Tönen stellt das prägnanteste Merkmal des Croonings dar.[5] So zeichnen sich die Songs der Crooner durch einen geringen Tonumfang, gleitende Tonfolgen und geringe dynamische Schwankungen aus. Ein weiteres Merkmal ist das Singen auf Konsonanten.[6]

Während sich einige Sänger der Anpassung an die neuen technischen Gegebenheiten verwehrten, verhalf das Mikrophon anderen, zuvor durchschnittlich erfolgreichen Beltern wie Frank Crumit und Gene Austin zum Durchbruch. Wieder anderen, genannt sei hier „Whispering“ Jack Smith, gelang erst durch die Möglichkeit der Verstärkung der Einstieg in das Gesangsgeschäft. Mit zunehmender Bekanntheit veränderte sich auch der Charakter der gecroonten Songs. So repräsentierten „Whispering“ Jack Smith, Art Gillham und „Little“ Jack Little als Crooning-Pioniere noch eine recht eigenwillige, von komischen Elementen getragene Spielart, wohingegen Rudy Vallée dem Crooning Sex-Appeal verlieh (Im Anklang an seinen großen Erfolg bei dem weiblichen Publikum gilt als der erste „Swooner-Crooner“.). Bing Crosby machte das Crooning schließlich für breite Publikumsschichten zugänglich. An die Stelle des gefühlsbetonten, zuweilen melodramatischen Sounds der Swooner-Crooner traten beschwingte Songs mit Easy-Listening-Charakter. Crosbys tiefes Timbre, sein Arbeiterhintergrund und die lässige Männlichkeit, die er verkörperte, sorgten dafür, dass sich auch männliche Hörer mit seiner Musik identifizieren konnten.[7]

Zeitgenössische Rezeption und Bedeutung des Stils in der Gegenwart

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Während die Crooner vom Publikum - insbesondere vom weiblichen Hörerkreis - großen Zuspruch erhielten, blieb die Presse angesichts der zu schwach und insgesamt irritierend untrainiert wirkenden Crooning-Stimmen kritisch.[8] Sogar in seiner Glanzzeit blieb das Crooning mit einigen negativen Konnotationen behaftet. So wurde die Gesangstechnik von Kritikern als unmännlich, jaulend oder exzessiv sentimental empfunden.[9] Der Sound des Croonings wurde wegen der Notwendigkeit der elektrischen Verstärkung mitunter als unnatürlich und unaufrichtig empfunden. Technische „Unehrlichkeit“ war in diesem Zusammenhang für die Kritiker gleichbedeutend mit emotionaler Unehrlichkeit.[10] Trotz negativer Medienresonanz waren Crooning-Songs bis Mitte der 1950er Jahre die dominierende Form der Unterhaltungsmusik.[11]

In der Retrospektive wird dem Crooning vor allem im Hinblick auf die Veränderung des Verhältnisses zwischen dem Interpret und dem Hörer Bedeutung beigemessen. So wird der Stil als die erste „intime“ Gesangsform der populären Musik identifiziert. Während die anderen bis dato vorherrschenden Stile für den Hörkonsum im öffentlichen Raum konzipiert waren, brachte der Hörfunk die Stimmen der Crooner in den privaten Raum der Hörer. Crooning erzeugte den Eindruck einer direkten Kommunikation zwischen dem Sänger und dem einzelnen Hörer. Die Möglichkeit der massenmedialen Verbreitung via Hörfunk sorgte zudem dafür, dass die frühen Crooner zu den ersten (nationalen) Superstars der Popmusik wurden. [12]

Literatur

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Deutsche Literatur

  • Bielefeldt, Christian: Stimme im Jazz–Age. In: Musik und Ästhetik 51 (2009). S. 41–53.
  • Friedwald, Will (Übersetzung von Klaus Scheuer): Swinging Voices of America. Ein Kompendium großer Stimmen. St. Andrä-Wördern: Hannibal Verlag 1992.

Englische Literatur

  • Banfield, Steven: Stage and screen entertainers in the twentieth century. In: The Cambridge Companion to Singing. Hrsg. von John Potter. Cambridge: Cambridge Univ. Press 2000. S. 63–82.
  • Pitts, Michael und Frank Hoffmann: The Rise of the Crooners. Lanham (u.a.): Scarecrow Press 2002.
  • Taylor, Timothy D.: Music and the Rise of Radio in Twenties America. Technological Imperialism, Socialization and and the Transformation of Intimacy. In: Wired for Sound. Engineering and technologies in sonic cultures. Hrsg. von Paul D. Greene und Thomas Porcello. Middleton Connecticut: Wesleyan Press 2005. S. 245–268.

Einzelnachweise

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  1. Goldstein, Howard: Crooning. In: The new Grove dictionary of music and musicians. Bd. 6. Hrsg. von Stanley Sadie und John Tyrrell (2. Auflage). London: Macmillan (u.a.) 2001. S. 720.
  2. Vgl. Pitts, Michael und Frank Hoffmann: The Rise of the Crooners. Lanham (u.a.): Scarecrow Press 2002. S. 8.
  3. Vgl. Pitts, Michael und Frank Hoffmann: The Rise of the Crooners. Lanham (u.a.): Scarecrow Press 2002. S. 21
  4. Pitts, Michael und Frank Hoffmann: The Rise of the Crooners. Lanham (u.a.): Scarecrow Press 2002. S. 13.
  5. Vgl. Goldstein, Howard: Crooning. In: The new Grove dictionary of music and musicians. Bd. 6. Hrsg. von Stanley Sadie und John Tyrrell (2. Auflage). London: Macmillan (u.a.) 2001. S. 720.
  6. Vgl. Pitts, Michael und Frank Hoffmann: The Rise of the Crooners. Lanham (u.a.): Scarecrow Press 2002. S. 28.; Bielefeldt, Christian: Stimme im Jazz–Age. In: Musik und Ästhetik 51 (2009). S. 41–53. S. 45.
  7. Vgl. Pitts, Michael und Frank Hoffmann: The Rise of the Crooners. Lanham (u.a.): Scarecrow Press 2002. S. 21, S. 28 ff., S. 35 ff.
  8. Vgl. Bielefeldt, Christian: Stimme im Jazz–Age. In: Musik und Ästhetik 51 (2009). S. 41–53. S. 46.
  9. Vgl. z.B. Goldstein, Howard: Crooning. In: The new Grove dictionary of music and musicians. Bd. 6. Hrsg. von Stanley Sadie und John Tyrrell (2. Auflage). London: Macmillan (u.a.) 2001. S. 720.
  10. Vgl. Frith, Simon: Art vs technology: The strange Case of popular music. In: Popular Music (II). London u.a.: Routledge 2006. S. 107 - 122. S. 108f.
  11. Vgl. Pitts, Michael und Frank Hoffmann: The Rise of the Crooners. Lanham (u.a.): Scarecrow Press 2002. S. 38.
  12. Vgl. Taylor, Timothy D.: Music and the Rise of Radio in Twenties America. Technological Imperialism, Socialization and and the Transformation of Intimacy. In: Wired for Sound. Engineering and technologies in sonic cultures. Hrsg. von Paul D. Greene und Thomas Porcello. Middleton Connecticut: Wesleyan Press 2005. S. 245–268. S. 260.