Ständestaat und Nationalsozialismus 1933 bis 1945
BearbeitenNach der Machtergreifung der Nationalsozialisten am 30. Jänner 1933 in Deutschland, driftete auch Österreich in Richtung Faschismus ab. Anlass war die sogenannte Selbstausschaltung des Parlaments am 4. März 1933, die der christlichsoziale Bundeskanzler Engelbert Dollfuß dazu nutzte, eine austrofaschistische Diktatur nach ständestaatlichem Muster zu errichten.
Die blutigen Stationen auf diesem Weg waren der Österreichische Bürgerkrieg vom 12. bis 15. März 1934 sowie der Juliputsch, dem Engelbert Dollfuß selbst zum Opfer fiel. Dieser Putsch wurde von Mitgliedern der NSDAP durchgeführt, die in Österreich seit 19. Juni 1933 verboten war. Obwohl nach diesem Ereignis die österreichische Jusitz rigeros gegen die illegale Bewegung vorging und sie vorübergehend auch schwächen konnte, formierten sich im Untergrund recht bald neue Strukturen. Adolf Hitler konnte auch viele Anhänger im Südburgenland begeistern. In den Gemeinden Oberschützen, Unterschützen, Rechnitz, Großpetersdorf und in Riedlingsdorf wohnten viele Angehörige dieser Untergrundbewegung, die an geheimen Orten zu Besprechungen zusammentrafen.
Am 1. Februar 1936 vermeldete die Zeitung Burgenländisches Volksblatt, dass in Oberwart eine Gruppe von Personen versucht hatte eine nationalsozialistische Untergrundzelle zu gründen. Die Männer waren ausgeforscht und des Vergehens der Geheimbündelei für schuldig befunden worden. Sie hatten Freiheitsstrafen zwischen drei Monaten und einem Jahr ausgefasst. Im Zuge von Hausdurchsuchungen waren außerdem Mitgliedslisten, Berichte, nationalsozialistische Zeitschriften sowie eine Alarmordnung gefunden worden. Dies führte ab 3. Feburar zu einer weiteren Verhaftungswelle, von der nachweislich auch einige Riedlingsdorfer betroffen waren.[1] Die Männer wurden zuerst im Bezirksgericht Oberwart inhaftiert, nach Verkündigung des Urteils erfolgte bei einigen die Überstellung in das Gefängnis nach Wien-Floridsdorf, wo sie ihre mehrmonatigen Haftstrafen verbüssen mussten.[1]
Die Folgejahre mit ihrer tristen wirtschaftlichen Situation in Österreich führten zu einem Wiedererstarken der nationalsozialistischen Bewegung. In einer Zeit, in der Bundeskanzler Kurt Schuschnigg verzweifelt um die staatliche Eigenständigkeit rang (Berchtesgadener Abkommen), fand bereits am 27. Februar 1938 in Oberwart eine Kundgebung der Nationalsozialisten mit 8000 Teilnehmern statt. Eine zweite noch größere Veranstaltung mit 14000 Teilnehmern, darunter zweifelsohne viele aus Riedlingsdorf, fand am 11. März ebenfalls in Oberwart statt.[2] In der Nacht vom 12. auf 13. März wurde schließlich der Anschluss Österreichs an das Dritte Reich vollzogen. Das Burgenland hörte auf zu bestehen und Riedlingsdorf wurde zum ersten Mal in seiner Geschichte Teil der Steiermark.
Die nächsten Wochen und Monate wurden in der Ortschaft unterschiedlich erlebt. Einer der Riedlingsdorfer Nationalsozialisten wurde zusammen mit zwei weiteren Burgenländern nach Oelde ins Münsterland eingeladen und verbrachte dort einige Tage mit Stadt- und Betriebsbesichtigungen. In der damals gleichgeschalteten Zeitschrift Die Glocke wurde in ihrem Namen ein propagandistischer Artikel veröffentlicht, in dem sie sich für den Empfang bedanken, der ihnen in der Stadt zuteil wurde.[1]
Ende 1938 zeigten die neuen Herrscher ihr wahres Gesicht, in dem sie begannen, Männer zum Wehrdienst einzuziehen, um ihre Kriegsvorbereitungen voranzutreiben. Am 9. Februar 1939 wurde zum Beispiel der komplette Jahrgang 1913 gemustert und geschlossen für tauglich befunden. Während die Arbeiter sofort eingezogen wurden, erhielten die Bauern noch Aufschub bis zum Herbst.[1] Auch die Kasernen im nahen Pinkafeld und in Oberwart füllten sich mit Rekruten.
Ein bemerkenswertes Schlaglicht auf die Stimmung in der Ortschaft warf ein Brief, den ein ehemaliger illegaler Nationalsozialist an seinen Freund schrieb, der bereits zum Militär eingezogen worden war. Der Briefschreiber beschwerte sich über die Zustände in der Ortsgruppe der NSDAP, wo Streitereien und Raufereien an der Tagesordnung standen. Ferner berichtete er, dass Leiter der NSV-Ortgruppe wegen ständiger Trunkenheit abgelöst worden war. In einem anderen Brief schrieb er an seinen Freund, dass ihm von Teilen der Ortsbevölkerung vorgehalten werde, dass er als ehemaliger Illegaler noch nicht eingezogen worden war, während es andere Nicht-Parteimitglieder schon erwischt hatte.[1] Das Schicksal wollte es übrigends so, dass beide Männer im Jahre 1942 innerhalb von drei Wochen in der heutigen Ukraine den Soldatentod fanden.
Am 21. Mai 1939 pilgerten viele Riedlingsdorfer in das nahe Oberschützen, wo mit großem Pomp das Anschlussdenkmal eingeweiht wurde. Anwesend war viel NS-Prominenz wie der Gauleiter der Steiermark Siegfried Uiberreither sowie sein Stellvertreter, der gebürtige Unterschützer, Tobias Portschy.[3]
Neben den Soldaten, die im Krieg fielen, forderte die Epoche des Nationalsozialismus noch weitere Opfer. Zumindest eine Person fiel dem Euthanasie-Programm der Nationalsozialisten zum Opfer. Ein Soldat wurde im Dezember 1944 als Deserteur hingerichtet und wegen Hochverrates wurde Alfred Hofer, der einer kommunistischen Widerstandszelle angehörte, zum Tode verurteilt. Er verstarb im Jahre 1944 in einem Konzentrationslager. Ihm zu Ehren brachte die Gemeinde eine Gedenktafel an einem öffentlichen Gebäude in Riedlingsdorf an.[4]
Natürlich hatte auch die Ortsbevölkerung beim Einmarsch der Roten Armee die Rechnung für die Verbrechen der Nationalsozialisten in der Sowjetunion zu bezahlen. Ehemalige Angehörige der NSDAP wurden von den Sowjets für verschiedene Arbeiten wie das Zuschütten von Schützengräben herangezogen.[4]
Im Zuge von Entnazifizierung-Massnahmen wurden belastete Personen mit Berufsverboten versehen und einige Riedlingsdorfer mussten mehrere Monate in Anhaltelagern wie jenes in Stadtschlaining verbringen. Erhalten geblieben ist ein Brief eines Riedlingsdorfers an den Bürgermeister, in dem er sich beschwerte, dass die Gemeinde nichts unternommen hätte, um ihren in Schlaining inhaftierten Bürgern zu helfen. Wie er schrieb, hätten sich andere Gemeinden sehr wohl bemüht, wodurch die Anzahl der Inhaftieren im Laufe von acht Monaten von ca. 330 auf etwa 50 gefallen war.[1]
Die Gemeinde Riedlingsdorf bemühte sich in den letzten Jahren unter der Leitung von Bürgermeister Ing. Erwin Kaipel sehr mit dem problematischen geschichtlichen Erbe umzugehen und errichtete auf dem neugestalteten Dorfplatz gegenüber dem Kriegerdenkmal ein Friedensdenkmal, das eine Friedenstaube ziert. Beide Denkmäler sind mit einer Glas-Stahl-Konstruktion überdacht, welche symbolisch den Übergang von dieser dunklen Zeit in eine Epoche des Friedens darstellen soll.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f Briefe und Dokumente mit Riedlingsdorf-Bezug aus der Zeit von 1935 bis 1945, Privatsammlung
- ↑ Webseite www.oberwart.at: Geschichte der Stadt Oberwart, abgerufen am 17. Jänner 2014
- ↑ Wolfgang Krug: Last der Erinnerung. NS-Denkmalskult am Beispiel Oberschützen. Edition lex liszt 12, Oberwart 1998, ISBN 3-901757-07-4.
- ↑ a b Referenzfehler: Ungültiges
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