Die Zustandssumme ist ein wesentliches Werkzeug der statistischen Physik zur Beschreibung von physikalischen Systemen im thermischen Gleichgewicht. Formal handelt es sich bei der Zustandssumme um eine gewichtete Aufsummation aller möglichen physikalischen Zustände, wobei die Gewichtung der einzelnen Zustände von "externen" Parametern, wie z.B. der Temperatur, beeinflusst werden. Da die Gewichtung der Zustände bei der Summation von externen Parametern abhängt, kann die Zustandssumme mathematisch als Funktion dieser Parameter betrachtet werden. Aus der Struktur dieser Funktion lassen sich Informationen über das System gewinnen. Insbesondere können im Fall von thermodynamischen Systemen[Anm. 1] alle Zustandsgrößen (die nicht sowieso schon als externe Parameter vorgegeben sind) abgeleitet werden. Formal wird in diesem Fall die Summation oft durch Integrale formuliert.

Im Englischen wird die Zustandssumme mit grösseren Fokus auf die Gewichtung der Zustände und die funktionale Abhängigkeit von externen Parametern (und geringerem auf die Summation) partition function genannt. Auch im Deutschen wird sie gelegentlich mit Partitionsfunktion[1] bezeichnet - nicht zu verwechseln mit der Partitionsfunktion aus der Kombinatorik.

Beispiele für Zustandssummen

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Im Allgemeinen hängt bereits die formale Struktur der Zustandssumme vom betrachteten System und den gegebenen physikalischen Bedingungen und Fragestellungen ab. Dennoch haben sich in der Praxis drei Standardbeispiele aus dem Bereich einkomponentiger Gase und Flüssigkeiten etabliert, die in jedem Physik- und Chemiestudium gelehrt werden, und eigene Namen tragen: Die mikrokanonische Zustandssumme, die kanonische Zustandssumme und die großkanonische Zustandssumme.

Mikrokanonische Zustandssumme

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Die mikrokanonische Zustandssumme   wird für mikrokanonische Ensemble verwendet, also zur Beschreibung eines abgeschlossenen Systemes mit von extern vorgegebener innerer Energie  , Volumen   und Teilchenzahl  . Das Gewicht der Zustände aus der Menge der möglichen Zustände eines Systems mit gegebenem Volumen und gegebener Teilchenzahl (dem Phasenraum  ) ist dabei zunächst folgendermassen definiert: Wenn ein Zustand   die Energie   besitzt, ist das Gewicht Eins. Besitzt der Zustand eine andere Energie, so ist das Gewicht Null und der Zustand "trägt nicht zur Zustandssumme bei". Formal wird die mikrokanonische Zustandssumme meist als die Summe über alle Zustände mit Gewicht ungleich Null geschrieben, also[Anm. 2]

 

Aufgrund des zu Eins gewählten Gewichts der Zustände ist der Wert der Zustandssumme identisch mit der Menge der unterschiedlichen Zustände, die das System annehmen kann. Sie ist daher eng verknüpft mit der Entropie.

In vielen Lehrbüchern wird diese Definition der mikrokanonischen Zustandssumme, die jegliche Energiefluktuationen verbietet, aufgeweicht: Anstatt zu fordern, dass ein Zustand exakt die Energie   hat, werden alle Zustände in einem kleinen Intervall um diese Energie herum gezählt.[Anm. 3] Diese Aufweichung ist insbesondere in der Quantenmechanik praktisch: In quantenmechanischen Systemen erlaubt der Phasenraum in der Regel nicht beliebige, sondern nur eng aneinanderliegende diskrete Energieen. Mit einem gegenüber diesen Differenzen grossen Intervall ist die mikrokanonische Zustandssumme nicht mehr unstetig in der Energie und fast immer Null, sondern eine näherungsweise stetige Funktion mit sinnvollem Wert.

Der Grund für die Aufweichung ist nohc nicht so der Hammer

Kanonische Zustandssumme

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Im kanonischen Ensemble wird nicht die Energie des Systems vorgegeben, sondern die Temperatur. Entsprechend ist die kanonische Zustandssumme eine Funktion von Temperatur  , Volumen   und Teilchenzahl  . In diesem Ensemble ist das Gewicht eines möglichen Systemzustands gleich dem Boltzmann-Faktor  , wobei   die Energie des Zustands und   die Boltzmann-Konstante ist. Die kanonische Zustandssumme ergibt sich daher als folgende Summation über alle Zustände   des Phasenraums  :

 

Großkanonische Zustandssumme

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In der großkanonischen Gesamtheit wird statt der Teilchenzahl   das chemische Potential   vorgegeben. Das Gewicht eines Zustands ist  , und summiert wird über alle möglichen Teilchenzahlen sowie alle Zustände der jeweiligen Phasenräume  :

 

Berechnung von Erwartungswerten

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Berechnung der thermodynamischen Potentiale

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Hier ist   die Entropie,   die Freie Energie und   das großkanonische Potential.

Referenzen und Anmerkungen

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Anmerkungen

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  1. Mit thermodynamisches System sind in diesem Zusammenhang Systeme gemeint, die als Thermodynamischer Grenzfall betrachtet werden können, also i.A. solche mit grosser Teilchenzahl
  2. Die hier verwendete Schreibweise als abstrakte Summe dient der Konzentration auf das Wesentliche. Physiklehrbücher verwenden für die Beschreibung klassicher Systeme eine konkretere und für explizite Berechnungen nützlichere Integralschreibweise, die dann u.A. einen zusätzlichen "quantenmechanischen Korrekturfaktor"   enthält
  3. Es ist sogar möglich, alle Zustände mit einer Energie kleiner   aufzusummieren. Das erscheint zunächst unintuitiv, kann aber im Fall grosser Teilchenzahlen aber eine gute Näherung darstellen. Siehe z.B. Nolting.

Referenzen

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  1. Florian Scheck: Theoretische Physik 5: Statistische Theorie der Wärme. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-79823-1, S. 98 (online).

Literatur

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Siehe auch

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Thema "Mikrokanonische Zustandssumme"

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In der klassischen Mechanik werden häufig Systeme betrachtet, deren Mikrozustand sich kontinuierlich ändern kann. Ein Beispiel ist das ideale Gas. Der Phasenraum eines idealen Gases hat   Dimensionen:   Dimensionen für die Ortskoordinaten und   für die Impulskoordinaten der   Teilchen. Jeder Punkt   im Phasenraum entspricht einem Zustand   des Systems mit Energie  , wobei   die Hamiltonfunktion des Systems mit Teilchenzahl   und Volumen   ist. Da die in der Mikrokanonik betrachteten abgeschlossenen Systeme eine konstante Energie haben, ergeben die erlaubten Zustände im Phasenraum eine Hyperfläche, auf der sich das System bewegen kann. Die Zustandssumme für ein solches Gas ist das von dieser  -Hyperfläche umschlossene Volumen, welches sich als Zustandsintegral schreiben lässt: [1]

 

Die Wahrscheinlichkeit, das Gas um einen bestimmten Zustand   herum anzutreffen, ist:

 

mit

 

und der Dirac'schen δ-Funktion.

  1. P. Hertz, Ann. Phys. (Leipzig) 33, 225 (1910). P. Hertz, Ann. Phys. (Leipzig) 33, 537 (1910).