Die Belagerung der Festung Philippsburg 1688 ist Teil der Kampfhandlungen während des sog. Pfälzischen Erbfolgekrieges.
Ausgangslage
BearbeitenDie ersten größeren Kampfhandlungen begannen am 27. September 1688 mit der Einschließung der Festung Philippsburg, die von Graf Maximilian von Starhemberg verteidigt wurde. Ihm stand nur ein Regiment mit etwas über 2.000 Mann zur Verfügung, wobei anfangs aufgrund von Krankheiten nur um die 1.600 Mann kampftauglich waren. An Geschützen gab es 17 Batteriestücke und 90 kleine Kanonen. Proviant und Munition waren ausreichend vorhanden, allerdings mangelte es an Wein und an kampferfahrenen Soldaten und Unteroffizieren. Es waren nur 8 Offiziere vor Ort, darunter auch der Neffe des Grafen, Oberstleutnant Reichard von Starhemberg. Ferner dienten im Regiment lediglich 20 Mann, die über Kampferfahrung verfügten. Dem französischen Heer unter dem Oberbefehl des Dauphin Louis von Frankreich standen etwa 30.000 - 40.000 Mann, 52 Geschütze schwersten Kalibers und 24 Mörser zur Verfügung. Der französische Kommandeur war Marschall Marquis de Vauban, welcher mit der Leitung der Belagerung beauftragt wurde. Er gilt als einer der besten Festungsbaumeister und Belagerungstaktiker seiner Zeit und hatte zu Lebzeiten an 53 Belagerungen und 140 Gefechten teilgenommen, zudem war er am Bau oder an Ausbauten von 160 Festungsanlagen beteiligt.
Verlauf der Kampfhandlungen
BearbeitenAm 1. Oktober fingen die Franzosen an, mit Kanonen die einzige Verbindung, genannt „die fliegende Brücke“ , zwischen der Hauptfestung und der Rheinschanze, einer kleineren Befestigung am anderen Rheinufer, zu zerstören. Maximilian ließ, nachdem er bemerkt hatte, dass die Franzosen gegen die eigentlich unbemannte Rheinschanze Laufgräben und eine Batterie errichteten, diese mit 50 Mann besetzen und konnte dadurch den Feind sechs Tage aufhalten. Als die Franzosen am 4. Oktober mit dem Beschuss begannen und ihre Laufgräben öffneten, wurden die Verteidiger unbemerkt mit Schiffen über den Rhein in Sicherheit gebracht. Der Verlust der Rheinschanze hatte aber auch einen großen Nachteil. Da die Festung gegen den Rhein hin eher schlecht gesichert war, konnten die Franzosen jetzt mit ihrer Artillerie von der Rheinschanze aus die Werke und Bastionen der Festung leichter unter Beschuss nehmen. Am 6. Oktober entwarf Marschall Vauban den Angriffsplan, die sowieso schon spärlichen Einheiten der Verteidiger durch drei gleichzeitige Angriffe an verschiedenen Punkten aufzuteilen, um so im Laufe der Zeit die Bastionen der Festung leichter erobern zu können. Kurze Zeit später wurde dieser Plan in die Tat umgesetzt. Die Sappeureinheiten unter dem Schutz der Nebenangriffe kamen trotz heftigen Beschusses der Kaiserlichen gut voran, aber die Arbeiten beim Hauptangriff wurden zunächst gar nicht eröffnet, da es noch an geeigneten Belagerungsmaterialien fehlte. Währenddessen wurden die Nebenangriffe bis zum 9. Oktober fortgeführt, wobei sich die Franzosen mit ihren Sappeuren bis an die Gräben der Bastionen heranarbeiten konnten.
Danach wurde von einem weiteren Vordringen abgesehen, da man erst die Vollendung der Geschützbatterien abwarten wollte. Bei Tagesanbruch des 10. Oktober wurden die Laufgräben des Hauptangriffs geöffnet und der Sturm auf Philippsburg begann. Währenddessen wurden die Festung und Festungswerke unaufhörlich mit Mörsern beschossen und hierdurch sämtliche Gebäude zerstört, auch die Brunnen verschüttet. Die Wälle wurden am Tag derart demoliert, dass man nicht mehr auf ihnen laufen konnte. In den Nächten wurden die Löcher von 200 Mann wieder zugeschüttet, damit sie am nächsten Morgen wieder halbwegs begehbar waren. Der Hauptangriff kam aber aufgrund heftigen Gegenfeuers und hoher Verluste der Franzosen ins Stocken. Bis zum 12. Oktober gruben die Sappeure weiter an den Laufgräben, die großteils schon bis zu den Gräben der Festung reichten. Am nächsten Tage konnten sie ein kleines, vorgeschobenes Festungswerk im Sturm erobern. Am 14. Oktober entschlossen sich die Verteidiger zu einem Ausfall, drangen dabei gegen den Hauptangriff bis in die feindlichen Laufgräben vor und begannen die Belagerungsarbeiten einzureißen. Erst als die Franzosen unter Generalleutnant Catinat einen Gegenangriff starteten, musste der Ausfalltrupp sich unter hohen Verlusten wieder zurückziehen. Ein weiterer Ausfall gegen einen Nebenangriff war weniger erfolgreich und wurde blutig zurückgeschlagen. Da die Verluste der Verteidiger groß waren, suchten sie um einen Waffenstillstand an, um die Verwundeten zu bergen und zu versorgen. Catinat willigte einem Waffenstillstand unter der Bedingung zu, dass nur französische Soldaten als Träger benutzt werden durften. Catinat handelte nicht uneigennützig, sondern ließ zwei Ingenieuroffiziere, als Soldaten verkleidet und als Träger fungierend, den Zustand der Festungswerke und die Umgebung ausspionieren. Und tatsächlich kamen die Zwei mit wichtigen Informationen zurück. Unter anderem, dass ein Graben nur 2 Fuß Wassertiefe hatte und dass im Sumpf vor der Festung, der bisher als fast undurchdringlich galt, ein mehrere Meter breiter Damm existierte.
Während der nächsten Tage wurden im strömenden Regen die Grabungsarbeiten weitergeführt und neue Batterien gebaut. Am 17. Oktober unternahmen die Belagerten wieder einen Ausfall gegen die Angriffsarbeiten, doch konnten sie damit nur geringen Schaden anrichten, obwohl die Franzosen große Verluste erlitten hatten. Während der nächsten Nacht begannen die Franzosen, das Wasser aus dem Wallgraben abzulassen. Am 18. Oktober konnten die Belagerten wieder einen kleinen Sieg feiern, denn sie hatten es geschafft, ein Geschütz zu zerstören und eine Pulverkammer zu sprengen.
In der Nacht des 19. auf den 20. Oktober begannen die Franzosen, den Wallgraben vor dem rechten Hornwerksflügel aufzufüllen, wobei sie aufgrund starken Feuers der Verteidiger große Verluste erlitten. Nach einem starken vorangehenden Bombardement auf das Hornwerk starteten die Franzosen am 20. Oktober einen Großangriff auf dieses Werk. Da aber aufgrund des Bombardements die Wachmannschaft des Hornwerks in Deckung ging, übersah sie vollkommen den Angriff. Die Franzosen konnten große Truppenteile über den bereits trockenen Graben schaffen und den Verteidigern in den Rücken fallen. Daraufhin gerieten die Wachmannschaften in Panik und flohen. Hauptmann Graf Archo versuchte mit 60 Mann, die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Doch trotz tapferen Widerstandes des Grafen Archo, der im Kampf fiel, wurde dieses Hornwerk erobert. Nur wenige der 140 Verteidiger konnten sich retten. An eine Rückeroberung war nicht zu denken, da die Moral der Verteidiger einen neuen Tiefpunkt erreicht hatte. Wein war praktisch nicht mehr vorhanden und der Durst konnte nur noch mit Morastwasser gestillt werden. Zudem war aufgrund der unaufhörlichen ganztägigen Strapazen ein allgemeiner Aufstand der Soldaten und der Zivilbevölkerung zu befürchten.
Bis zum 26. Oktober fuhren die Franzosen mit den Sappeurarbeiten und der Sicherung der eroberten Werke und Bastionen fort, wobei es dabei immer wieder zu kleineren Ausfällen der Verteidiger kam. Am 26. Oktober war sich Marschall Vauban sicher, dass ein Sieg nur noch von einem früh einbrechenden Winter oder durch Entsatz verhindert werden könnte. Der Winter wäre wahrscheinlich eher eingetreten, denn der Kaiser hatte noch nicht die Mittel, ein weiteres Heer aufzustellen, um Philippsburg zu entsetzen. Noch am selben Tag ließ Vauban die Mittelbastion des Kronwerkes mit 18 Geschützen schwersten Kalibers zwei Tage hindurch beschießen. Am 28. war diese Mittelbastion nur noch eine Ruine, wurde aber immer noch verteidigt. Nachdem in der Nacht vom 28. auf den 29. zwei Freiwillige die zerstörte Mittelbastion des Kronwerkes und die Besatzungen ausspionierten, hielt Marschall Vauban das Kronwerk für sturmreif. Der Großangriff fand just zu jener Zeit statt, als Graf Maximilian von Starhemberg gerade mit seinen Offizieren zusammen saß, um über eine Kapitulation zu diskutieren. Alle Offiziere waren schon seit Tagen der Meinung, dass man kapitulieren solle, nur Graf Maximilian von Starhemberg war bisher dagegen. Die Franzosen konnten sich beim Kronwerk festsetzen, was Maximilian dazu veranlasste, einen Gegenangriff zu starten. Doch die eigenen Leute konnten nicht zum Angriff bewegt werden, und als Vauban dieses Zögern bemerkte, blies er zum Generalsturm. Nach kurzem Widerstand mussten sich die Kaiserlichen im Kronwerk zurückziehen, um nicht von der Übermacht überrannt zu werden. Am Ende des Tages war das Kronwerk verloren und die Verteidiger beschränkten sich nur noch auf die Verteidigung der Hauptfestung. Mit den entmutigten und stark geschwächten Truppen konnte man keinen weiteren Sturm abwehren.
Kapitulation
BearbeitenAm 30. Oktober kapitulierte die Festung nach 32 Belagerungstagen. Die Belagerten erhielten freien Abzug und sicheres Geleit nach Ulm. Am 1. November verließ Starhemberg mit rund 1500 Mann, 100 Wagen und 6 Geschützen die Festung. Nachdem die Franzosen die Festung besetzt hatten, fanden sie darin unter anderem noch 150.000 Pfund Pulver, 22.000 Kugeln, 1.600 Säcke Getreide und 124 Geschütze jeglichen Kalibers vor. Die Verluste der Franzosen bei der Belagerung betrugen nach ihren eigenen Angaben 587 Tote und 1013 Verwundete, während die Kaiserlichen etwa 600 Mann zu beklagen hatten. Nachdem Graf Maximilian von Starhemberg in Ulm angelangt war, wurde er nach Wien zitiert, wo er sich vor einer Militärkommission wegen der Übergabe von Philippsburg zu verantworten hatte. Er wurde aber von der Kommission vollständig freigesprochen.