Das Gelbverzwergungsvirus ( engl. "barley yellow dwarf virus", abgekürzt "BYDV") ist ein weltweit verbreitetes Virus, das alle Getreidearten, aber auch Raigräser befallen kann. An dem Virus erkrankte Pflanzen weisen gelbe bis rote Flecken auf den Blättern auf. Blattläuse sind die Überträger des Virus. Gelbverzwergung gilt als eine der ökonomisch bedeutendsten phytopathogenen Krankheiten. Zu größeren Schäden kommt es jedoch nur in Ausnahmefällen.[1] Das Virus hat keine Hülle, besteht aus einer einsträngigen RNA und der Durchmesser beträgt 28 nm. Das Genom besteht aus 5300 – 5900 Nukleotiden und ist nicht segmentiert.
Gelbverzwergungsvirus | ||||||||
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Systematik | ||||||||
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Taxonomische Merkmale | ||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||
Barley Yellow Dwarf Virus |
Systematik
BearbeitenDas BYDV gehört zu den Luteoviren, welche eine der drei Gattungen der Familie Luteoviridae (lateinisch luteus = gelb, aufgrund der typischen Gelbfärbung der befallenen Wirtspflanzen) darstellt. Die anderen beiden Gattungen heißen Polerovirus und Enamovirus. [2]
Übertragung und Verbreitung
BearbeitenDas Gelbverzwergungsvirus ist nicht frei beweglich und kann nicht über Samen weitergegeben werden. Die Übertragung findet durch Vektoren statt, in diesem Fall spezifisch durch Blattläuse. Jedem der sechs Virusstämme dient eine andere Blattlausart als Vektor. Nur vier der Stämme (PAV, MAV, RPV und RMV) treten in Europa auf.[1] [3] Die Blattläuse ernähren sich von den Blättern der Wirtspflanzen und übertragen dabei die Viren in die Phloemzellen. Im Phloem kommt es dann zur Replikation und Herstellung neuer infektiöser Virionen. Dieser Prozess kann zwischen 12 und 24 Stunden dauern. Bei erneutem Kontakt mit Blattläusen saugen diese die Virionen auf. Es handelt sich dabei um eine persistente Übertragung. D.h. für die Virusaufnahme wird eine etwas längere Saugzeit (ca. 48 h) benötigt, danach sind die Blattläuse über 20 Tage oder zeitlebens infektiös und der BYDV zirkuliert im Körper des Vektors (circulative viruses), ohne sich dabei zu vermehren. [1][3][4] Die Virionen wandern in den Darm, dann in die Hämolymphe und danach zurück in die Speicheldrüse. Wenn die Blattlaus das nächste Mal vom Blatt frisst, wird der Virus über den Speichel ausgeschieden und befällt weitere Phloemzellen. [5] Die Getreideernte kann auf zwei verschiedene Weisen infiziert werden:
- Durch direkten Transfer über flügellose Blattläuse, die auf Gräsern leben und sich über den Boden auf die neu wachsenden Getreide ausbreiten und sich dort kolonisieren.
- Über indirekten Transfer durch beflügelte Blattläuse. Diese wandern von weiter her in die neue Getreideernte ein. Diese zweite Variante kommt häufiger vor. [6]
Das BYDV wird in den meisten Fällen von den Blattlausarten Rhopalosiphum padi, Rhopalosiphum maidis, Sitobion avenae und zum geringeren Teil von Metopolophium dirhodum übertragen.[1]
Gelbverzwergungsviren befallen verschiedene Getreide-Wirtspflanzen, Mais und einige Gräser. Wichtige Wirtspflanzen sind Gerste, Hafer, Weizen, Triticale, Roggen, aber auch Mais und Weidelgräser (Raigräser). Gerste und Hafer sind meist am stärksten betroffen. [6] [3]
Schadbild
BearbeitenEs vergehen, abhängig von den Witterungszuständen, etwa 3-4 Wochen von der Infektion bis zu den ersten Symptomen. Wird die Pflanze in einem frühen Entwicklungsstadium im Herbst infiziert, bestockt sich Gerste sehr stark.[7] Das Schossen kann ausbleiben und es werden kaum Ähren gebildet. Zudem sind bei Frühbefall streifige Aufhellungen und eine Verzwergung der Pflanze typisch. Bei einer Spätinfektion im Frühjahr verfärbt sich das Fahnenblatt der Gerste gelb. Bei Weizen- und Hafersorten kommt es zu einer rötlich bis violetten Verfärbung (Haferröte). [1] [8] Meistens findet im Bestand eine nesterweise Ausbreitung der Symptome statt. Die Symptome der Wintergerste zeigen sich bereits im Herbst, das vollständige Ausmaß des Befalls ist erst im Frühling sichtbar.[9]
Bekämpfung
BearbeitenZur Vermeidung einer BYDV- Infektion sollte eine Frühsaat des Wintergetreides vermieden werden, da erst im Herbst die Blattlaus–Abundanz am geringsten ist. Allerdings ist diese Maßnahme keine Garantie für eine Minimierung der Infektionsrate, da die Häufigkeit der Virusübertragungen stark mit dem Witterungsverlauf zusammenhängt. Ein warmer Herbst erhöht die Blattlausaktivität und ein milder Winter kann sogar dazu führen, dass die Schädlinge überwintern. Dadurch wird die Gefahr einer Infektion erheblich erhöht. [7] Zudem kann die Widerstandsfähigkeit der Pflanze gegen das Virus durch eine optimale Nährstoffversorgung erhöht werden. Bereits geschädigte Pflanzen sollten mit einer erweiterten Stickstoffmenge gedüngt werden. Die Verwendung von Insektiziden (Chloronicotinyle) zur Saatgutbehandlung ist möglich. Die Bekämpfung der Blattläuse ist nur mit gezielten Insektizidbehandlungen erlaubt.[10] Die wichtigste Bekämpfungsmethode ist allerdings die Herstellung von virusresistenten Sorten. In der Gerstensorte ‘Rojo’ wurde bereits das Gen ryd1 beschrieben, während in einer anderen Sorte das Gen ryd2 identifiziert wurde. Ryd2 wird schon genutzt, während ryd1 durch seine geringe Wirksamkeit im Moment noch nicht nutzbar ist. [11]
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e Franz Xaver Schubiger: Gelbverzwergungsvirus der Gerste (BYDV). In: pflanzenkrankheiten.ch, Zugriff am 18.01.2013 um 18.30 Uhr Referenzfehler: Ungültiges
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-Tag. Der Name „Pflanzenkrankheiten.ch“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert. - ↑ [1] Zugriff am 19.01.2013 um 12.00 Uhr
- ↑ a b c [2] Zugriff am 18.01.2013 17:00 Uhr
- ↑ Smith M. Kenneth (1968): S. 77
- ↑ [3] Zugriff am 19.01.2013 um 11:00 Uhr
- ↑ a b [4] Zugriff am 19.01.2013 um 11:15 Uhr
- ↑ a b [5] Zugriff am 16.01.2013 um 20.30 Uhr
- ↑ Hoffmann, Günter; Nienhaus, Franz; Schönbeck, Fritz; Weltzien, Heinrich; Wilbert, Hubert (1985). In: Lehrbuch der Phytomedizin , S. 324
- ↑ [6] Zugriff am 15.01.2013 um 18.15 Uhr
- ↑ Börner, Horst; (2009). In:Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz , S. 34-35
- ↑ [7] Zugriff am 15.01.2013 um 10.00 Uhr
Literatur
Bearbeiten- Günter M. Hoffmann, Franz Nienhaus, Fritz Schönbeck, Heinrich C. Weltzien, Hubert Wilbert (1985): "Lehrbuch der Phytomedizin" : Seite 324. ISBN:3-489-60626-4
- Horst Börner (2009): "Pflanzenkrankheiten und Pflanzenschutz" : Seite 34-35. DOI:10.1007/978-3-540-49068-5
- Smith M. Kenneth (1968): "Plant Viruses (Methuen's monographs on biological subjects": Seite 77. ISBN: 9780412147401
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