Digitalstrom ist ein Produkt der Aizo AG und vernetzt elektrische Geräte über die vorhandene Stromleitung zur Umsetzung von Steuerungs- und Regelungsaufgaben. Das Smart Home System funktioniert über einen integrierten Schaltkreis, den sogenannten Digitalstrom-Chip, der wie eine handelsübliche Lüsterklemme in das jeweilige Elektrogerät oder die Steuerungskomponente eingebaut wird. Seit April 2011 sind die Digitalstrom-Komponenten in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Holland erhältlich und können von geschulten Elektroinstallateuren verbaut werden.

Geschichte

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Die Digitalstrom-Technik ist eine deutsch-schweizerische Erfindung und als System zur intelligenten Vernetzung der Haustechnik konzipiert. Die Technik wurde 2005 zum Patent angemeldet.[1] Im Jahre 2007 wurde an der ETH Zürich die Digitalstrom-Allianz gegründet – eine Non-Profit-Organisation, die an der Weiterentwicklung des Standards arbeitet. Die Aizo AG mit Sitz in Zürich und Wetzlar entwickelt und vermarktet die Systemkomponenten basierend auf diesem Übertragungsverfahren.[2]

Datenübertragung

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Digitalstrom überträgt die Daten über die Stromleitung, ohne weitere Datenleitungen zu benötigen.[3] Deshalb eignet sich das System insbesondere auch für die Nachrüstung in bestehenden Wohnungen und Häusern. Das zugrunde liegende Funktionsprinzip – insbesondere die Übertragungsverfahren über Hin- und Rückkanal (downstream und upstream) – wurde durch zahlreiche Patente eingetragen.[4] Das Verfahren ist VDE-geprüft. Der Digitalstrom-Chip in dem Verbraucher hat die Rolle eines Slaves. Die an den Master zu übertragenden Informationen – also das Nutzsignal – moduliert dieser auf die Netzleitung auf, indem bei der sinusförmigen Netzspannung die Wirkleistung des angeschlossenen Verbrauchers für einige Mikrosekunden erhöht oder vermindert wird. Andere Datenübertragungssysteme für die Stromleitung modulieren ein hochfrequentes Signal auf die Netzspannung auf, ähnlich einer Trägerfrequenzanlage.

Buszugriff

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Jeder Busteilnehmer verfügt von Werk aus über eine weltweit eindeutige ID (dSID), die ähnlich einer MAC-Adresse eines Ethernetgeräts zu sehen ist. Er bekommt vom Master in einem DHCP-ähnlichen Anmeldeverfahren eine lokal gültige Adresse, mit der er dann kommuniziert.

Architektur

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Architektur einer typischen Installation

Digitalstrom verwendet eine Master/Slave-Architektur. Das System besteht aus folgenden Komponenten:

  • Digitalstrom-Meter (dSM): ein Busmaster, der im Prinzip ein genauer Strommesser ist. Ein Busmaster ist für jeden Stromkreis erforderlich. Der Busmaster hat eine Bauform zur Hutschienenmontage in der Elektroverteilung mit der Größe einer Teilungseinheit. Der Busmaster dSM kommuniziert über das proprietäre Digitalstrom-Protokoll über die Netzleitung mit den Slaves im Stromkreis und über dS485, eine Modifikation von EIA-485, mit anderen dSM sowie mit dem Digitalstrom-Server (dSS). Jedem dSM wird ein Stromkreis zugeordnet, in dem sich dann die Digitalstrom Devices (dSD) befinden. N wird durchgeschleift, der L-Leiter jedoch über den dSM geführt, damit eine Kommunikation und Strommessung möglich wird. Pro Phase können ein oder mehrere dSM angeschlossen werden.
  • Digitalstrom-Identification-Device (dSID): ein Slave. Jeder dSID enthält eine eindeutige 96 Bit lange Identifikationsnummer nach dem EPC-Standard. In jedem Stromkreis können derzeit bis zu 128 Slaves vorhanden sein. Der Slave ist als Hochvolt-Chip ausgelegt, der bei Netzspannung betrieben wird. Er hat eine Baugröße von ca. 5,3 x 4,7 Millimeter. Jeder dSID wird mit L und N des Stromkreises verbunden. In der Rolle als Aktor verfügt ein dSID-Gerät über einen L-Ausgang, der durch den Chip geschaltet oder gedimmt wird. Des Weiteren verfügt der dSID über eine serielle Schnittstelle.
  • Digitalstrom-Server (dSS): Server, der die einzelnen Digitalstrom-Meter vernetzt und die Verbindung zu anderen Applikationen bereitstellt. Der dSS hat eine Bauform zur Hutschienenmontage mit der Größe einer Teilungseinheit und erfordert ein 24V Netzteil, welches eine weitere Teilungseinheit auf der Hutschiene beansprucht. Der dSS kommuniziert über dS485 mit den angeschlossenen dSM(s) sowie über TCP/IP mit anderen Applikationen. Der dSS ist für ein funktionsfähiges Digitalstrom-System nicht zwingend erforderlich; seine Rolle ist eher die eines Gateways bzw. Webservers für Visualisierungen. Des Weiteren werden nachinstallierbare Software-Add-Ons angeboten, sogenannte Server-Apps, womit die Funktionalität des Servers erweitert werden kann (z.B. Zeitschaltuhr, eMail-Benachrichtigungen, Mobilinterface usw.). Im Angebot sind aber auch kleine Tools für den Elektriker zur Dokumentation der Installation enthalten. Der dSS speichert Zeitreihen (primär Energieverbrauch), welche über Netzwerk abrufbar sind. Die Software für den dSS ist zweifach lizenziert: Neben einer kommerziellen Variante für die Mitglieder der Digitalstrom-Allianz gibt es auch eine Open Source-Variante, welche unter der GPL-Lizenz verfügbar ist.[5]

Produkte

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Vernetzung von Gebäuden

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Digitalstrom vernetzt elektrische Geräte in einem Gebäude. Funktionen wie Licht, Sicherheit oder Energieeffizienz aus dem Bereich Wohnen sind mittels Lichttaster, Tablet-Computer und Apps bedienbar. Einzige Voraussetzungen für die intelligente Vernetzung sind die herkömmlichen Stromleitungen und die Ausstattung der elektrischen Geräte mit dem Digitalstrom-Chip oder einer IP-Schnittstelle.[6] Die gesamte Vernetzung funktioniert auf Basis des bestehenden 230-Volt-Stromnetzes. Die elektrischen Geräte kommunizieren miteinander und spielen Programme ab. Einige Beispiele zum intelligenten Wohnen: Geht der Fernseher an, wird das Licht gedimmt und die Jalousien fahren herunter; ist das Wasser im Wasserkocher heiß, flackert die Wandlampe kurz auf; ist jemand an der Haustür und klingelt, gibt das Kellerlicht ein Blinksignal.[7] In Deutschland ist Digitalstrom in allen Fertighäusern von jetzthaus eingebaut. Ein Beispiel für die Nachrüstungsmöglichkeiten ist die historische Kirche in Berghusen, die mit Digitalstrom nachgerüstet wurde.[8] Das denkmalgeschützte Gebäude wurde mit moderner Elektrotechnik vernetzt.[9]

Sicherheit

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Ein mobiler Panikschalter, der auf Knopfdruck sämtliche Beleuchtung im Haus einschaltet, oder eine Zufallsschaltung bei Abwesenheit der Bewohner gehören zu den Sicherheitsapplikationen. Mit einer konfigurierten Standardszene werden Rollläden und Licht zu einem unbestimmten Zeitpunkt aktiv und simulieren so glaubwürdig die Anwesenheit der Bewohner.[10]

Schnurdimmer

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Der Schnurdimmer von Digitalstrom ist besonders klein und kann in sämtliche Leuchten eingebaut werden.[11]

Light+Building

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Unter dem Motto "Der neue Strom kann mehr" hat Digitalstrom an der Light+Building in Frankfurt vom 15. bis 20. April 2012 teilgenommen.[12]

Digitalstrom nimmt vom 5. bis 9. März 2013 zum ersten Mal an der CeBIT in Hannover teil. Vor Ort präsentiert Digitalstrom die Smart Home-Themen Vernetzung, Identifizierung, Intelligente Services und Vermarktungsmöglichkeiten für Drittanbieter.[13]

Sponsoring

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Seit der Saison 2012/2013 ist Digitalstrom Co-Sponsor des Schweizer Fussballvereins Grasshopper Club Zürich (GCZ).[14]

  • 2011: Auszeichnung mit dem eco2friendly-Award[15]
  • 2012: Auszeichnung mit dem eco2friendly-Award[16]
  • 2012: Auszeichnung mit dem Wohnsiegel-Innovationspreis für jetzthaus für die Zusammenarbeit mit Digitalstrom[17]

2008 wurde an Yello Strom ein Big Brother Award[18] vergeben, der primär mit der feinen Auflösung der elektronischen Zählerdaten zu tun hat, aber auch Ängste bezüglich der geplanten Digitalstrom-dSID-Chips anspricht: Durch die eindeutige Identifizierung seien unnötig genaue Informationen über die angeschlossenen Verbraucher verfügbar. Digitalstrom legt aus diesem Grund Wert darauf, dass der Kunde die Datenhoheit besitzt und entscheiden kann, welche Daten an den Energieversorger gelangen. Da der Digitalstrom-Server auch als Datenspeicher dient, war dies nicht zuletzt auch ein Grund für die Entscheidung, die Software als Open Source zu veröffentlichen und damit mehr Transparenz zu schaffen.

Die Technologie wurde 2006 bis 2008 mit einem Preis von 1 bis 2 Euro je Chip bei Großabnahme durch OEM angekündigt und wurde, obwohl nur eine eingeschränkte Bandbreite zur Verfügung steht, für jegliche Form von Stromverbrauchern als konkurrenzloses System zur Hausautomatisierung vorgestellt. Aktuell liegen noch keine offiziellen Preise für den reinen Digitalstrom-Chip vor. Erste Geräte, in denen der Chip eindesigned ist (wie zum Beispiel der Lampendimmer Klemme M) liegen bei rund 70 Euro. Dazu kommen noch Kosten für drei Phasenfilter bzw. Digitalstrom-Meter (dSM) pro Stromkreis und einmalig pro Wohnung Digitalstrom-Server als IP-Gateway. Damit liegt Digitalstrom hinsichtlich der Komponentenpreise im Rahmen herkömmlicher Hausautomatisierung, jedoch bei deutlich eingeschränkter Datenübertragungskapazität. Die Digitalstrom-Technologie wird von der Aizo AG derzeit noch exklusiv entwickelt und verkauft. Der Schweizer Verein Digitalstrom-Allianz bezeichnet sich selbst als Non-Profit-Organisation, deren zentrale Aufgabe in der Weiterentwicklung der Digitalstrom-Technologie durch neue Mitglieder besteht. Bisher sind allerdings ausschließlich Produkte von der Firma Aizo verfügbar.

Seit 15. Januar 2010 ist der Quellcode des Digitalstrom-Servers über die Entwickler-Seite verfügbar.

Einzelnachweise

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  1. Bibliografische Daten: EP1794895 (A1). Website des Europäischen Patentamtes. Abgerufen am 5. März 2013.
  2. Aizo AG. Eintrag der Aizo AG in der Firmendatenbank moneyhouse.ch. Abgerufen am 5. März 2013.
  3. Georg Dickmann: digitalSTROM®: A centralized PLC Topology for Home Automation and Energy Management. iEEE-Paper (PDF). Abgerufen am 5. März 2013.
  4. PATENTSCOPE: WO2011039334. Website der World Intellectual Property Organization. Abgerufen am 5. März 2013.
  5. Patrick Stählin: Details zum Vortrag Digitalstrom: Mit Opensource ins Smart-Home. Website des Linux-Tag 2009. Abgerufen am 5. März 2013.
  6. Intelligente Bauklötzchen. Blogpost vom 25. Januar 2013 auf my-mediastore.de. Abgerufen am 5. März 2013.
  7. Home, smart home. Artikel der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) vom 31.10.2012. Abgerufen am 5. März 2013.
  8. Auf Knopfdruck erstrahlt die Kirche in einem passenden Licht. Artikel vom 08.06.2012 des sh:z (Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag).
  9. Intelligent modernisieren im Denkmal - Neue Lichtsteuerung ohne neue Kabel. Artikel auf gebauededigital.de. Abgerufen am 5. März 2013.
  10. Digitalstrom-Sicherheitslösungen. Eintrag vom 2. Januar 2013 auf elektropraktiker.de.
  11. digitalSTROM: Schnurdimmer lässt jede Lampe leuchten. Artikel vom 25. Januar 2013 auf energie-und-technik.de.
  12. Eintrag der Aizo AG auf der Messehomepage. Abgerufen am 5. März 2013.
  13. Lampe an Großhirn! Lampe an Großhirn! Können Sie mich dimmen?. Beitrag über Digitalstrom auf der CeBIT-Homepage. Abgerufen am 5. März 2013.
  14. Artikel vom 02.08.2012 auf kleinreport.ch GC verpflichtet Aizo AG als Co-Sponsorin. Artikel vom 2. August 2012 auf kleinreport.ch.
  15. eco2friendly-Award 2011 geht an Digitalstrom. Meldung vom 22.09.2011 auf presseportal.ch.
  16. digitalSTROM gewinnt den eco2friendly-Award 2012. Meldung auf der Award-Website eco2friendly.ch. Abgerufen am 5. März 2013.
  17. Auszeichnung für digitalSTROM-Partner: jetzthaus erhält Wohnsiegel-Innovationspreis 2012. Artikel vom 17.09.2012 auf presseanzeiger.de.
  18. Technik: Yello Strom GmbH. Artikel vom 24.10.2008 auf der Website der Big Brother Awards.
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[[Kategorie:Feldbus]] [[Kategorie:Gebäudeautomatisierung]] [[Kategorie:Elektrische Energieverteilung]] [[Kategorie:Powerline Communication]]