Mehrwegpfand in Deutschland ist die geldliche Abgabe auf Mehrweggebinde wie Flaschen und Gefäße, die aus Stoffen bestehen, durch deren Eigenschaften sie wiederverwendet, also gereinigt und mehrfach befüllt werden können. Das Mehrwegpfand hierzulande abweichend nach Art von Gebinde zwischen 8 – 15 Cent.
Geschichte
BearbeitenAls Ursprung in Deutschland gilt eine Übereinkunft durch Frankfurter Bierhändler im Jahr 1903.[1] Zu dieser Zeit ersann auch die Berliner Engelhardt-Brauerei ein Pfandsystem, das sich in ganz Berlin und Potsdam durchsetzte, mit einem Pfand von 10 Pfennig je Flasche.[2]
Bereits 1928 gab es ein Mehrwegpfand für Keksdosen, das nach Bedingungen eines Verbandes Deutscher Keksfabrikanten berechnet wurde (siehe Foto). Der internationale Produzent Coca-Cola führte das Mehrwegpfand auf eigene Getränkeflaschen in Deutschland erstmals im Jahre 1929 ein.
Seit 2023 gilt zusätzlich eine weitere Regelung, die Gastronomiebetrieben vorschreibt, unter bestimmten Voraussetzungen Mehrwegbehälter für Speisen und Getränke zu führen, um dem Verbraucher eine umweltfreundliche Alternative zu Einwegverpackungen zu bieten. Zwar darf das Verpacken in Mehrwegbehältern nicht teurer sein, ein Pfand für die Rückgabe darf jedoch erhoben werden.[3]
Getränkeverpackungen
BearbeitenMehrweggetränkeverpackungen bestehen in der Regel aus Glas oder PET (ugs. Hartplastik).
Bei bereits mehrfach wiederbefüllten Flaschen finden sich zudem oft matte Streifen oberhalb und unterhalb vom Etikett, sog. Umlaufspuren, die durch Reibung der Flaschen aneinander in den Abfüllbetrieben entstehen und mit Häufigkeit der Umläufe zunehmen. Bei manchen PET-Mehrwegflaschen sind zudem kleine Dreiecke unter dem Etikett zu sehen, die die Anzahl der Umläufe markieren.
Die Getränkekategorie Wein beheimatet über 400 verschiedene individuelle Flaschentypen, was die Ausdehnung des bestehenden Mehrwegsystems bisher erschwert.[4]
Für die Umsetzung von Mehrwegpfand in anderen Ländern siehe Flaschenpfand.
Ablauf der Pfanderhebung
BearbeitenDie Flaschen werden ähnlich den Einwegflaschen
Vorteil gegenüber Einweggetränkeverpackungen
BearbeitenMehrweggetränkeverpackungen sind Einweggetränkeverpackungen laut einer Studie im Auftrag des Umweltbundesamts in ökologischer Hinsicht überlegen, sofern sie nicht über lange Distanzen transportiert werden.[5]
Problematisch ist dabei die Entwicklung weg von einer Einheitsflasche hin zu einer Individualflasche, da Letztere zu ihrem Ursprungsort (in der Regel per Lastkraftwagen)[6] transportiert werden muss und nicht von anderen Brauereien erneut befüllt werden kann.[7] Besonders bei der Bierflasche verändern immer mehr Brauereien ihre Flaschen, um einen Verbraucherbezug herzustellen und die Markenbindung der Kunden zu verstärken.[8]
Waren es 2012 noch 15 % individualisierte Mehrweg-Bierflaschen, lag der Anteil im Jahr 2017 bereits bei 42 %.[9] Auch bei Mineralwasser beginnen Hersteller, ihre Flaschen zu verändern. Trotz einer verfügbaren Normbrunnenflasche hat sich bspw. der Abfüller Gerolsteiner Brunnen dazu entschieden, eigene Flaschen zu verwenden.[10] Insgesamt wird so der ökologische Vorteil zu Einwegpfand geschwächt.[11][12]
Durch das freiwillige Tauschportal BOTTLEFOX können betroffene Unternehmen solches individualisiertes, quasi „fremdes“ Leergut ohne aufwändige und kostenintensive Maßnahmen bundesweit gegen ihr eigenes Leergut tauschen.[1][13] Trotz der wirtschaftlichen Vorteile werden die Flaschen so weiterhin leer durch Deutschland geschickt, was zusätzliche Emissionen herbeiführt.[14]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Tillmann Neuscheler: Jedem sein eigenes Fläschchen. In: blogs.faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. Februar 2017, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Die Erfindung der Pfandflasche. Oder: Wie Ignatz Nacher aus einer Mini-Brauerei einen Großkonzern namens "Engelhardt" macht. In: anstageslicht.de. 26. November 2019, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Essen zum Mitnehmen: Verkaufsstellen müssen Mehrweg-Geschirr anbieten. In: ndr.de. Norddeutscher Rundfunk, 13. Januar 2023, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Gerald Franz: Warum spülen wir sie nicht einfach? In: faz.net. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 5. März 2023, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Mehrweg- und Recyclingsysteme für ausgewählte Getränkeverpackungen aus Nachhaltigkeitssicht. (PDF; 5,2 MB) In: duh.de. PricewaterhouseCoopers AG, September 2011, S. 5, abgerufen am 15. Oktober 2024.
- ↑ Mogelpackung Mehrweg. In: recyclingmeister.de. Forum Getränkedose GbR, abgerufen am 20. Dezember 2022.
- ↑ Stefan Michel: 15 Jahre Einwegpfand. In: wdr.de. WDR, 2. Januar 2018, archiviert vom am 22. Dezember 2022; abgerufen am 20. Dezember 2022 (siehe 'Download'-Option).
- ↑ Stefan Weber: Vielfalt in der Bierbranche: Alles Flaschen. In: sueddeutsche.de. Süddeutsche Zeitung, 27. Dezember 2011, abgerufen am 20. Dezember 2022.
- ↑ Mehrweganteil bei Getränken sinkt weiter. In: umweltbundesamt.de. Umweltbundesamt, 25. September 2020, abgerufen am 20. Dezember 2022.
- ↑ Individual-Flasche statt GDB-Gebinde. In: getraenke-news.de. Omlor & Rademacher GbR, 15. April 2019, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Individualflaschen führen das Mehrwegsystem ad absurdum. In: bier-und-brauhaus.de. BierAtelier UG, 21. Juni 2019, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Warum die Vielfalt der Mehrwegflaschen nicht nachhaltig ist. In: recyclingmeister.de. Forum Getränkedose GbR, 26. Februar 2021, abgerufen am 7. Mai 2023.
- ↑ Wolfgang Runge, Volker Mester: Internet-Börse für leere Bierflaschen. In: abendblatt.de. Hamburger Abendblatt, 12. August 2011, abgerufen am 20. Dezember 2022.
- ↑ Henrik Rampe: Lange Wege für Bierflaschen: So untergraben Brauereien ihr eigenes Mehrwegsystem. In: handelsblatt.com. Handelsblatt, 17. Juni 2022, abgerufen am 20. Dezember 2022.