Definition

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a) SiO2 als Kristall: Quarz-Kristall
 
b) SiO2 als Glas: Quarzglas

Glas ist eine amorphe Substanz. Gewöhnlich wird Glas durch Schmelzen erzeugt, die Bildung von Glas ist aber auch durch die Erwärmung von Sol-Gel und durch Stoßwellen möglich. Thermodynamisch wird Glas als gefrorene, unterkühlte Flüssigkeit bezeichnet. Diese Definition gilt für alle Substanzen, die geschmolzen und entsprechend schnell abgekühlt werden. Das bedeutet, dass sich bei der Erstarrung der Schmelze zum Glas zwar Kristallkeime bilden, für den Kristallisationsprozess jedoch nicht genügend Zeit bleibt. Das erstarrende Glas ist zu schnell fest, um noch eine Umordnung der Bausteine zu einem Kristall zu erlauben. Vereinfachend dargestellt entspricht somit der atomare Aufbau eines Glases in etwa dem einer Flüssigkeit. [1] Der Transformationsbereich, das ist der Übergangsbereich zwischen Schmelze und Feststoff, liegt bei vielen Glasarten um 600 °C.

Trotz des nicht definierten Schmelzpunkts sind Gläser Festkörper. Allerdings werden sie in der Fachterminologie als „nichtergodisch“ bezeichnet. Das heißt, ihre Struktur befindet sich nicht im thermodynamischen Gleichgewicht. Viele Kunststoffe, wie zum Beispiel Plexiglas, fallen wegen ihres amorphen Aufbaus und eines Glasübergangs ebenfalls in die Kategorie Gläser, obwohl sie eine völlig andere chemische Zusammensetzung aufweisen als Silikatgläser. Sie werden daher oft als organisches Glas bezeichnet.

Der Unterschied zwischen Gläsern und anderen amorphen Feststoffen liegt darin, dass Gläser beim Erhitzen im Bereich der Glasübergangstemperatur in den flüssigen Zustand übergehen, während nicht glasartige amorphe Substanzen dabei kristallisieren[2].

Aus der Beobachtung der Eigenschaften der Gläser und ihrer Struktur wurden viele Versuche angestrengt eine umfassende Definition für den Begriff Glas zu geben. Der anerkannte Glaswissenschaftler Hort Scholze führte eine Auswertung der gängigsten Definitionsversuche des Begriffs Glas durch: G. Tamman definierte 1933 den Glaszustand folgendermaßen: "Im Glaszustand befinden sich die festen, nicht kristallisierten Stoffe." wohingegen die ASTM 1945 als Definition, "Glas ist ein anorganisches Schmelzprodukt, das im wesentlichen ohne Kristallisation erstarrt." vorschlug. F. Simon gab bereits 1930 eine Definition aus thermodynamsicher Sicht: "Im physikochemischen Sinn ist Glas eine eingefrorene unterkühlte Flüssigkeit.". Nach Scholze haben alle dieser Definitionen ihre Berechtigungen jedoch auch ihre Schwächen. So ist die Definition nach Tamman zu allgemein und schließt Kieselgel, welches ebenfalls ein nichtkristalliner Festkörper ist nicht als Glas aus. Die Beschränkung der ASTM-Definition auf anorganische Substanzen wurde von Scholze als bedenklich bewertet, da mittlerweile auch organische Gläser bekannt sind.[3][4] Die Beschränkung der Gläser auf Festkörper die aus eine schmelzflüssigen Phase erhalten wurden ist aus heutiger Sicht ebenfalls bedenklich, da der Sol-Gel-Prozess ebenfalls amorphe Festkörper hervorbringen kann.[5] Die Besonderheit des Glaszustandes der Materie, geht soweit, dass einige Forscher, ihn als 4. Aggregatzustand zwischen Festkörper und Flüssigkeit ansahen.[1]


Eigenschaften

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Struktur

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SiO4-Tetraeder
 
Kalk-Natron-Glas

Obwohl Glas zu den ältesten Werkstoffen der Menschheit gehört, besteht noch Unklarheit in vielen Fragen des atomaren Aufbaus und seiner Struktur. Die mittlerweile allgemein anerkannte Deutung der Struktur ist die Netzwerkhypothese, die von W. H. Zachariasen und B.E. Warren 1932 aufgestellt wurde. Diese besagt, dass im Glas grundsätzlich dieselben Bindungszustände oder Grundbausteine wie in einem Kristall vorliegen müssen. Im Falle silikatischen Glases also die SiO4-Tetraeder, welche aber im Gegensatz zu einem Quarzkristall ein regelloses Netzwerk bilden. Um die Glasbildung weiterer chemischer Verbindungen vorhersagen zu können stellte Zachariasen weitere Regeln in seiner Netzwerkhypothese auf. Unter anderem muss ein Kation in einer Verbindung relativ klein im Verhältnis zum Anion sein. Die sich bildenen Polyeder aus den Anionen und Kationen dürfen nur über deren Ecken verbunden sein. Beschränkt man die betrachteten Verbindungen auf Oxide so erfüllen unter anderen Phosphorpentoxid (P2O5), Siliziumoxid (SiO2) und Bortrioxid (B2O3) diese Bedingungen zur Netzwerkbildung und werden daher als Netzwerkbildner bezeichnet.[6]

Wie die zweidimensionalen Abbildungen des Quarzes und des Quarzglases zeigen, liegt der Unterschied in der Regelmäßigkeit des atomaren Aufbaus. Beim Quarz, welcher ein Kristall ist liegt ein Gitteraufbau vor - beim Quarzglas hingegen ein regelloses Netzwerk von aneinandergereihten SiO4-Tetraedern. Zur besseren Anschaulichkeit ist die vierte Oxidbindung, welche aus der Zeichenebene hinaus ragen würde nicht dargestellt. Die Bindungswinkel und Abstände im Glas sind nicht regelmäßig und die Tetraeder sind ebenfalls verzerrt. Der Vergleich zeigt, dass Glas ausschließlich über eine Nahordnung in Form der Tetraeder verfügt, jedoch keine kristalline Fernordnung aufweist. Diese fehlende Fernordnung ist auch verantwortlich für die sehr schwierige Analyse der Glasstruktur. Insbesondere die Analyse in mittlerer Reichweite, also die Verbindungen mehrerer Grundformen (hier den Tetraedern), ist Gegenstand der aktuellen Forschung und wird zu den heutigen größten Problemen der Physik gezählt.[7] Das liegt zum einen daran, dass Gläser röntgenographischen Untersuchungen nur sehr schwer zugänglich sind und die Strukturbildenden Prozesse teilweise bereits in der Schmelze beginnen, wobeo die vorliegenden Temperaturen eine genaue Untersuchung zusätzlich erschweren.[8]

Das Material, das diese Grundstruktur des Glases bestimmt, nennt man Netzwerkbildner. Neben dem erwähnten Siliciumoxid können auch andere Stoffe Netzwerkbildner sein, wie Bortrioxid und auch nichtoxidische wie Arsensulfid. Einkomponentengläser sind eine jedoch sehr selten. Das trifft auch auf reines Quarzglas zu, das als einziges Einkomponentenglas wirtschaftliche Bedeutung hat. Die Ursache hierfür sind die enorm hohen Temperaturen (über 2000 °C) welche zu dessen Erzeugung notwendig sind.[9][10]

Weitere Stoffe binden sich anders in das Glasnetzwerk der Netzwerkbildner ein. Hier werden Netzwerkwandler und Stabilisatoren (oder auch Zwischenoxide) unterschieden.[6][11]

Netzwerkwandler werden in das vom Netzwerkbildner gebildete Gerüst eingebaut. Für gewöhnliches Gebrauchsglas – Kalk-Alkali-Glas (gebräuchlicher ist allerdings der engere Terminus Kalk-Natron-Glas) – sind dies Natrium- bzw. Kaliumoxid und Calciumoxid. Diese Netzwerkwandler reißen die Netzwerkstruktur auf. Dabei werden Bindungen des Brückensauerstoffs in den Siliciumoxid-Tetraedern aufgebrochen. Anstelle der Atombindung mit dem Silicium geht der Sauerstoff eine deutlich schwächere Ionenbindung mit einem Alkaliion ein.[6][11]

Zwischenoxide wie Aluminiumoxid können als Netzwerkbildner und -wandler fungieren, das heist sie können ein Glasnetzwerk verfestigen (stabilisieren) oder genau wie die Netzwerkwandler die Strukturen schwächen. Ihre jeweile Wirkung in einem Glas ist stets abhängig von einer Reihe von Faktoren. Allerdings sind Zwischenoxide allein nicht zur Glasbildung fähig. [6][11]

Übergang von der Schmelze zum festen Glas

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Während bei kristallinen Materialien der Übergang von der Schmelze zum Kristall bei einer bestimmten Temperatur spontan erfolgt, geht dieser Vorgang bei Gläsern allmählich vonstatten. Hier spricht man daher nicht von einem Schmelzpunkt, sondern von einem Transformationsbereich. Im Laufe der Abkühlung nimmt die Viskosität des Materials stark zu. Dies ist das äußere Zeichen für eine zunehmende innere Struktur. Da diese Struktur kein regelmäßiges Muster aufweist, nennt man den Zustand der Schmelze im Transformationsbereich, wie auch des erstarrten Glases, amorph. Am kühlen Ende des Transformationsbereichs liegt ein thermodynamischer Übergang, der für Glas charakteristisch ist und daher den Namen Glasübergang trägt. An ihm wandelt sich die Schmelze in den festen, glasartigen Zustand, den das Glas auch bei weiterer Abkühlung beibehält. Der Glasübergang zeichnet sich durch eine sprunghafte Änderung des Wärmeausdehnungskoeffizienten sowie eine Abnahme der spezifischen Wärme   aus.

Diese Abfolge von Transformationsbereich und Glasübergang ist charakteristisch für alle Gläser, auch solche, die wie Plexiglas aus Kohlenwasserstoffen bestehen. Der amorphe, viskose Zustand der Schmelze im Transformationsbereich wird für die Bearbeitung von Glas durch Glasbläserei ausgenutzt. Er erlaubt eine beliebige Verformung, ohne dass Oberflächenspannung und Gravitation das Werkstück sofort zerfließen lassen.

Physikalische Eigenschaften

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Die im allgemeinen Sprachgebrauch Bedeutung tragende Eigenschaft von Glas ist die optische Durchsichtigkeit. Die optischen Eigenschaften sind so vielfältig, wie die Anzahl der Gläser. Neben klaren Gläsern, die in einem breiten Band für Licht durchlässig sind, kann man durch Zugabe von speziellen Materialien zur Schmelze die Durchlässigkeit blockieren. Zum Beispiel kann man optisch klare Gläser für infrarotes Licht undurchdringbar machen, die Wärmestrahlung ist blockiert. Die bekannteste Steuerung der Durchlässigkeit ist die Färbung. Die verschiedensten Farben können erzielt werden. Andererseits gibt es undurchsichtiges Glas, das schon aufgrund seiner Hauptkomponenten oder der Zugabe von Trübungsmitteln opak ist.

Gebrauchsglas hat eine Dichte von ca. 2500 kg/m³ (Kalk-Natron-Glas).[12] Die mechanischen Eigenschaften variieren sehr stark. Die Zerbrechlichkeit von Glas ist sprichwörtlich. Die Bruchfestigkeit wird stark von der Qualität der Oberfläche bestimmt. Glas ist weitgehend resistent gegen Chemikalien. Eine Ausnahme ist Flusssäure; sie löst das Siliciumdioxid und wandelt es zu Hexafluorokieselsäure. Durch Verwitterung, bspw. jahrzehntelange Lagerung im Erdreich, entstehen mikroskopisch feine Risse an der Glasoberfläche, die sogenannte Glaskrankheit. Klarglas erscheint dann für das menschliche Auge trüb. Bei Raumtemperatur hat Glas einen hohen elektrischen Widerstand, der allerdings mit steigender Temperatur stark abfällt, sofern es sich nicht um Quarzglas (glasartig erstarrtes reines Siliciumdioxid) handelt. Neben den Silikatgläsern gibt es aber auch sog. metallische Gläser wie Fe80B20, die bereits bei Raumtemperatur höhere Leitfähigkeiten besitzen, weil sie sich ähnlich wie eingefrorene flüssige Metalle verhalten.


Eigenschaft Wert Einheit
Dichte 2500 kg/m³
Wärmeleitfähigkeit Kalk-Natron-Glas 0,80 W/(K·m)
Wärmeleitfähigkeit Quarzglas 1,38 W/(K·m)
Wärmeleitfähigkeit Zerodur 1,46 W/(K·m)
Elektrische Leitfähigkeit bis ca. 600 °C Isolator
Thermische Ausdehnung Kalk-Natron-Glas 7,6·10–6 1/K
Thermische Ausdehnung Borosilikatglas 3,0·10–6 1/K
Thermische Ausdehnung Quarzglas 0,5·10–6 1/K
Thermische Ausdehnung Zerodur < 0,1·10–6 1/K
Zugfestigkeit 30 MPa
Druckfestigkeit 900 MPa
E-Modul 70.000 MPa
Wärmekapazität 0,8 kJ/(kg·K)
Transmission (Physik) 0–100 %
Brechungsindex (siehe Optisches Glas) ca. 1,5
  1. a b Jebsen-Marwedel, Hans Glastechnische Fabrikationsfehler. 4. Auflage. S. 3
  2. Wissenschaft-Online-Lexika: Eintrag zu „Glas“ im Lexikon der Physik, abgerufen am 21. Januar 2013.
  3. Scholze, Horst Glas. Natur, Struktur und Eigenschaften, 3. Auflage. S. 3 ff.
  4. Vogel, Werner. Glaschemie, 3. Auflage. S. 27 ff.
  5. Scholze, Horst Glas. Natur, Struktur und Eigenschaften, 3. Auflage. S. 76 f.
  6. a b c d Scholze, Horst Glas. Natur, Struktur und Eigenschaften, 3. Auflage. S. 5 ff.
  7. Scholze, Horst Glas. Natur, Struktur und Eigenschaften, 3. Auflage. S. 90 ff.
  8. Vogel, Werner. Glaschemie, 3. Auflage. S. 68
  9. Scholze, Horst Glas. Natur, Struktur und Eigenschaften, 3. Auflage. S. 154
  10. Schaeffer, Helmut. Glastechnik - Band 4, Spezialglas, S. 238 f.
  11. a b c Vogel, Werner. Glaschemie, 3. Auflage. S. 51 f.
  12. Spezifisches Gewicht-Dichte. In: Glas.de-Lexikon. Covus GmbH & Co.KG, abgerufen am 3. Mai 2012.