KWHirsch
Hallo und willkommen bei Wikipedia !
Wie mir Deine Kommentare unter Akustik und Schall zeigen, können wir Dich hier gut brauchen. Vielleicht schaust Du ja mal hier vorbei. Das Projekt ist zwar gelinde gesagt nicht sehr aktiv, aber fachkundige Mitstreiter sind immer willkommen. Beste Grüße, --Akustik 14:07, 30. Mai 2007 (CEST)
Für die Akustiker - und die Kollegen: Pegeldefinition
BearbeitenIn Wikipedia steht, dass man das Verhältnis von Feld oder Energiegrößen als "Pegel" bezeichnet und in Dezibel angibt. Das ist zwar "Volksgut", aber leider nicht ganz richtig und ist in der Akustik die Quell der ganzen Verwirrung um Pegel und Konsorten.
1. Gehen wir davon aus, dass wir uns darauf einigen könnten, was der Begriff Leistung bedeutet. In systematischem Sinne ist das eine Größe die den einer Energie in der Zeit beschreibt.
2. Ausschließlich Verhältnisse von Leistungen werden als Pegel und dann in Dezibel angegeben. Will man einen Bezug zu einem absoluten Bezugswert haben, ist der grundsätzlich 1 pW.
3. Feldgrößen sind Observable, deren Produkt eine Leistung ergeben. Ihr Verhälnis wird in Neper angegeben.
Ich bleibe im Folgenden grundsätzlich bei ebenen, monochromatischen, longitudinalen Volumenwellen in isotropen, homogenen, nicht bewegten Medien. Also z.B. ruhende Luft, ruhendes Wasser etc. Für die gilt:
4. Die beiden Feldgrößen dieser, deren Produkt eine Leistung ergibt, ist der Schalldruck und die Schallschnelle.
5. Leistung = Schalldruck * Schallschnelle
6. Impedanz = Schalldruck / Schallschnelle (Ohmsches Gesetz)
7. Für die hier diskutierte Welle - und nur für diese - ist diese Impedanz gleich der Schallkennimpedanz des Mediums.
8. Die Schallkennimpedanz des Medium ist das Produkt aus Dichte * Schallgeschwindigkeit
Nebenbei und außerhalb dieses Gedankenflusses: die Impedanz ist eigentlich die Wurzel aus dem Produkt der Speicherkonstante für die potentielle Energie und der Speicherkonstante der kinetischen Energie. Die Wurzel aus dem Verhältnis der Speicherkonstante für die potentielle Energie und der Speicherkonstante der kinetischen Energie ist die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle! Das gilt für jede Welle, auch für Lichtwellen (Falls das jemand nachprüfen möchte, der möge beachten, dass die elektromagnetischen Wellen die Feldgrößen E und H haben. Deshalb ist die Speicherkonstante für die potentielle Energie Epsilon und die der kinetischen Energie 1/My. Also ist die Lichtgeschwindigekeit Wurzel(Epsilon * My), während die Impedanz Wurzel(Epsilon / My) ist. Leider hat man die magnetische Induktion zur Definition von My benutzt. Man vergleiche die Maxwell'schen Gesetze.)
9. Aus 5. und 6. folgt: Leistung = Schalldruckquadrat / Schallkennimpedanz
10. Die Schallkennimpedanz für akustische Standardluft (noch nie gehört? :-)) beträgt 400 kg/(s m²).
11. Der Schalldruck, der zu einer solchen Welle in dieser Standardluft 1 pW transportiert beträgt 20 µPa. Deshalb sagt man, dass der Bezugsschalldruck 20 µPa beträgt.
12. Weitere Bezugsgrößen für gängige Pegel
Intensität (Energie pro Quadratmeter und Sekunde): Bezugsgröße 1 pW/(s*m²)
Energie: Bezugsgröße 1 pWs
Energiedichte (Energie pro Kubikmeter): Bezugsgröße 1 pWs/m³
Exposition (Zeitintegral über das Schalldruckquadrat) Bezugsgröße 400 pPa²*s
Das alles gilt für eine Impedanz von 400 kg/(s m²). Die Impedanz hängt aber z.B über die Schallgeschwindigkeit von der Temperatur und über die Dichte von der Höhe über NN ab. Und jetzt wird es spannend: Auch in den Hochlagen der Schweiz gilt, dass die Dezibel auf eine Welle mit 1 pW bezogen wird. Wegen der anderen Impeanz ist aber der Bezugsschalldruck ein anderer. Die 20 µPa sind also z.B. höhenabhängig. Wer das vergißt und in einem "schalltoten" Raum in Thun die Schalleistung einer Quelle über eine Schalldruckmessung bestimmt, baut einen ziemlichen Fehler in der Größenordnung 1 dB ein. Ähnliches gilt, wenn man die Messung einer Konstant-Energiequelle im Sommer oder Winter vergleicht. Wer also seine Messwerte nicht auf die Impedanz von 400 pPa²*s umrechnet und einfach 20 µPa als Bezugsschalldruck verwendet ...
Jetzt wird es richtig schlimm und wir kommen zur Ursache von noch mehr Verwirrtheit in der Akustik: Das menschliche Ohr ist ein Schalldruckempfänger. Wer also bezogen auf das Gehör arbeitet, muss 20 µPa als Bezug verwenden, weil diesbezüglich die Hörschwelle, die Kurven gleicher Lautstärke und der physikalische Reiz im Rahmen von sozialwissenschaftlichen Untersuchungen zur Lästigkeit von Lärmarten angegeben werden. Also ist die Exposition oder die daraus abzuleitenden mitteleren Dauerschalldruckpegel stets bezogen auf 400 pPa² s.
Am Schlimmsten ist es aber, wenn man Schallwellen in anderen Gasen oder z.B. in Wasser hinzunimmt. Da gibt es dann tatsächlich Definitionen von Dezibel-Bezügen, die abenteuerlich sind; gerade in Normen, Lehrbüchern oder eben in Wikipedia. Dabei ist es doch so einfach: auch in Wasser oder flüssigem Zinn ist der Dezibelbezug 1 pW. Ein Pegel von 120 dB bedeutet stets eine Leistung von einem Watt oder eine Intensität von 1 Joul pro Qudratmeter und Sekunde. Die Sonne liefert ca. 150 dB Intesität genauso wie ein typischer Schallkopf eines Ultraschall-bildgebenden Gerätes in der Medizin.
Letzte Bemerkung: Viele glauben, man könne den Schalldruck oder die Schallschnelle, also eine Feldgröße, in Dezibel angeben. Das geht nicht. Wieviel Dezibel sind den Schalldruck von -1 Pa? Bezogen auf -20 µPa? Das ist clever, aber nicht zielführend. In Dezibel kann man nur Energiegrößen, also für unsere Welle oben das Schalldruckquadrat, also den Effektivwert in Dezibel angeben. Erst wird quadriert, dann aufsummiert und dann logarithmiert. Also kann man den Spitzenwert eines Schallimpulses nicht in Dezibel angeben? Doch, aber man muss denoch Quadrieren und über eine möglichs kurze Zeit integrieren. In modernen Schallpegelmessern ist das z.B. die Zeit zwischen zwei Abtastpunkten. Über diese Thematik läuft zur Zeit ein Einspruchsverfahren von deutscher Seite gegen eine internationale Norm.
Was soll dieser Text: Erstens, man sollte die Definition des akustischen Dezibels überarbeiten und auf die hier vorgestellte, einfache und in der gesamten physikalischen Akustik konsistente Sichtweise reduzieren. Wenn man mir sagt wo, mache ich das in absehbarer Zeit, auch mit Beispielrechnungen.
Wenn Sie dieser Sichtweise nicht zustimmen sollten und mit mir über meine - ich weiß das - ungewöhnlich simple Dezibeldefinition - diskutieren wollen: jederzeit und überall, auch auf der nächsten DAGA. Nur bitte tun Sie eines nicht: Zitieren sie keinen Normen, um Ihren Standpunkt zu belegen. Erstens bin ich bei einigen selbst beteiligt und zweitens weiß ich, wie sie zu Stande kommen. :-))
Ich weiß nicht, ob Sie mir noch antworten wollen? Mal sehen ....--KWHirsch 15:16, 17. Jun. 2007 (CEST)
- Hallo KWHirsch, zwar bin ich als Ohrenarzt zu blöd für die Physik, aber ich kenne gar nichts anderes als eben die 20 µPa als Bezugsgröße, was ist da jetzt so revolutionär? Und wieso ausgerechnet 1 pW (Punkt 2.)? Gruß --Brunosimonsara 17:38, 17. Jun. 2007 (CEST) -- Ach ja nochwas: Soll das heißen, dass man mit dB keine kleineren Schallpegel angeben kann als 0 dB (20 µPa)?
- Sehr schön. Also bei 1.-12. kann ich folgen und stimme Dir auch zu. Eine ähnliche Argumentation gebrauche ich immer, um Studenten die Festlegung 1 pW als Bezugsgröße bei der Schallleistung zu erklären (am Rande: historisch war wohl zumindest in den USA auch mal 0,1 pW gebräuchlich) und bestehe immer darauf, dass es sich auch beim Schalldruckpegel um eine Leistungsgröße handelt, da über den Effektivwert definiert. Ich habe diese Sichtweise - auch nach Auswertung verschiedener Literatur zu Thema hier in die Artikel Bel und Neper einfließen lassen. Eine andere - und kompliziertere Sache ist es mit dem Pegel (≠ Dezibel !). Ein Pegel ist erstmal nichts weiter als eine logarithmische Größe, die auf der Basis einer physikalischen Größe definiert ist. Allerdings werden Pegel nicht nur in der Akustik verwendet und können in Dezibel oder auch in Neper angegeben werden. Das ist letztlich auch der Grund, weshalb ich mit dem Artikel Pegel noch nicht so recht weiter gekommen bin.
- Zu deinem Vorschlag einer neuartigen Dezibeldefinition: 1. wäre Wikipedia nicht der richtige Platz dafür, falls das nicht etwas ist, was in einschlägiger Fachliteratur (das umfasst deutlich mehr als Normen) zu finden ist (siehe WP:TF), 2. finde ich den Status quo für die Bezugswerte, so wie unter anderem in Normen festgeschrieben, schon ganz in Ordnung. Bei der Verwendung von Pegeln muss ja immer beachtet werden, welche physikalische Größe (Schalldruck, Schalleistung, ...) dahinter steht und die entsprechenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten müssen in eine Berechnung einbezogen werden. Z.B. wird ja der absolute Luftdruck bei der Schallleistungsmessung nach Norm erfasst und fließt in die Berechnung ein. Und natürlich kann der Spitzenwert des Schalldrucks so wie Du es beschreibst, nicht in einfach in Dezibel angegebene werden. (Wen interessiert denn außerhalb der Tontechnik in der Akustik eigentlich ein Spitzenwert ?).
- Ich denke, dass der Artikel Pegel (Physik) noch verbessert werden muss, hatte hier und hier schon mal etwas dazu beigetragen, aber irgendwie bin ich mit meinem Vorhaben der Artikelverbesserung stecken geblieben. Wenn Du also präziser formulieren kannst und denkst, dass Du mit WP:WWNI keine Probleme hast, dann schreib doch einfach den Artikel um ... Gruß, --Akustik 11:03, 18. Jun. 2007 (CEST)
Ich ahnte es. Es ist kompliziert. Mein Vorschlag ist nicht neu, sondern ziemlich alt, stringent und logisch, richtig und schrecklich einfach. Ich bin dennoch nicht unbedingt der Meinung, dass man das in Wikipedia aufnehmen muss. Man sollte die Leser ja schließlich nicht verwirren. Und ich bin schon froh, wenn junge Ingenieure das beigebracht kriegen. Mit den Regeln von WP habe ich sicher keine Probleme oder nur zweitrangige. Da man keine Zitatensammlung produzieren soll, die bei der Definition Widersprüchliches hervorbringen würde, sollte das einfachste in Wikipedia stehen und das auch noch richtig. Aber wie soll man eine konsequente Dezibel-Definition einstellen, ohne die Schwachstellen bei der Definition der Impedanz zu beheben. Und das geht nur, wenn man Wellen richtig beschreibt. Ich weiß, das klingt überheblich; aber ich mache nun seit mehr als 30 Jahren Akustik und weiß, was an Vorstellungen alles auf dem Markt ist. Da ich aus der Ultraschalltechnik komme, in der so viele Wellenarten, Kopplungen und Überlagerungen eine Rolle spielen, übertrage ich diese Konzepte auf den Luftschall und stoße stets auf Tradition und Spezialdefinitionen. Zum Spitzenschalldruckpegel: Klar ist das in der Tontechnik wichtig, ist er doch eine wichtige Auslegungsgröße für die Übertragungsstrecken. Dort ist es aber im Kern die zugehörige Spannung, die in der Kette verarbeitet werden muss. Im Arbeitsschutz aber z.B. geht es dann richtig los: Es gibt einen Expositionsgrenzwert für den C-bewerteten Spitzenschall von 140 dB (EU) und 137 dB (Deutschland). Wird der überschritten wird es teuer. Den sollte man prognostizieren können und messen können. Das geht nicht, ohne eine tiefe Einsicht in die Effekte bei diesen Pegel. Letzte Bemerkung: Sennheiser hat ein Verfahren entwickelt, mit dem über die Intensitätsmodulation von hochfrequenten Schall (gut über 20 kHz) am Ort des Zuhörers in sehr begrenztem Volumen niederfrequenter Hörschall erzeugt wird. Man kann also zwei nebeneinander stehenden Personen z.B. in unterschiedlicher Sprache eine Information zukommen lassen, ohne das andere Personen in der Umgebung überhaupt was wahrnehmen. Das ist Tontechnik und das Akustik vom Feinsten. Das zu verstehen geht aber nicht mit den komplizierten Definitionen von Welle, Impedanz etc. in Wikipedia. Das geht nur mit einfach physikalischer Akustik, in der Masseerhaltung, Impulserhaltung und Energieerhaltung gilt, ein bisschen Hook'sches Gesetz und auch noch das von Newton und das war's. Resumee: Ich sollte mich zur Zeit hier nicht einmischen. Vielleicht schreibe ich ein wenig über Geschossknalle und Explosionsknalle, da komme ich keinem in die Quere. :-) --KWHirsch 15:12, 22. Jun. 2007 (CEST)