Jonna Hansen (2023)

Jonna Hansen (* 1997, Deadname Jonathan Tröbs, frühere Arbeiten unter Joana Tröbs) ist eine multidisziplinäre Künstlerin.[1] Sie bezeichnet sich selber als moderne Surrealistin.[2] Ihr künstlerisches Schaffen variiert von Illustrationen bis zu 3D Computergrafiken, in Verbindung mit Fotografie und Texturen. Hansen setzt sich in ihrer Arbeit mit den Stereotypen der Normalität und deren Grenzen auseinander. Ihre Kunst widmet sich der Konfrontation mit dem Abnormen, dem Anderen, dem Fremden.[3] Sie ist transgeschlechtlich und Autistin.[2]

Werdegang

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Autismus und Transsexualität führten Hansen in der Jugend in soziale Isolation. Zu dieser Zeit wurde kreatives Arbeiten für sie „zu einer Lebensader“[1], ihr „Psychopharmakon[4]. Seitdem beschäftigte sie sich mit Schreiben, Illustrationen und digitaler Kunst. Der „Drang, aus einem unendlichen Vorrat an Ideen und Energie, etwas Wertvolles zu schaffen“ (Jonna Hansen: Metal[1]) steht für die Künstlerin fortan – auch in einem gefestigtem sozialen Umfeld – im Mittelpunkt.[1]

Zur Oberstufe wechselte Hansen auf eine Schule mit Kunstschwerpunkt.[4] Sie zeichnete vorwiegend durch japanische Mangas geprägte Comics.[5] Im Alter von 19 Jahren gewann sie im Schülerwettbewerb „crossmedia 2016″ Platz 3 in der Kategorie "Foto-Grafik-Layout" für ihren rund 80 seitigen Comic „Die schwimmende Stadt“.[6] Im selben Jahr errang sie eine Auszeichnung im 63. Europäischer Wettbewerb zu dem Thema „Wir sind Europa!“.[7]

Theater als Ausdrucksform verhalf ihr, auch im Alltag hindernde Verhaltensweisen abzulegen. Nach dem Abitur begann Hansen ein Design-Studium in Nürnberg. Während des Studiums musste sich Hansen erneut einer depressiven Erkrankung stellen. Die Begegnung mit einer Dragqueen stieß einen inneren Prozess an. „Ich hab damals nicht daran geglaubt, dass ich jemals wie eine Frau aussehen könnte.“ (Jonna Hansen: Straßenkreuzer[4]) Sie beginnt, ihr Selbstbild mit den klassischen männlichen Merkmalen zu dekonstruieren.[4] Zeitgleich zu ihrer Transition im Alter von 22 Jahren, beendete Hansen das Zeichnen von Comics.[5]

Hansen absolvierte 2022 ihren Abschluss in Kommunikationsdesign[1] an der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm.[8] Ihre Bachelorarbeit „Alien Fashion - Eine Modekollektion für jede Art von Körper“[9] wurde als beste des Jahrgangs gekürt.

Hansen lebt und arbeitet seit 2023 in Leipzig.[3]

Künstlerisches Schaffen

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Hansen sieht ihre Obsession für Kunst als Ausprägung ihres Autismus. Ihr Bedürfnis ist, große Projekte zu realisieren, die von vielen Menschen gesehen werden. Sie reflektiert ihr Schaffen, als eine Art, ihren eigenen Wert unter Beweis zu stellen.[1]

„In mir scheint ein unendlicher Vorrat an Ideen und Energie zu stecken, und das in etwas von Wert umzuwandeln, ist eher ein Drängen, als eine Entscheidung.“

Jonna Hansen: Metal [1]

Hansen beschreibt ihren visuellen Stil als „maximalistisch, bunt und exzentrisch“.[5]

Normalität als Inspiration

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Der Vater der Künstlerin, ein evangelischer Pfarrer, beschreibt, dass Jonna schon immer eine besondere Perspektive auf das hatte, was gemeinhin als „normal" betrachtet wird.[3] Normalität ist für Hansen ein künstlerischer Anreiz, da Normalität sie langweilt und vermieden werden sollte. Sie erklärt, dass Normalität nicht nur für trans- und nicht-binäre Menschen eine beeinträchtigende Situation sei, sondern auch für Cisgeschlechtliche, weil es schlechterdings keine „richtige“ Art gebe, um ein Mann oder eine Frau zu sein. Eine Definition von Normalität könne dazu genutzt werden, Menschen, die dieser Definition nicht entsprechen, auszugrenzen oder gar zu entmenschlichen.[1]

Normal ist nur ein zufälliger Punkt im Universum, an dem sich alle orientieren.“

Jonna Hansen: Metal [1]

Hansen versucht nicht, die Betrachter dazu zu bringen, die Welt mit ihren, Hansens, Augen zu sehen. Sie gesteht jedem Menschen zu, seine eigene Form der Entfremdung erfahren zu haben, auch die Entfremdung von sich selbst. Mit ihrer Arbeit bietet sie jedem die Möglichkeit, dieses Gefühl für sich wahrzunehmen und zu untersuchen.[1]

„Wenn der Betrachter nicht in der Lage ist, zu verstehen, was er sieht, und dennoch versucht, es in das vertraute Kategoriensystem einzuordnen, erlebt er das Anderssein als einen Zustand.“

Jonna Hansen: Metal [1]

Alien Fashion

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Hansens Arbeit Alien Fashion ist eine Sammlung CGI-generierter Bilder, die eine Bekleidungskollektion außerirdischer, nichtmenschlicher Körper darstellt. Dabei durchbricht sie Anlehnungen an menschliche Körper. Sie dichtet den imaginären Außerirdischen abstrakte Formen an, die schwer zu klassifizieren oder gar zu verstehen sind.[1]

Die ursprüngliche Idee des Projekts war, eine erste Begegnung von Außerirdischen und Menschen zu erzählen. Doch ihre Darstellung der Außerirdischen verlief sich in Klischees und sah in den Augen der Künstlerin immer noch zu irdisch aus. Daraufhin drehte sie die Herangehensweise um:
Sie begann Kleidung zu entwerfen, ohne sich Gedanken über die darunter liegende Anatomie zu machen. Sie wählte die Herangehensweise über Kleidung, weil Kleidung aus einem Lebewesen ein Individuum macht, ein intelligentes Individuum. Kleidung ist ein Produkt einer komplexen Kultur mit eigener Geschichte und eigenen Traditionen. Die Künstlerin widmet ihre Arbeit dem Gedankenexperiment: Wie könnte Kleidung aussehen, die nicht das Produkt menschlicher Anatomie, Kultur und Produktionsmethoden ist? Die Träger ihrer Mode müssen nicht einmal aus dem Weltraum stammen, sondern schlichtweg von einem Ort, „der nicht hier ist.“[1]

„Mein Ziel war es, etwas so subtil Fremdes und Unvertrautes wie möglich zu schaffen. […] egal was, nur kein Mensch.“

Jonna Hansen: Metal [1]

Die unvermeidbare visuelle Bezugnahme auf irdische Elemente ermutigt die Betrachter, zu versuchen, die Designs visuell zu verstehen. Wenn ihnen das dann nicht gelänge, sei das viel irritierender, als etwas völlig Fremdes zu betrachten.[1]

„Da ich nicht definiere, wo diese Kleidung herkommt, wer sie trägt oder was sie bedeuten, kann [der Betrachter] sie mit seiner gesamten unterbewussten Vorstellungskraft füllen.“

Jonna Hansen: Metal [1]

Die ausstellende Galerie beschreibt die Arbeit als eine Kombination der Genres Science-Fiction und Highfashion.[10] Hansen versucht sich in ihrer Arbeit so weit wie möglich zu entfernen, von unseren Vorstellungen der Science-Fiction, von Bezügen zur irdischen Natur oder der menschlichen Zivilisation, wie z. B. zu Stammeselementen. Das internationale Mode Magazin Metal vergleicht Hansens Kreationen nicht mit futuristischer High-Tech-Kleidung, sondern vielmehr mit folkloristische Aufnahmen des Dokumentarfotografen Charles Fréger, mit Aufdrucken auf der Kleidung.[1] Hansen möchte, dass die Betrachter „den Widerspruch als eine essenzielle Qualität der menschlichen Erfahrung schätzen lernen.“ (Jonna Hansen: Mittelbayrische Zeitung[5])

Die mehr als 20 Designs sind symmetrisch aufgebaut. Für die Texturen der Kleidung verwendete sie ausschließlich Ausschnitte eigener Fotos. Als Vorbilder fungierten der Film Arrival, der Mode-Designer Alexander McQueen und der japanische Regisseur Hayao Miyazaki.[5]

In 2024 plant sie die Arbeit durch eine Umsetzung in Prototypen fortzuführen.[5]

Auszeichnungen

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  • 2023 Förderpreis der DATEV für „Alien Fashion“[11][9]

Ausstellungen

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Einzelausstellungen
  • 11/2023 „Alien Fashion“ Edel Extra, Nürnberg[10]
Gruppenausstellungen
  • 2022 „Alien Fashion“ Berlin Circus Festival, Berlin[12]
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Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q Arnau Salvadó: Jonna Hansen - Fashionable aliens. In: metalmagazine.eu. Jazzmetal S.L., 15. August 2023, abgerufen am 1. Dezember 2023 (englisch).
  2. a b About. In: jonnat97.myportfolio.com. Jonna Hansen, 2023, abgerufen am 14. Februar 2024.
  3. a b c Der Blick geht von Burglengenfeld nach Nürnberg: Jonna Hansen und ihre besondere Kunst. In: mittelbayerische.de. Mittelbayerische Zeitung GmbH, 3. November 2023, abgerufen am 10. Februar 2024 (Veröffentlichung in der Printausgabe am 04.11.2023).
  4. a b c d Severine Sand: Körpergefühle, das letzte Mal Jonathan sein. In: Straßenkreuzer e. V. (Hrsg.): Straßenkreuzer – Das Sozialmagazin. Band 29, Nr. 11, 2022, S. 15 (strassenkreuzer.info [PDF]).
  5. a b c d e f Lisa Steigerwald: Burglengfelderin macht Mode für Aliens. In: Mittelbayerische Zeitung GmbH (Hrsg.): Mittelbayrische Zeitung. 13. Januar 2024, S. 29 (mittelbayerische.de – Online-Zugriff kostenpflichtig).
  6. Jonathan Tröbs erhält Preis beim Schülerwettbewerb "crossmedia 2016": Schüler überzeugt mit Comic. In: onetz.de. Oberpfalz Medien GmbH, 5. Dezember 2016, abgerufen am 1. Dezember 2023.
  7. Jonathan Tröbs. In: europaeischer-wettbewerb.de. Europäische Bewegung Deutschland, 2016, abgerufen am 1. Dezember 2023.
  8. Werkschau der Fakultät Design. In: d.th-nuernberg.de. Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, 18. Juli 2022, abgerufen am 14. Februar 2024.
  9. a b Förderpreise für besondere Leistungen. In: d.th-nuernberg.de. Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, 14. Juni 2023, abgerufen am 14. Februar 2024.
  10. a b 03. November 2023 ab 18:00 Uhr: Alien Fashion. In: edelextra.biz. Edel Extra – Verein zur Förderung ästhetischer Prozesse e.V., 2023, abgerufen am 1. Dezember 2023.
  11. Fakultät Design - Preisverleihung der Förderpreise. In: d.th-nuernberg.de. Technische Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm, 2023, abgerufen am 9. Februar 2024.
  12. 2022. In: berlin-circus-festival.de. Berlin Circus Production - Hilliger Koelbel GbR, 2022, abgerufen am 9. Februar 2024 (englisch).


Kategorie:Bildender Künstler (Leipzig) Kategorie:Geboren 1997 Kategorie:Transgeschlechtliche Person Kategorie:Frau