Mondnacht ist ein Gedicht des Dichters Josef von Eichendorff, das in der deutschen Spätromantik um 1835 entstand und 1837 erstmals veröffentlicht wurde. Es zählt zur Gattung der Naturlyrik.
Das Gedicht thematisiert vor allem die Sehnsucht als zentrales Motiv romantischer Lyrik. Es geht um die Sehnsucht nach einem himmlisch paradiesischem Ort als religiöse Vorstellung. Doch auch die Motive "Streben nach Entgrenzung", "Vergangenheitsbezug", "Liebe" und "Wehmut" spielen eine Rolle.
Eichendorff beschreibt die Gefühle und Eindrücke eines lyrischen Ich in einer Mondnacht. Die Wahrnehmung des Lyrischen Ich verändert sich wie in einem Traum. Indem es die Natur und die Nacht mit allen Sinnen gleichzeitig erfährt, wird die Heimkehr der Seele in ihre "himmlische Heimat", das Paradies, möglich.
Ergänzung:
Inhalt
BearbeitenIn der ersten Strophe beschreibt der Dichter eine nächtliche Szene, in der Himmel und Erde optisch miteinander verschmelzen. Es verschmilzt also etwas Überirdisches mit etwas Irdischem. "Der" Himmel und "die" Erde sind zu einem Liebespaar personifiziert. Die Verschmelzung spielt auf einen antiken griechischen Mythos an, nämlich auf die Vermählung von Uranus, dem Himmel und Gaia, der Erde. Die leichte Berührung beider ("küssen sich still", V. 2) wird durch einen Blütenschimmer dargestellt, indem die Blüte das Licht des Mondes reflektiert. Die Erde träumt daraufhin im Schein ihres Geliebten von ihm. Die Grenze zwischen Himmel und irdischem Dasein schwindet. Doch das Bild des Liebespaars wird im Irrealis eingeführt.: „Es war, als hätt“ (V. 1). Es wird nicht die Wirklichkeit dargestellt, sondern nur ein Vergleichsbild geschaffen, das die Stimmung wiedergeben soll.
Während die erste Strophe die Empfindungen des Lyrischen Ich wiedergibt, erkennt man in den ersten drei Versen der zweiten Strophe eine objektive Beschreibung der Erde in allen Einzelheiten. Es wird also besonders auf die sinnliche Erfahrung des Lyrischen Ich eingegangen. Die Atmosphäre ist sehr ruhig. Die himmlische Ruhe ist auch auf der Erde eingekehrt. Die personifizierte Luft "geht" durch die Felder, die Ähren wiegen sacht. Beides weckt Assoziationen zu ländlicher Idylle und Fruchtbarkeit. Die "Luft" als Verbindungsstück zwischen Himmel und Erde hat hier eine Doppelbedeutung, denn das griechische Wort "pneuma" bedeutet sowohl Luft als auch Geist. In Vers 4 der zweiten Strophe wird der Blick des Betrachters schließlich hinauf zum Himmel, zu den Sternen, gelenkt. Der Blick erhebt sich wieder nach oben. Das Bild schwingt zum Beginn der ersten Strophe zurück.
Wie in der ersten Strophe geht es auch in der dritten Strophe um die Empfindungen des Lyrischen Ich. Allerdings erwähnt es sich jetzt erstmals, indem es von "meine Seele" (3. Strophe, V. 1) spricht. Dadurch lenkt es den Blick nun auf sein Inneres, auf seine Gefühle. Ein Gefühl der Freiheit und des Glücks wird deutlich. Seine Seele wird groß und leicht in seiner übermenschlichen Stimmung. Das lyrische Ich besitzt in diesem Moment keine sichtbaren Grenzen, es ist grenzenlos frei und kann "nach Haus" (3. Strophe, V. 4) fliegen. Mit dem Zuhause ist jedoch nicht die irdische Heimat gemeint, sondern das himmlische Paradies. Letztlich beinhaltet diese Strophe also die Realisierung der Auferstehung als Erlösung im Christentum. Aber das Ende, das zuhause Ankommen bleibt ungewiss, das wird durch den Irrealis "als flöge" (3. Strophe, V. 4) deutlich. Möglicherweise ist die Auferstehung nicht realisiert, da vor dem Tod niemand in den Himmel gelangen kann. Der Leser soll sich hierüber seine eigenen Gedanken machen und den Ausgang des Gedichtes selbst bestimmen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: In der ersten Strophe des Gedichts neigt sich der Himmel zur Erde, die zweite spielt sich auf der Erde ab, der Flug der Seele zum Himmel folgt in der 3. Strophe. Der Kreislauf des Gedichts ist der Kreislauf der menschlichen Seele, die bei der Geburt vom Himmel zur Erde wandert und nach dem Tode wieder zurück in den Himmel gelangt.
Äußere Form
Bearbeiten(Originalfassung wird vmtl. dieser Fassung vorgezogen)
Der inhaltlichen Dreiteilung entspricht auch die formale: Das Gedicht besteht aus drei Strophen mit je vier Versen. Die Binnenstrophe (die 2. Strophe) bildet die Achse, an der die Außenstrophen spiegelsymmetrisch festgemacht sind. Es liegt eine Art Bogenform vor, die beiden emotionalen Strophen schließen die objektive Strophe ein.
Versmaß ist der Jambus, der eine gleichmäßige und fließende Wirkung erzielt. Pro Vers gibt es 3 Hebungen. In den 3 Hebungen findet sich auch die Dreiteiligkeit aus der Stropheneinteilung wieder. Die Kadenzen sind abwechselnd männlich und weiblich, wobei jeweils der erste und dritte Vers auf eine weibliche Kadenz enden, der zweite und vierte auf eine männliche. Dadurch wird das Abwechslungsreiche des natürlichen Schauspiels unterstützt. Außerdem wird Ruhe in den fließenden Jambus gebracht, weil beim Lesen am Ende jedes Verses das Tempo verlangsamt werden muss. Der Kreuzreim (abab, cdcd, efef) unterstützt den regelmäßigen Aufbau und unterstreicht den Eindruck und die Harmonie zwischen Himmel und Erde. Jede Strophe bildet einen Satz.
(eher unwesentlich: alternierendes Versmaß mit Auftakt, drei jambischen Hebungen und wecheselnder Kadenz)
Sprachliche Stilmittel
Bearbeiten(noch nach Strophen zu ordnen!)
ganzes Gedicht im Präteritum: Hierdurch wird Gefühl der Sehnsucht nach Vergangenem wach gehalten
Wortwahl der 1. Strophe lässt darauf schließen, dass es sich wohl um eine Nacht im Frühjahr oder Sommer handelt; eine Nacht in derem fahlen Licht die Blüten schimmernd zu erkennen sind.
1. Strophe: doppelte Personifikation: Der Himmel "küsst" die Erde und diese "träumt" daraufhin von selbigem. Himmel und Erde eigentlich komplett gegensätzlich, denn der Himmel grenzt sich stark von der Erde ab, dazwischen steht das Lyrische Ich. Das Träumen steht in einem konsekutiven Nebensatz, es ist die Folge des glücklichen Erlebnisses, eine Erinnerung an ein Glück.
Biblische Zahl 3 zieht sich wie ein roter Faden durch das ganze Gedicht. Gedicht hat 12 Verse (12 Apostel), Quersumme aus 1 und 2 ergibt 3.
Wortschöpfung (Neogolismus) "Blütenschimmer" in Vers 1 der 1. Strophe gibt Hinweise auf den christlichen Mythos, da Maria, die Mutter Jesu, häufig in Zusammenhang mit Blüten dargestellt wird.
Die beiden Außenstrophen weisen Gemeinsamkeiten auf (Spielgelsymmetrie): Sie enthalten Enjambements zwischen dem 1. und 2. Vers, wobei die 1. Strophe noch zusätzlich einen Zeilensprung zwischen dem 3. und 4. Vers aufweist. Dies erzeugt Geschwindigkeit. Eine weitere Gemeinsamkeit: Sowohl die erste als auch die dritte Strophe weisen in den Versen 1 und 3 Assonanzen auf ("Himmel - Blütenschimmer"/"spannte - Lande") hier Gleichklang von Vokalen in Versenden Dies hebt die Bedeutung der Verse hervor.
Die Binnenstrophe bildet das Bindeglied zwischen den beiden Außenstrophen, sie ist ausschließlich im Indikativ verfasst. Außerdem ist sie parataktisch und ohne Zeilensprünge aufgebaut.
In Vers 3 und 4 liegt eine Inversion vor. Der Dichter benutzt diese Umkehrung der geläufigen Satzstellung bewusst, um die Bedeutsamkeit der sternenklaren Nacht für den Fortgang des Gedichts hervorzuheben.
Während in Vers 1 (2. Strophe) die taktile Bewegung geschildert wird, ist selbige in Vers 2 visuell und in Vers 3 akustisch wahrnehmbar.
In Vers 4 (2.Strophe) findet eine romantische Synästhesie statt, d.h. hier bündelt sich die Gesamtheit der sinnlichen Erfahrung. Außerdem findet in V. 4 durch den langen und dunklen Vokal "o" im ersten Wort "So" eine Rhythmusveränderung statt, die durch die Inversion bereits angedeutet ist. Der Rhythmus kommt zum Stillstand. Auch das Wort "sacht" in V. 2, das auf den Abschluss durch "Nacht" vorbereitet, gibt einen Hinweis auf eine Verringerung der Bewegung.
Die zweite - im Indikativ geschriebene - Strophe bezieht sich stärker auf die reale Landschaft. Im Vordergrund steht die Beschreibung von Einzelphänomenen, was sich formal in den kurzen Hauptsätzen und dem Fehlen von Enjambements spiegelt (Zeilenstil). Gemeinsam ist ihnen die Sanftheit der Bewegung, die gleichsam die ruhigen Atemzüge der träumenden Erde illustrieren. Es handelt sich um Beispiele, die eigentlich austauschbar sind; auch ließe sich die Reihe beliebig fortsetzen (etwa: Es plätscherten die Quellen, / Sanft rieselte der Bach...), was aber nicht geschieht, als könnte und wollte sich das lyrische Ich nicht weiter auf die Betrachtung der Erde konzentrieren. Und so wendet es den Blick, der von Strophe 1, V. 2 bis Strophe 2, V. 3 nach unten gerichtet war, wieder nach oben zum Himmel, zum Auslöser der wunderbaren Stimmung: "...So sternklar war die Nacht." (Strophe 2, V. 4). Die staunende Ergriffenheit wird dadurch besonders hervorgehoben, dass hier, wenn man dem natürlichen Sprechrhythmus folgt, die erste Silbe gedehnt und betont wird, ohne dass die zweite ihre Akzentuierung verliert.
Dieses Prinzip, die schwebende Betonung, setzt sich in den ersten drei Versen der dritten Strophe fort und veranschaulicht - zunächst im Zusammenspiel mit dem Enjambement vom ersten zum zweiten Vers - das Ausbreiten der Flügel und dann das Fliegen selbst. Das lyrische Ich benutzt die Metapher des Vogels, um das intensive Gefühl der Sehnsucht auszudrücken. Auf diese Weise wird die Darstellung einerseits konkreter und anschaulicher, denn der Flug selbst bleibt keine bloße Wunschvorstellung, sondern findet wirklich statt: "Flog durch die stillen Lande...". Andererseits wird die Darstellung aber auch abstrakter, denn es ist die Seele, die fliegt, und bei ihr kann man sich keine Gestalt vorstellen. Es ist der psychische Teil des Menschen, der sich hier offenbar vom Körper gelöst hat und ihn vorübergehend auf der Erde zurücklässt. Dieser Aspekt ist wichtig für die Deutung des Ausdrucks "nach Haus". Die Seele des lyrischen Ich hat den Hauch des Himmels so intensiv gespürt, dass sie am liebsten die Enge und Schwere des irdischen Lebens gänzlich abstreifen und zum Himmel, der Heimat der Seele schlechthin, zurückkehren möchte. Das Ziel wird jedoch nicht erreicht: Die in den Versen 1 - 3 dargestellte Euphorie mündet am Ende in eine leichte Wehmut, die sich auch in der Form spiegelt. Der Rhythmus fällt in das ursprüngliche Gleichmaß zurück, der Irrealis spiegelt den illusionären Charakter des Erlebnisses, der auch vorher schon durch den assonantischen Reim "spannte - Lande" (?) angedeutet wurde, genau wie in der ersten Strophe. Es findet sich aber keine Resignation, sondern der Schwebezustand dauert fort, das Gedicht hat ein offenes Ende.
Verwendung vieler assoziativer Begriffe wie „Himmel“, „Erde“, „Luft“, „Nacht“, „Felder“, „Seele“, „Flügel“ oder „Land“. Der Dichter benutzt hier v.a. die Wortfelder Landwirtschaft und Natur. Es werden dynamische Verben gewählt wie „küssen“, „gehen“, „wogen“, „rauschen“, „ausspannen“, „fliegen“. Statische Verben wie „träumen“ verdeutlichen die Passivität der Erde. Abstrakte und konkrete Ausdrücke werden nebeneinander verwendet.
Personifikationen wie in Strophe 1 geschildert oder auch in Strophe 2 „Die Luft ging durch die Felder“ (V.1) verleihen dem Gedicht Lebendigkeit. Die feierliche Atmosphäre wird durch die Stille noch hervorgehoben (Strophe 3, V. 3). Die Adjektive „still“ und „leise“, „sternenklar“ sowie „träumen“ unterstützen diese Wirkung.
Durch das Bindewort „Und“ wird das Lyrische Ich in der letzten Strophe in die ganze Szene eingebunden.
Die Metapher „Flügel“ erinnert an einen Vogel, also an Freiheit. Das „weit“ (Strophe 3, V. 2) ist invertiert und betont wie weit die Seele sich öffnet, um die nächtliche Stille aufzunehmen.
Die „stillen Lande“ stellen einen Bezug zur 2. Strophe her.
In Vers 3 der letzten Strophe findet sich ein grammatikalisch unvollständiger Satz, eine sog. Ellipse. Das Wort „Ich“, das leicht ergänzbar ist – der Vers beginnt mit „flog“ - wurde ausgelassen, um den Flug eindringlicher darzustellen. Auch stammen die Wörter „Flügel“, „flog“, „flöge“ aus derselben Wortfamilie und verdeutlichen den schwerelosen Zustand des Lyrischen Ich.
„Nach Haus“ und „Himmel“ sind Synonyme mit gleichem Anfangsbuchstaben und stellen eine Verbindung zwischen erster und letzter Strophe her.
Die zentralen Begriffe Erde und Himmel erlauben es dem Leser, viele Gegensatzpaare zu assoziieren, je nachdem unter welchem Aspekt er sie betrachtet: Boden – Luft, schwer – leicht, unten – oben, nah – fern, endlich – unendlich, irdisch – überirdisch, Diesseits – Jenseits, Materie – Geist. Ein derartiger Gegensatz spiegelt sich auch im Wesen des Menschen, weil er sowohl aus Körperlichem als auch aus Geistig-Seelischem besteht. Im Zauber der Mondnacht scheint nun für kurze Zeit eine Synthese aus den Gegensätzen möglich; diese erwächst normalerweise nach dem dialektischen Prinzip aus These und Antithese und bildet den Höhepunkt einer Entwicklung. Eichendorff kehrt den Prozess jedoch um, indem er mit der scheinbaren Synthese beginnt und sie anschließend auflöst, so dass nur Traum und Sehnsucht bleiben.
V. 8 wechselt nun die Wahrnehmungsebene, stellt eine Art Höhepunkt der sinnlichen Wahrnehmung des lyrischen Ich dar, die in Strophe 2 im Zentrum steht. Über all diesen Detailwahrnehmungen steht die Wahrnehmung der sternklaren Nacht, eine Situation, die bis heute in der Lage ist, bei Menschen „romantische Gefühle“ auszulösen.
Ein Vergleich, nicht mit "wie", sondern mit "Es war als" eingeleitet, eröffnet in V. 1 das Gedicht und stellt sofort einen Bezug zum Lyrischen Ich her, das hier offensichtlich seinen Eindruck von der Mondnacht darzustellen beabsichtigt.
Das nächste Wort "hätte" wird um das -e verkürzt, in der Folge wird es vom zweisilbigen zum einsilbigen Wort, was notwendig ist, da dieser Vers als 3-hebiger Jambus gestaltet ist.
Ein Enjambement leitet in V. 2 über, der mit "die Erde" beginnt und die Erde somit unmittelbar mit dem Himmel formell verbindet.
V. 4 Wieder wird des Rhythmus Willen ein -e weggelassen ("müsst" statt "müsste"), sodass davon ausgegangen werden kann, dass der Rhytmus vom Autor bewusst gestaltet wurde.
Weblinks
Bearbeitenhttp://www.xn--prfung-ratgeber-0vb.de/2012/06/romantik-epoche-merkmale-und-literatur/ http://de.answers.yahoo.com/question/index?qid=20090615101043AAlyPpl http://norberto42.wordpress.com/2013/02/24/eichendorff-mondnacht-analyse/