Das islamische Erbrecht gehört zum Bereich islamisches Recht und ist damit in der Scharia zu finden. Es basiert auf den Versen des Quran, ergänzt durch einige Hadith sowie deren beider Auslegung. Neben einer festgelegten Erbfolge mit festen Erbquoten ist das Aufsetzen eines Testaments empfohlen.
Grundlage
BearbeitenDie Grundlage des Erbrechts bilden hauptsächlich die ersten Verse von Sure an-Nisā' bezüglich der Erbberechtigung und dem Anteil und Sure al-Māʾida Vers 106 bezüglich eines Testaments, sowie deren Auslegung.
Grundsätzliches
BearbeitenNach dem Ableben ist zunächst die Beerdigung mit sämtlichen Kosten aus der Erbmasse zu begleichen. Nachfolgend offene Verbindlichkeiten wie Darlehen , Schulden, die zurückgezahlt werden. Anschließend wird das Testament berücksichtigt. Oft werden Stiftungen oder Moscheen, aber auch nicht erbberechtigte bedürftige Angehörige (auch Nichtmuslime) begünstigt. Erst zuletzt wird der jeweilige Anteil an die Erbberechtigten ausgezahlt.
Erbberechtigte und Anteil am Erbe
Bearbeiten„Den Männern steht ein Teil von der Hinterlassenschaft ihrer Eltern und Verwandten zu, und ebenfalls den Frauen steht ein Teil von der Hinterlassenschaft ihrer Eltern und Verwandten zu. Sei es wenig oder viel. (Das gilt) als vorgeschriebener Anteil. [4:7] Und wenn bei der Teilung die Verwandten und die Waisen und die Armen anwesend sind, so schenkt ihnen etwas davon und sprecht freundliche Worte zu ihnen. [4:8] Und fürchten sollen sich diejenigen, die, wenn sie schwache Nachkommen hinterließen, für sie bangen würden; Allah sollen sie fürchten und geziemende Worte sprechen. [4:9] Wahrlich, diejenigen, die der Waisen Gut ungerecht aufzehren, die zehren (in Wirklichkeit) Feuer in ihre Bäuche auf und werden in einem Höllenfeuer brennen. [4:10] Allah schreibt euch hinsichtlich eurer Kinder vor: Auf eines männlichen Geschlechts kommt (bei der Erbteilung) gleichviel wie auf zwei weiblichen Geschlechts. Sind es aber (nur) Frauen, mehr als zwei, sollen sie zwei Drittel der Hinterlassenschaft erhalten. Ist es nur eine, soll sie die Hälfte haben. Und jedes Elternteil soll den sechsten Teil der Hinterlassenschaft erhalten, wenn er (der Verstorbene) Kinder hat; hat er jedoch keine Kinder, und seine Eltern beerben ihn, steht seiner Mutter der dritte Teil zu. Und wenn er Brüder hat, soll seine Mutter den sechsten Teil, nach Bezahlung eines etwa gemachten Vermächtnisses oder einer Schuld, erhalten. Eure Eltern und eure Kinder - ihr wisset nicht, wer von beiden euch an Nutzen näher steht. (Dies ist) ein Gebot von Allah; wahrlich, Allah ist Allwissend, Allweise. [4:11] Und ihr bekommt die Hälfte von dem, was eure Frauen hinterlassen, falls sie keine Kinder haben; haben sie aber Kinder, dann erhaltet ihr ein Viertel von ihrer Erbschaft, nach allen etwa von ihnen gemachten Vermächtnissen oder Schulden. Und ihnen steht ein Viertel von eurer Erbschaft zu, falls ihr keine Kinder habt; habt ihr aber Kinder, dann erhalten sie ein Achtel von eurer Erbschaft, nach allen etwa von euch gemachten Vermächtnissen oder Schulden. Und wenn es sich um einen Mann handelt - oder eine Frau -, dessen Erbschaft geteilt werden soll, und der weder Eltern noch Kinder, aber einen Bruder oder eine Schwester hat, dann erhalten diese je ein Sechstel. Sind aber mehr (Geschwister) vorhanden, dann sollen sie sich ein Drittel teilen, nach allen etwa gemachten Vermächtnissen oder Schulden, ohne Beeinträchtigung - (dies ist) eine Vorschrift von Allah, und Allah ist Allwissend, Milde. [4:12]“
Männer und Frauen sind beide mit einem festgelegten Anteil erbberechtigt (4:7). Sind bedürftige, nicht Erbberechtigte anwesend, so soll ihnen ein kleiner Teil des Erbes gegeben werden (Sadaqa) (4:8). Es ist den "Betreuern" von Waisen verboten, deren Erbe zu verbrauchen. Dies wird mit der Höllenfeuer bestraft (4:10).
Testament
Bearbeiten„O die ihr glaubt, wenn einem von euch der Tod naht zu der Zeit, da (er sein) Vermächtnis (macht), (soll) das Zeugnis unter euch (erfolgen) durch zwei gerechte Personen von euch, oder durch zwei andere, (die) nicht von euch (sind), wenn ihr im Land umherreist und euch dann das Unglück des Todes trifft. Ihr sollt sie nach dem Gebet festhalten, und sie sollen dann, wenn ihr zweifelt, bei Allah schwören: „Wir verkaufen es für keinen Preis, auch wenn es sich um einen Verwandten handelt, und verheimlichen das Zeugnis Allahs nicht; wir gehörten sonst wahrlich zu den Sündhaften.““
Koran Sura al Maida vers 106
Es ist geboten ein Testament welches nach der Scharia von zwei Zeugen beglaubigt werden muss, zu erstellen.
„Ibn `Umar, Allahs Wohlgefallen auf beiden, berichtete: Der Gesandte Allahs, Allahs Segen und Heil auf ihm, sagte: „Es ist nicht richtig, dass ein Muslim, der etwas besitzt, über das er ein Vermächtnis machen will, zwei Nächte verbringt, ohne dass er bei sich ein von ihm schriftlich niedergelegtes Testament bewahrt.”“
Sahīh Muslim Hadith Nr. 3074
Die Pflicht dazu ist nur dann fällig, wenn Besitztum vorhanden ist. Allerdings kann man mit der Testament nur über ein Drittel der Erbmasse bestimmen und nur Personen begünstigen, die nicht unter die genannten Erbberechtigte fallen.
Erberechtigte
BearbeitenDie Erben werden im allgemeinen in vier Gruppen eingeteilt:
- Ashaabul-furuud (أصحاب الفروض) = Erben festgelegter Anteile (Quotenerben)
- Al-‘asabah (العصبة) = Erben der quotenfreien Anteile
- Ahlur-radd (أهل الرد ) = Erben des Überschuss
- Dhawuul-arhaam (ذوو الأرحام) = Erben mütterlicherseits
Folgende Personen sind im allgemeinen erbberechtigt:
Männlich:
- der Ehemann
- der leibliche Sohn und seine männlichen Abkömmlinge (Enkel, Urenkel, etc.) in absteigender Linie
- der leibliche Vater und seine männlichen Vorfahren (Großvater, Urgroßvater, etc.) in aufsteigender Linie
- der leibliche Voll– und Halbbruder väterlicher – und mütterlicherseits und ihre männlichen Abkömmlinge (Neffe, Nichte, etc.) in absteigender Linie
- der Onkel väterlicherseits und seine männlichen Abkömmlinge (Cousin, etc.) in absteigender Linie
Weiblich:
- die Ehefrau
- die leibliche Tochter , die leibliche Tochter des Sohnes (Enkelin)
- die leibliche Mutter
- die leibliche Großmutter mütterlicher – und väterlicherseits
- leibliche Voll– und Halbschwestern
Sind alle Erberechtigten am Leben, so erben die leiblichen Kinder, die leiblichen Eltern sowie der Ehepartner. Alle anderen erbberechtigten werden präkludiert.
Erbquote der Quotenerben
BearbeitenDie jeweilige Erbquote kann für den gleichen Angehörigen innerhalb verschiedener Konstellationen der Erben verschieden hoch sein bzw. es tritt für einzelne Anhehörige nicht immer der Erbfall ein. Allgemein gilt zudem, dass Erben der gleichen Stufe bespielsweise leiblicher Sohn und leibliche Tochter im Verhältnis von 2 zu 1 erben, der männliche Erbe erbt das Doppelte des weiblichen. Nachfolgend sind die verschiedenen Erbquoten mit Bedingungen aufgezählt.
Die Hälfte
BearbeitenFolgende Personen erben die Hälfte des Gesamterbes:
- der Ehemann, wenn es keine Kinder oder männlichen Enkel gibt.
- eine einzige Tochter, wenn keine Söhne vorhanden sind.
- eine einzige Vollschwester, wenn weder Kinder noch Enkel vorhanden sind
Das Viertel
BearbeitenFolgende Personen erben ein Viertel des Gesamterbes:
- der Ehemann, wenn Kinder und Enkel vorhanden sind
- die Ehefrau, wenn keine Kinder vorhanden sind
Das Achtel
BearbeitenFolgende Personen erben ein Achtel des Gesamterbes:
Die Ehefrau beim Vorhandensein von Kindern
Zwei Drittel
BearbeitenFolgende Personen erben zwei Drittel des Gesamterbes:
- Zwei oder mehr Töchter wenn es keine Söhne gibt.
- Zwei oder mehr Sohnestöchter, wenn es keine Sohnessöhne gibt
- zwei leibliche Vollschwestern, wenn es keine männlichen Angehörigen gibt
Das Drittel
BearbeitenFolgende Personen erben ein Drittel des Gesamterbes:
- Die Mutter beim Fehlen von Kindern und Vorhandensein von einer Schwester oder einem Bruder.
Das Sechstel
BearbeitenFolgende Personen erben ein Sechstel des Gesamterbes:
Begründung für den höheren Anteil am Erbe für die männlichen Erben
BearbeitenFür den höheren Anteil am Erbe für männliche Erben gibt es einenguten Grund, in der Schria verankert ist. So obliegt dem Vater, Bruder und Ehemann die finanzielle Versorgung der Frau. Dies gilt auch für ein Erbe, welches er für den Unterhalt seiner Familie ausgeben muss, wohingegen die Frau ihr Erbe nur für sich behalten darf. Es dient als finanzielle Absicherung.
Ermittlung der Erbanteile – Berechnung
BearbeitenDie Erbanteile werden zunächst einzeln für die betreffenden Erben ermittelt. Je nach Familienkonstellation werden einzelne Angehörigen präkludiert,(ausgeschlossen) oder erben. Hierfür listet man die einzelnen Erben mit Anteil auf. Da man verschiedene Brüche mit unterschiedlichem Nenner hat, muss man diese zur Berechnung zunächst gleichnamig machen (siehe Bruchrechnung) und anschließend addieren. – In der Regel ist der Hauptnenner 24.
Je nach Konstellation und Anzahl der Erbberechtigten ergeben sich dann folgende drei Möglichkeiten:
- ‘Aadilah عادلة: Die Summe der Erbanteile ergibt 100 %, das heißt Nenner und Zähler des Ergebnisses sind identisch.
- Naaqisah ناقصة : Die Summe der Erbanteile ist geringer als 100 %, dass heißt der Zähler ist kleiner als der Nenner und es bleibt etwas übrig, dieser Teil geht an den Asabah-Erben
- Aailah عائلة : Die Summe der Erbanteile überstreigt 100 %, der Zähler ist also größer als der Nenner, die Anteile werden verhältnismäßig berechnet.
Beispiel: Ein Verstorbener hinterlässt Mutter, Vater, Tochter, Ehefrau und einen Vollbruder. Mutter und Vater erben je 1/6, die Tochter die 1/2, die Ehefrau 1/8, der Vollbruder erbt in diesem Fall nicht (P = präkludiert)
Erben | Erbanteil | Erbanteil berechnet |
---|---|---|
Mutter | 1/6 | 4/24 |
Vater | 1/6 | 4/24 |
Tochter | 1/2 | 12/24 |
Ehefrau | 1/8 | 3/24 |
Vollbruder | P | 0/24 |
Da beim obigen Beispiel nur 23/24 an die Erben als Festanteile gehen, ist dies ein Naaqisah – Fall. Der übrige Teil von 1/24 geht in diesem Fall an den Vater (Asabah–Erbe)
https://arrayyana.wordpress.com/2010/11/05/das-islamische-testament/
Erbrecht im Bezug auf die Frau
Bearbeitenhttps://www.iisev.de/wissensportal/artikel/das-erbrecht-in-bezug-auf-die-frau/
Problemstellungen
BearbeitenIn vielen Ländern, in denen die Scharia nicht gilt, sollte es unter den Verwandten einen Konsens bezüglich des anzuwendenden Erbrechts geben. Hier ist zu beachten, dass laut Scharia Muslime nicht von Andersgläubigen erben und andersherum. Auch kann der Erbanteil oder das Erbe gerichtlich eingeklagt werden, wobei das Erbrecht des Staates in dem die Erben leben oder auch das des Herkunftslands des Erblassers gerichtlich festgelegt werden können. Dies kann dazu führen, dass der Wille des Erblasders bezüglich der Erben nicht erfüllt wird.
Quellen
Bearbeitenhttps://en.m.wikipedia.org/wiki/Islamic_inheritance_jurisprudence
Quran 4 : 11
BearbeitenSchulden und Stiftungen sind vor der Aufteilung auf die Erben vom Nachlass zu nehmen. Ebenso verhält es sich mit dem Testament.
Ein männlicher Erbe erhält das Doppelte wie ein weiblicher.
Wenn der Verstorbene nur Töchter hinterlässt, erhalten sie nur zwei Drittel des Nachlasses, der gleichmäßig unter ihnen aufgeteilt wird. Das Übrige wird ihnen auch gegeben, wenn es keine restlichen Erben gibt, beispielsweise durch ein Testament.
Gibt es nur eine Tochter, so erhält sie den halben Nachlass. Das übrige wird ihr auch gegeben, wenn es keine restlichen Erben gibt.
Wenn es Kinder gibt, erhalten die Eltern jeder ein Sechstel des Nachlasses.
keine Kinder, aber Angehörige, (mütterlicher oder väterlicherseits), dann erhält die Mutter ein Sechstel.
keine Kinder und keine Angehörigen, dann erhält die Mutter ein Drittel des Nachlasses.
Quran 4 :12
BearbeitenVerheiratete Frau ohne Kinder stirbt, dann erhält der Ehemann die Hälfte ihres Nachlasses; hat sie Kinder, erhält er ein Viertel.
Eine Ehefrau ist eine Frau, mit der der Verstorbene zum Zeitpunkt seines Todes verheiratet war. Wenn er mehr als eine Frau gehabt hat (maximal vier) wird ihr Anteil gleichmäßig aufgeteilt. Der Anteil einer Frau am Nachlass ihres Ehemannes ist ein Viertel – wenn es keine Nachkommen gibt; wenn Nachkommen da sind, ist ihr Anteil ein Achtel.
Die Anteile für Männer und Frauen desselben Ranges (Bruder und Schwester, Sohn und Tochter etc.) sind so, dass ein männlicher doppelt so viel erhält wie ein weibliches.
Die mütterlichen Verwandten sind die einzige Ausnahme zu dem obigen Gesetz. Wenn es nur einen Verwandten mütterlicherseits gibt, erhält er oder sie ein Sechstel. Sind es zwei oder mehr, teilen sie sich ein Drittel.