Klassifikation von Sarkomen über Gefäßbeteiligung nach Schwarzbach (Schwarzbach, M. 2006 & 2007) Gefäßbeteiligung durch retroperitoneale Weichteilsarkome (im weiteren retroperitoneale Sarkome genannt)

Das Retroperitoneum ist der Bereich des menschlichen Körpers der hinter der Bauchhöhle liegt. Im Retroperitoneum finden sich lebenswichtige Organe wie die Nieren, Nebennieren, die Bauchspeicheldrüse, der Harnleiter und die großen lebenswichtigen Gefäße (Arterien und Venen). Zu diesen zählen u.a. die Bauchschlagader (Aorta) und die Beckenschlagadern (Iliacalarterien) sowie die untere Holvene (Vena cava) und die Beckenvenen (Iliacalvenen). Bei Sarkomen, die im Retroperitoneum auftreten finden sich etwa in 17% eine Blutgefäßbeteiligung (Schwarzbach et al. JVS 2006). Die weltweit bisher einzige Klassifikation der retroperitonealen Sarkome hinsichtlich der Blutgefäßbeteiligung unterscheidet folgende Formen (Schwarzbach et al 2006):

Typ I : Befall der Arterie und der Vene Typ II : Befall der Arterie Typ II : Befall der Vene Typ IV : Kein Befall der Blutgefäße (aber eingeschlossen eine enge Lagebeziehung zu den Gefäßen)

Ergänzt wird diese Klassifikation durch die Unterscheidung der folgenden Unterformen (Schwarzbach et al 2006). Primäre Blutgefäßbeteiligung retroperitonealer Sarkome Sekundäre Blutgefäßbeteiligung retroperitonealer Sarkome Eine primäre Blutgefäßbeteiligung wird definiert als eine Blutgefäßbeteiligung durch ein Sarkom das aus der Gefäßwand selbst hervorgeht (z.B. das Leiomyosarkom der Hohlvene oder Cavasarkom das aus den glatten Muskelzellen der Gefäße entspringt ). Von einer sekundären Blutgefäßbeteiligung spricht man wenn ein Sarkom das von außen in ein Blutgefäß einwächst (z.B. ein retroperitoneales Liposarkom das aus dem Nierenfett hervorgeht und von außen in die Bauchschlagader einwächst).

Liegt ein Gefäßbefall vor handelt es sich in der Mehrzahl der Fälle im Retroperitoneum um einen Typ I (64%). Seltener findet er sich ein Typ II (16%) oder ein Typ III (20%). Diese Einteilung ist entscheidend für eine heilende Operation. Heutzutage werden Patienten mit einer Gefäßbeteiligung der Typen I-III radikal operiert wenn keine Fernmetastasen vorliegen und der Tumor durch eine Gefäßresektion komplett entfernt werden kann. Der entsprechende Behandlungsleitfaden (Algorithmus) wurde von Schwarzbach et al. 2006 erstmalig für retroperitoneale Sarkome mit Gefäßbeteiligung beschrieben. Die Blutgefäße werden nach der operativen Entfernung ersetzt. Dazu werden in der Regel Gefäßprothesen aus synthetischen Materialien verwendet oder es erfolgen Gefäßwandplastiken durch Direktnaht oder körpereigene Gewebe (Vene). In speziellen Fällen werden Gefäßumlagerungen (Transpositionen) durchgeführt und auch die Nierenvenen oder Lebervenen durch spezielle Bypassverfahren überbrückt . Bei Sarkomen vom Typ IV die sehr nahe an die Blutgefäße heranreichen wird eine Gefäßwandspaltung, die sog. subadventitielle Dissektion durchgeführt. Dabei wird ein Teil der Blutgefäßwand zusammen mit dem Sarkom operativ entfernt (In Hepp Koegel Lehrbuch der Gefäßchirurgie). Auf diese Weise können die Mehrzahl der retroperitonealen Sarkomen heilend entfernt werden. Zumeist sind zusätzlich Mehrorganresektionen erforderlich (Multiviszeralresektionen) (Willeke et al Chirurg 1995, Schwarzbach et al. Recent results Cancer Res 2009, Lehnert et al Eur J Surg Onkol 2009, Wente und Schwarzbach et al Langenbecks Arch Surg 2007). Die Ergebnisse (Überleben und Tumnorkontrolle), die spezialisierte Zentren erreichen, sind in Anbetracht der Bösartigkeit der Tumoren und komplexen Behandlungskonstellationen (Schwarzbach et al. JVS 2006) sehr ermutigend. Das selbe gilt auch für das operative Risiko (Sterblichkeit durch die Operation und Komplikationen) (Übersicht über die Weltliteratur, Schwarzbach et al 2006). Die Grundvorraussetzung für optimale Ergebnisse ist ein hoher Spezialisierungsgrad der behandelnden Chirurgen. Dabei werden Spezialisierungsanforderungen wie die spezielle Sarkomchirurgie, die rekonstruktive Gefäßchirurgie, und bei Beteiligung der Nieren u.a. auch Spezialisierungen aus der Organtransplantation zwingend erforderlich. Bei übergreifen auf des Zwerchfell oder die Lunge sind auch thoraxchirurgische Techniken erforderlich. Aufgrund der extremen Seltenheit der retroperitonealen Sarkome weisen nur wenige Chirurgen weltweit entsprechende Expertise und Erfahrung (Zahl behandelter Fälle) in der Behandlung dieser Tumoren auf (siehe Spezialistenliste des Lebenshaus, Link Lebenshaus und Klinikum Frankfurt, Sarkomzentrum Frankfurt und www.sarkom-frankfurt.de. Eine spezielle Unterform sind die noch selteneren Cavasarkome, Sarkome die aus der Blugefäßwand der Hohlvene entstehen (Schwarzbach et al. Dtsch Med Wochenschr 1997). Weitere Blutgefäßbeteiligungen durch Sarkome können die Blutgefäße der Extremitäten (Schwarzbach et. al. JVS 2005), des Brustkorbes (Ockert et al. Chirurg 2004), des Herzens oder des Hals-Kopfbereiches darstellen. Prinzipiell zu unterscheiden sind die sogenannten malignen vasculären Tumoren (MVT) die ebenfalls den Weichteilsarkomen zugerechnet werden aber meistens nicht aus den großen Blutgefäßen sondern den kleinen oder kleinsten Blutgefäßen entstehen (Leowardi et al Ann Surg Oncol 2005).

Literatur

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  • Schwarzbach, Matthias et al., Journal of Vascular Surgery, 2006, 2007
  • Perioperative outcome in sarcoma surgery. Wente MN, Schwarzbach MH, Hinz U, Leowardi C, Mechtersheimer G, Krempien R, Egerer G, Friess H, Büchler MW.Langenbecks Arch Surg. 2007 Jan;392(1):83-93. Epub 2006 Nov 28.PMID: 17131156 [1]
  • Clinical results of surgery for retroperitoneal sarcoma with major blood vessel involvement. Schwarzbach MH, Hormann Y, Hinz U, Leowardi C, Böckler D, Mechtersheimer G, Friess H, Büchler MW, Allenberg JR.J Vasc Surg. 2006 Jul;44(1):46-55. Review.PMID: 16828425 [2]
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Kategorie:Krebserkrankung