Bergwerkstragödie von Stilfontein

humanitäre Katastrophe infolge der Belagerung eines illegal genutzten Bergwerks in Südafrika durch die dortigen Behörden 2024/2025

Die Bergwerkstragödie von Stilfontein spielte sich von August 2024 bis Januar 2025 in Stilfontein in Südafrika ab. Die Blockade eines offiziell stillgelegten Untertage-Goldbergwerks durch Sicherheitskräfte sollte die illegale Nutzung der Mine unterbinden und die dort tätigen, überwiegend aus dem Ausland stammenden Bergarbeiter zur Rückkehr an die Oberfläche zwingen. Die Aktion forderte zahlreiche Todesopfer.

Hintergrund

Bearbeiten

Im Juli 1952 hatte die General Mining Union Corporation Ltd. in Stilfontein mit der Goldgewinnung begonnen. Bis in die 1970er Jahre war Südafrika der bedeutendste Goldproduzent der Welt. Als die einst unendlich erscheinenden Reserven zunehmend erschöpft waren, wurden 6.000 Bergwerke stillgelegt, da sich die kommerzielle Förderung dort nicht mehr lohnte. Die geschlossenen Minen locken indes weiterhin Menschen in die Tiefe. Rund 30.000 illegal tätige Bergarbeiter, die Gold und andere Mineralien suchen, gab es 2024 im Land.[1] Ein Forscher der nichtstaatlichen Organisation Bench Marks Foundation bezeichnete im Zusammenhang mit der Tragödie von Stilfontein die aufgegebenen Bergwerke als „gesetzesfreie Zone“, in der die illegal Arbeitenden extrem ausgebeutet würden. Die Syndikate, die die illegalen Aktivitäten kontrollierten, würden dabei von der Polizei praktisch nicht behelligt.[2] Da die Bergarbeiter oft Ausländer aus den Nachbarstaaten sind und Vorurteile gegen Einwanderer weit verbreitet sind, trifft ihr Schicksal bei vielen Südafrikanern auf Gleichgültigkeit.[3]

Im Jahr 2005 kam es zu einem bergbauinduzierten Erdbeben, bei dem zahlreiche Häuser Stilfonteins beschädigt wurden. Zu weiteren Erdbeben in dem Gebiet kam es in den Jahren 2014 und 2017. Im August 2024 startete die südafrikanische Regierung die Aktion Vala Umgodi (Zulu für „das Loch schließen“);[1] sie ließ Öffnungen von Schächten schließen oder von der Polizei bewachen. Zusätzlich zur Polizei wurden hierfür 3.300 Soldaten abgestellt. Begründet wurde die Maßnahme mit dem jährlichen Schaden in Höhe von umgerechnet knapp vier Milliarden Euro, der durch das verbotene Handeln für die Branche und die Infrastruktur des Landes verursacht werde. Durch die Explosionen unter Tage sackten manchmal ganze Straßen ein.

Ereignisse

Bearbeiten

Im August 2024 befanden sich ca. 4.000 der Illegalität verdächtigte Bergleute, in IsiZulu als Zama Zama („Probiere es weiter“)[1] bezeichnet, im 2013 stillgelegten Golduntertagebau von Stilfontein. Viele von ihnen stammten aus den Nachbarländern Mosambik, Lesotho und Simbabwe. Den Zama Zamas haftete der Ruf an, für Verbrechen in der Nähe stillgelegter Schächte verantwortlich zu sein.[1]

Um der illegal agierenden Goldsucher habhaft zu werden, unterband die Polizei spätestens ab November 2024[2] die Versorgung des Bergwerks mit Wasser, Lebensmitteln und Medikamenten. Eine Regierungssprecherin drohte zu Beginn des Einsatzes, man werde die Zama Zamas „ausräuchern“.[1] Bereits Ende November wurde von dramatischen Zuständen unter Tage als Folge der Blockade berichtet.[2]

Aus Furcht vor Verhaftung oder bewaffneten Gangs, die das Geschäft kontrollierten, blieben viele der Zama Zamas unter Tage. Die Polizei versperrte ihrerseits verschließbare Schächte und erschwerte so das Verlassen der Mine. Offenbar mussten die entkräfteten Männer stundenlang durch überflutete Gänge kriechen oder stürzten, da ihre Lampenbatterien erschöpft waren, in dunklen Schächten ab. Mehr als 1.500 von ihnen erreichten bis Mitte Januar 2025 die Oberfläche und wurden festgenommen.[1] Andere waren nach Angaben von Gewerkschaftern und Aktivisten aus der Zivilgesellschaft zu erschöpft, die Oberfläche zu erreichen.[3] Unter den Personen, die in dieser Phase das Bergwerk verließen, befanden sich nach Polizeiangaben von Mitte Januar auch mindestens 13 Kinder.[4]

Wiederholt hatte der Menschenrechtsanwalt Mametlwe Sebei erstritten, dass etwas Wasser und Haferflocken in die Schächte hinabgelassen wurden. Die Polizei habe aber immer wieder versucht, selbst die genehmigten Rationen zu blockieren.[1] Im Dezember 2024 entschied ein Gericht, dass es Freiwilligen gestattet werden müsse, den Bergleuten lebenswichtige Güter zukommen zu lassen.[5] Anfang Januar veröffentlichte eine Gewerkschaft Videoaufnahmen von unter Tage, in denen zu sehen war, wie Bergarbeiter um Hilfe flehten und andere inmitten von Leichen lebten.[3]

Vom 13. bis zum 17. Januar 2025 wurde das Bergwerk schließlich evakuiert,[3] nachdem der Staat durch eine weitere Gerichtsentscheidung Anfang Januar dazu verpflichtet worden war.[5] Eine Rettungskapsel mit Freiwilligen wurde bis in 2.000 Meter Tiefe hinabgelassen, 246 Überlebende und 78 Leichen wurden geborgen.[5] Die Überlebenden wurden umgehend verhaftet.[1] Der Einsatz von Freiwilligen aus den umliegenden Siedlungen war erforderlich, weil die Behörden sich mit Verweis auf zu große Sicherheitsrisiken geweigert hatten, reguläre Rettungskräfte einzusetzen.[3][4]

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b c d e f g h Massensterben unter Tage in: Nordbayerischer Kurier vom 16. Januar 2024, S. 8.
  2. a b c Kate Bartlett: South Africa illegal gold miners locked in long underground standoff with police. In: npr.org. 23. November 2024, abgerufen am 18. Januar 2025 (englisch).
  3. a b c d e Kate Bartlett: South African police and illegal miners stand-off draws to a grisly end. In: npr.org. 17. Januar 2025, abgerufen am 18. Januar 2025 (englisch).
  4. a b Mogomotsi Magome, Gerald Imray: Standoff in South Africa ends with 87 miners dead and anger over police tactics. In: pbs.org. 16. Januar 2025, abgerufen am 18. Januar 2025 (englisch).
  5. a b c Nellie Peyton, Bhargav Acharya: South Africa accused of “horrific” crackdown as 78 corpses pulled from illegal mine. In: reuters.com. 15. Januar 2025, abgerufen am 18. Januar 2025 (englisch).