Bettina Egger

Schweizer Kunsttherapeutin

Bettina Egger (* 1943 in Zürich) ist eine Schweizer Kunsttherapeutin und Psychologin.

Leben und Wirken

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Nachdem sie eine Graphikausbildung an der Académie des Beaux-Arts in Paris abgeschlossen hatte, lernte Bettina Egger anderthalb Jahre im Malort von Arno Stern, ebenfalls in Paris, wie man mit Kindern malt. Sie wurde von ihm zur Malatelierleiterin ausgebildet. Stern hat ihr die unverbrüchliche Haltung vermittelt, Bilder nicht zu interpretieren und sich ganz auf die Beobachtung dessen, was geschieht, zu verlassen.[1]

Im Jahr 1965 eröffnete sie ihr erstes eigenes Malatelier in Zürich. Sie begleitete dort 10 Jahre lang ausschliesslich Kinder beim Malen. Schon in dieser Zeit arbeitete sie mit dem Kinderpsychologischen und Kinderpsychiatrischen Dienst des Kinderspitals Zürich zusammen, dokumentierte die Bilder und Prozesse und forschte über Zusammenhänge. Ab 1968 nahm sie Assistenten auf und entwickelte die ersten Ausbildungskurse zum Begleiteten Malen (BM). Bei diesem ging es ihr immer wieder um neue Erfahrungen der Malenden und um den Zugewinn der Selbsterkenntnis.[1]

Egger gründete 1978 gemeinsam mit Robert Wirz das Ausbildungsinstitut für Humanistische Kunsttherapie in Zürich.[2] Bis zum Ende ihrer Berufstätigkeit bildete sie dort viele Maltherapeuten in der Methode des Begleiteten Malens aus. Sie absolvierte eine Ausbildung in Gestaltpsychotherapie am Gestalt Institute New York und erlangte ebenda 1988 den Titel Ph.D. in Psychologie.[3]

Die Zusammenarbeit mit dem Psychologen und Psychotherapeuten Jörg Merz seit den 1980er Jahren brachte neue Erkenntnisse und eine neue Methode hervor. Mit ihm gemeinsam entwickelte sie die Methode des Lösungsorientierten Malens (LOM). Einige zufällige Entdeckungen weckten die Neugier der beiden und führten sie zu der Annahme, dass es Bildkriterien gibt, die zur Lösung von belastenden Themen beitragen können. Sie verglichen Bilder in Bezug auf Gemeinsamkeiten und mögliche Wirkfaktoren. Sie fragten sich, wann ein Bild bei einer oder einem Malenden Veränderung anstösst und wann nicht. Egger und Merz fanden einzelne Kriterien heraus, wie ein Bild gemalt sein muss, damit es emotionale Veränderung initiiert, und entwickelten daraus hilfreiche Interventionen. Ihr Interesse galt der Entdeckung der Faktoren, die sowohl direkt beim Malen als auch durch das fertige Bild Gefühle wandeln können. Mit zunehmender Kenntnis der heilenden Aspekte von Bildern entwickelten sie die Methode des LOM. Diese macht es möglich, Anliegen gezielt über das Erstellen von Bildern zu klären. Die Wirksamkeit des LOM wurde von Beginn an systematisch erforscht. Dies erfolgte durch eine standardisierte Exploration anhand einer Werteskalierung sowie einer lückenlosen Dokumentation mit Einschätzung der empfundenen Belastung und den damit verknüpften Kognitionen.[4][5][6][7]

Durch die Forschungsergebnisse von Joseph LeDoux, US-amerikanischer Psychologe und Neurowissenschaftler, und der bis heute fortschreitenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Funktionsweise des menschlichen Gehirns wurden später auch die neuropsychologischen Zusammenhänge klar, und die Wirksamkeit des LOM konnte neuropsychologisch erklärt werden.[8][9]

Egger und Merz gründeten ein eigenes Institut in Zürich und bildeten gemeinsam von 1988 bis 2016 Therapeuten in dieser Methode des LOM aus. Seit 2017 hat Urs Hartmann die Weiterführung und Weiterentwicklung des Institutes übernommen.[1]

Zusammen mit Urs Hartmann entwickelte Bettina Egger die Personenorientierte Maltherapie (POM) und erweiterte somit das Begleitete Malen.[2] Seitdem bestehen beide Begriffe nebeneinander.[10][11]

Heute arbeiten europaweit Therapeuten mit der Methode des Lösungsorientierten Malens (LOM), als auch des Begleiteten Malens (BM) und des Personen Orientierten Malens (POM), sowie neue Ausbildungsinstitute, Netzwerke und Fortbildungen sind entstanden.[12][13]

Publikationen

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  • Faszination Malen. Zytglogge Verlag, Bern 1980, ISBN 978-3-7296-0106-2.
  • Bilder verstehen – Wahrnehmung und Entwicklung der bildnerischen Sprache. Zytglogge Verlag, Bern 1984, ISBN 978-3-7296-0183-3.
  • Malen als Lernhilfe. Zytglogge Verlag, Bern 1990, ISBN 978-3-7296-0150-5.
  • Die Heilkraft des Malens. Einführung in die Kunsttherapie von Walter Kraus. Verlag C. H. Beck, München 1996, ISBN 3-406-44157-2.
  • mit Regine Kottmann, Anja Muckle (Hrsg.): Gewalt ver-rückt die Seele. Verlag Psychiatrie und Geschichte Zwiefalten, 1996, ISBN 3-931200-02-7.
  • Ereignis Kunsttherapie. Zytglogge Verlag, Bern 2003, ISBN 978-3-7296-0660-9.
  • Der gemalte Schrei – Geschichte einer Maltherapie. Zytglogge Verlag, Bern 1991, ISBN 978-3-7296-0382-0.
  • Träume malen und verstehen. Zytglogge Verlag, Bern 1995, ISBN 978-3-7296-0513-8.
  • In: Heinz Walter (Hrsg.): Vater wer bist du? Auf der Suche nach dem «hinreichend guten» Vater. Klett-Cotta, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-608-89067-9
  • In: Wulf Rössler, Birgit Mattner: Kunst- und Ausdruckstherapien. Kohlhammer, Stuttgart 2013 (Artikel zum Lösungsorientierten Malen von Egger und Merz).
  • mit Jörg Merz: Lösungsorientierte Maltherapie. Verlag Hans Huber, Bern 2013, 2. Auflage, Hogrefe Verlag, Bern 2024, ISBN 978-3-456-85272-0.
  • Urformen des Malens. Hogrefe Verlag, Bern 2015, ISBN 978-3-456-85537-0.
  • mit Urs Hartmann: Personenorientierte Maltherapie. Verlag Hogrefe, Bern 2017, ISBN 978-3-456-85580-6.
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Einzelnachweise

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  1. a b Raumdarstellung nach Bettina Egger – Das Zusammenspiel von Körper-Ego und Geist-Ego. (PDF; 463 kB) In: uni-due.de. Abgerufen am 24. September 2024.
  2. a b Personenorientiertes Malen POM. In: beyou-malatelier.com. 27. Oktober 2023, abgerufen am 24. September 2024.
  3. «Es braucht einen Spielzugang, keinen Therapiezugang». (PDF; 1,1 MB) In: Curaviva. Nr. 4, 2016, S. 6–11, abgerufen am 24. September 2024 (Interview).
  4. Viviane Sterzer, Doppelfachärztin für Neurologie und für Psychiatrie und Psychotherapie: Retrospektive Analyse der Lösungsorientierten Maltherapie (LOM®) zur Behandlung von Patienten mit starken und langandauernden Belastungssituationen Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der gesamten Humanmedizin. Dissertation an der Uni Marburg. In: Archiv Uni Marburg. 2018, abgerufen am 17. September 2024.
  5. Pierre-Alain Clavien, Eva Breuer: Maltherapie für Menschen mit onkologischen Bauchoperationen. In: LOM international, Publikationen, Fachartikel. Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am Universitätsspital Zürich, 20. August 2020, abgerufen am 18. September 2024.
  6. Katina Kalpakidou: Lösungsorientierte Maltherapie LOM® bei traumatischen Erlebnissen. LOM Netzwerk Deutschland, Bücher/Publikationen, abgerufen am 18. September 2024.
  7. Laura Lang: LOM – Lösungsorientierte Maltherapie nach Egger und Merz. Eine künstlerisch-wissenschaftliche Untersuchung verbildlichter Emotionen. Bachelorarbeit von Laura Lang, Kunsttherapiestudentin der Alanus Hochschule. LOM Netzwerk Deutschland, Bücher/Publikationen, 23. Februar 2024, abgerufen am 18. September 2024.
  8. Joseph LeDoux: Angst. Wie wir Furcht und Angst begreifen und therapieren können, wenn wir das Gehirn verstehen. 1. Auflage. ecoWing, 2016, ISBN 978-3-7110-0089-7.
  9. Lisa Feldman Barrett: Wie Gefühle entstehen. Eine neue Sicht auf unsere Emotionen. 3. Auflage. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Hamburg 2024, ISBN 978-3-499-01105-4.
  10. Georg Franzen: Besprechung von: H. Majer, L. Niederreiter, T. Staroszynski (Hrsg.): «Kunstbasierte Zugänge zur Kunsttherapie. Potentiale der Bildenden Kunst für die kunsttherapeutische Theorie und Praxis.» 2014. In: Musik-, Tanz- und Kunsttherapie. Band 26, Nr. 3, Juli 2015, ISSN 0933-6885, S. 167–168, doi:10.1026/0933-6885/a000205.
  11. Institut für Humanistische Kunsttherapie AG Onlinevideo: Maltherapievideo auf YouTube, 22. September 2010, abgerufen am 25. September 2024.
  12. Über uns. LOM International, abgerufen am 25. September 2024.
  13. Was ist das LOM®-Netzwerk. Abgerufen am 25. September 2024.