Bettina Eichin

Schweizer Bildhauerin und Plastikerin

Bettina Eichin (* 16. Januar 1942 in Bern) ist eine Schweizer Bildhauerin.[1]

Bettina Eichin besuchte von 1960 bis 1964 die Kunstgewerbeschule Bern. 1964 schloss sie die Ausbildung als erste Steinmetzin der Schweiz ab, drei Jahre später schloss sie die Ausbildung als Steinbildhauerin ab.

1964 entstanden erste unabhängige Arbeiten auf Patmos, Figuren aus Lavagestein. 1965 hatte sie in Bern ihre erste Einzelausstellung. Während der Jahre 1965 bis 1966 arbeitete sie in der Münsterbauhütte Bern (Berner Münster) bei der Erneuerung der «Klugen und törichten Jungfrauen» am Hauptportal des Münsters mit. Sie beteiligte sich am Kampf um gleichen Lohn für Frauen und Männer als erstes weibliches Mitglied des Bau- und Holzarbeiterverbandes der Schweiz.

1966 restaurierte sie antike Skulpturen bei Ausgrabungen und in Museen auf Samos. 1967 erfolgte ihre Heirat mit dem österreichischen Archäologen Gerhard Hiesel (1941–2023); sie leistete Restaurierungsarbeiten bei der Ausgrabung im Kabirion bei Theben. Von 1967 bis 1977 entstanden eigene Arbeiten aus griechischem Marmor, Tessiner Cristallinamarmor und spanischem Kalkstein in Hamburg, Athen, Freiburg und Wildtal, Restaurierungsarbeiten bei Ausgrabungen in Tiryns. 1969 erfolgte die Geburt des Sohnes Florian.

Von 1972 bis 1980 verfolgte Eichin eine kulturpolitische Tätigkeit in Freiburg i. Br. für den Bundesverband Bildender Künstlerinnen und Künstler und für die Gewerkschaft Kunst im DGB. Sie war Vorsitzende von Südbaden, Landesvorsitzende von Baden-Württemberg und Mitglied des Bundesvorstandes im Einsatz für die Mitbestimmung der Künstlerinnen und Künstler auf allen politischen Ebenen und zur Einrichtung von Atelier- und Künstlerhäusern in Künstlerselbstverwaltung.

Eichin begann 1960 mit organisch abstrahierten figürlichen Arbeiten in Stein. Ihre späteren Steinskulpturen lösen sich von der figürlichen Abstraktion und tendieren zu einer fast ironisch vervielfältigten Symbolhaftigkeit. 1978 wendete sie sich der Kunst im öffentlichen Raum, dem Ausdrucksmittel des poetischen Realismus und dem Werkstoff Bronze zu. Die monumentalen Bronzefiguren, Stillleben und Ensembles für den öffentlichen Raum enthalten engagierte Botschaften, woraus sich erklärt, dass die Auftraggeber mit der Platzierung ihrer Werke oft Mühe bekunden.

Ihren Entwürfen geht eine intensive intellektuelle Auseinandersetzung mit dem selbstgewählten Thema und dem Ort voraus.[2] Künstlerisch zwischen Realismus und Objektkunst angesiedelt, haben die Werke durch wirksam eingesetzte Symbole und Texte Denkmalcharakter. Ikonografisch Vertrautes wird durch die Kombination mit Symbolen verfremdet. Bettina Eichin bedient sich, auch in den Stillleben und Objekten, trotz vordergründigem Realismus eines surrealen Gestaltungsprinzips. Die Modellierung ihrer Arbeiten für den direkten Bronzeguss (Wachsausschmelzverfahren) gibt den Unikaten eine unverwechselbare Handschrift.

1978 bekam sie Erste Preise bei den Wettbewerben «Mittlere Rheinbrücke Basel» und «Fußgängerzone Freiburg im Breisgau». Bettina Eichin arbeitet seit 1979 vorwiegend in Basel.

«Eines Tages verlässt Helvetia ein Zweifrankenstück, mischt sich unter das Volk und unternimmt eine längere Reise. Unterwegs kommt sie auch nach Basel. Nach einem anstrengenden Gang durch die Stadt stellt sie Schild, Speer und Koffer ab, legt den Mantel über die Brüstung und ruht sich aus und blickt nachdenklich rheinabwärts.»

Bettina Eichin, Texttafel zur Skulptur Helvetia auf der Reise

In den 1980er Jahren erhielt sie den Auftrag der Firma Sandoz, zum 100-jährigen Jahrestag ihrer Gründung eine Skulptur zu fertigen, die dann der Stadt Basel geschenkt werden sollte. Während der Arbeiten kam es zum Unglück auf dem Industriegelände Schweizerhalle und der folgenden Umweltkatastrophe. Eichin entschloss sich, ihr Konzept zu ändern und fertigte den zweiten Teil des Werkes Markttische mit einem Hinweis an die Katastrophe. Dadurch wurde ihr der Auftrag entzogen und das Werk konnte nur provisorisch untergebracht werden, bis es 2010 den endgültigen Standort im kleinen Kreuzgang des Basler Münsters fand.[3][4][5][6]

Ihre Werke im öffentlichen Raum sind Menetekel, rufen unerfüllte und beschädigte Ideale in Erinnerung. Schwerpunkte der Arbeit waren Frauen, Stillleben, Texte, Öffentliche Ankäufe, Ausstellungen im In- und Ausland.

 
Markttische, Tisch mit Obst und Gemüse, Detail, Kreuzgang des Münsters Basel, 1986
 
Verena-Brunnen im Kurpark Zurzach, 1990
 
Die neun Musen im Kollegiengebäude III der Universität Freiburg, 1978–1998
 
Die neun Musen
  • 1978–1998: «Die neun Musen» - Foyer des Kollegiengebäude III der Universität Freiburg
  • 1979: Ausführung «Helvetia auf der Reise», Basel[7]
  • 1982: «Schlafende Muse», große Stillleben in Bronze
  • 1984: Auftrag der Stadt Freiburg für «Neun Musen»
  • 1986: Markttische, Stillleben, Kreuzgang Basler Münster
  • 1990: Verena-Brunnen im Kurpark Zurzach
  • 1994: Kleiner Brunnen gegen die Zollfreistrasse in Riehen
  • 1995: Brunnen für Matthias von Neuenburg, Neuenburg am Rhein
  • 1997: «Mnemosyne» Gemeinschaftsgrab Friedhof Blözen in Pratteln
  • 1997–2007: Auftrag und Arbeit am Menschenrechtsdenkmal Basel
  • 2000: «Menschenrechte 1776, 1789, 1791», 2000–2005 in der Galérie des Alpes, Bundeshaus, Bern; Heute in einem Kunstlager des Bundes.[8][9]
  • 2001: Muse II (Abformung) Schosshaldenfriedhof, zur Erinnerung an die Eltern. Geschenk an die Stadt Bern.
  • 2002: Erinnerung an Peter Ochs, Predigerkirche Basel

Auszeichnungen

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  • 1978: 1. Preis beim Wettbewerb Mittlere Rheinbrücke Basel
  • 1978: 1. Preis für die Fussgängerzone Freiburg im Breisgau
  • 2005: Gleichstellungspreis beider Basel

„Es gibt kaum mehr Bildhaueraufträge für Kunst im öffentlichen Raum. Bildhauerei wie ich sie betreibe, ist wenig gefragt, wird als „Möblierung“ abgewertet und als überflüssig abgetan. Grosse Aufträge, die einen Künstler oder eine Künstlerin über längere Zeit beschäftigen, gibt es kaum mehr. Gefragt sind Konzepte mit kurzfristigen Interventionen im öffentlichen Raum, die kommen und gleich wieder verschwinden, ohne Spuren zu hinterlassen. Die Architekten sind heute die Bildhauer. Mit ihren Grossobjekten stellen sie die Skulpturen im öffentlichen Raum und binden die Finanzmassen. Plätze, Parkanlagen und Brunnen werden heute nicht mehr mit KünsterInnen gestaltet. Sie werden heute von den Architekten und Gestaltern selbst designed. Was ich mit Bild, Form, Inhalt und Aussage mache, würde das reine Design stören.“

Bettina Eichin: xecutives.net[2]

Literatur

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Commons: Bettina Eichin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Lebensdaten zu Bettina Eichin. In: Sikart, Lexikon zur Kunst in der Schweiz.
  2. a b Siehe Christian Düblins ausführliches Gespräch mit Bettina Eichin in: Monatsinterview Dezember: Bettina Eichin 2010, Plattform Xecutives.net (unter Weblinks).
  3. Christian Düblin: Monatsinterview Dezember: Bettina Eichin, Plattform Xecutives.net, 2010, online auf: xecutives.net/… (Memento vom 23. Mai 2016 im Internet Archive)
  4. Annette Mahro: Skulptur erhält Bleiberecht ohne Frist, in: Badische Zeitung, 3. Dezember 2010, online auf: badische-zeitung.de/…
  5. Peter Knechtli: Die «Markttische» gehören jetzt der Basler Bevölkerung, in: OnlineReports, 1. Dezember 2010, online auf: onlinereports.ch/Gesellschaft/…
  6. Peter Knechtli: Münster-Kreuzgang soll endgültige Heimat der Eichin-Tische werden, in: OnlineReports, 26. Oktober 2007, online auf: onlinereports.ch/Kultur/…
  7. Zu einigen ihrer Werke siehe Interview von Christian Düblin 2010.
  8. Stefan Howald: Menschenrechte im Zwischenlager. In: woz.ch. Genossenschaft Infolink WOZ Die Wochenzeitung, 17. Januar 2017, abgerufen am 2. März 2020: „Im Bundeshaus überflüssig“
  9. Menschenrechte im Bundeshaus 1776,1789,1791. In: menschenrechtsdenkmal.ch. Abgerufen am 2. März 2020: „...die Skulptur Menschenrechte im Bundeshaus 1776,1789,1791, sie stand von 2000 - 2005 in der Galerie des Alpes im Bundeshaus. Dann fiel sie einem Verdikt der Eidgenössischen Kunstkommission zum Opfer und wurde ausgelagert.“