Binomische Reihe
Die binomische Reihe oder Binomialreihe ist eine Potenzreihe der Form
- ,
wobei . Ihre Koeffizienten sind die verallgemeinerten Binomialkoeffizienten der Analysis.[1]
Man erhält die binomische Reihe als (formale) Taylorentwicklung der Funktion mit Entwicklungspunkt .
Konvergenz
BearbeitenDas Konvergenzverhalten der binomischen Reihe hängt vom Exponenten und den Werten für ab.
Natürliche Exponenten
BearbeitenIst eine natürliche Zahl, so bricht die Reihe nach dem Glied mit ab, da für alle gilt. Somit handelt es sich dann um ein (endliches) Polynom. Für jedes gilt dem binomischen Lehrsatz zufolge
- .
Nicht-natürliche Exponenten
BearbeitenFalls , so handelt es sich um eine „echte“ (d. h. unendliche) Reihe. Die binomische Reihe konvergiert dann für alle mit gegen die Funktion, aus der sie entwickelt wurde:[1]
- .
Verhalten auf dem Rand des Konvergenzkreises
BearbeitenIst und , so gilt:
- Die Reihe konvergiert genau dann absolut, wenn oder ist ( bezeichnet den Realteil von ).
- Für alle auf dem Rand konvergiert die Reihe genau dann, wenn ist.
- Für konvergiert die Reihe genau dann, wenn oder ist.
Verallgemeinerung
BearbeitenEtwas allgemeiner kann man für die folgende Reihe betrachten:
Diese konvergiert für und entspricht dann der Funktion .[2]
Dieses Ergebnis erhält man, indem man das Binom schreibt als und darauf die obige Formel anwendet.
Geschichte
BearbeitenVermutlich wurde die Binomialreihe für ganze positive Elemente, d. h. eine Reihenformel für Zahlen der Form bereits vom persischen Mathematiker Omar Chayyām (1048–1131) entdeckt. Einige Mathematiker vermuten, dass sie aufgrund seiner Kenntnis der Berechnung von Binomialkoeffizienten auch dem chinesischen Mathematiker Zhu Shijie (1260–1320) bekannt war.[3]
Isaac Newton entdeckte im Jahre 1669, dass die binomische Reihe für jede reelle Zahl und alle reellen im Intervall das Binom darstellt, lieferte jedoch nie einen Beweis für diese Aussage. Für ihn gab es genug numerische und experimentelle Evidenz, um von ihrer Richtigkeit überzeugt zu sein.[4] Niels Henrik Abel betrachtete 1826 die binomische Reihe für komplexe . Er bewies, dass sie den Konvergenzradius 1 besitzt, falls gilt.[3]
Spezialfälle
BearbeitenGeometrische Reihe
BearbeitenFür erhält man
- .
Ersetzt man noch durch , so folgt hieraus die bekannte Darstellung der geometrischen Reihe:
- .
Reihenentwicklungen für Wurzelausdrücke
BearbeitenFür erhält man
- .
Diese Formel wurde schon von Henry Briggs bei der Berechnung seiner Logarithmen entdeckt.[4] Hiermit eng verwandt ist die Formel, die man für erhält:
- .
Literatur
Bearbeiten- Otto Forster: Analysis Band 1: Differential- und Integralrechnung einer Veränderlichen. 12. Aufl., Springer, Wiesbaden 2016, ISBN 3-528-67224-2, S. 293–300.
- Richard Courant: Vorlesungen über Differential- und Integralrechnung 1. 4. Aufl., Springer, Berlin / Heidelberg 1971, ISBN 3-540-05466-9, S. 298–306.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Herbert Amann, Joachim Escher: Analysis I. 3. Auflage. Birkhäuser, 2006, ISBN 3-7643-7755-0, S. 401–402.
- ↑ Eric W. Weisstein: Binomial Series. In: MathWorld (englisch).
- ↑ a b J. L. Coolidge: The Story of the Binomial Theorem. In: The American Mathematical Monthly, März 1949, Band 56, Nr. 3, S. 147–157 (JSTOR)
- ↑ a b Thomas Sonar: 3000 Jahre Analysis. 2. Auflage. Springer, Berlin / Heidelberg 2016, ISBN 978-3-662-48917-8, S. 310.