Bismarckhering

Eingelegte marinierte Heringslappen

Als Bismarckhering (in der DDR Delikateßhering) werden Heringslappen bezeichnet, die in eine saure Marinade aus Essig, Speiseöl, Zwiebeln, Senfkörnern und Lorbeerblättern eingelegt sind. Diese Heringslappen werden auch für Rollmöpse verwendet. Der Bismarckhering wird traditionell mit Bratkartoffeln sowie als Brot- oder Brötchenbelag (Bismarckbrötchen) gegessen.

Bismarckhering mit Bratkartoffeln und Spiegelei
Bismarckhering im Brötchen
Bismarckhering mit Sauerrahm, Kartoffeln und Ei
Der Fischhändler Rasmus überreichte George W. Bush ein Fass mit Bismarckheringen bei dessen Besuch in Stralsund im Juli 2006.

Herstellung

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Als Sauerlappen bezeichnet man frisch eingesäuerte Heringslappen, also ausgenommenen und entgräteten Hering,[1] in einem Reifebad gewürzt bzw. ungewürzt unter Verwendung von 14 % Salz und 7 % Essigsäure (klassische deutsche Rezeptur). Das Resultat ist ein Rohstoff für die Feinkostindustrie zur Herstellung verschiedener Heringsprodukte. Die Sauerlappen sind erst nach einiger Zeit in einem sogenannten Veredelungsbad zum Verzehr geeignet. In Skandinavien wird der Sauerlappen traditionsgemäß unter Verwendung eines leicht vorgesalzenen Heringslappens in einem Essigbad hergestellt. Dieses führt zu einem festeren Endprodukt und einem frischeren Aussehen, zum Beispiel von Heringshappen in Gläsern.

Die Herstellungsweise war im 19. Jahrhundert eine neue Möglichkeit, Fisch lange haltbar und trotzdem wohlschmeckend zu konservieren. Wesentlich war in diesem Zusammenhang auch das zu dieser Zeit entstehende Eisenbahnnetz, das es ermöglichte, von Nord- und Ostseeküste in Holzfässern der Haltbarkeit wegen sauer eingelegte Fische ins Binnenland zu transportieren. Ein weiterer Vorteil der Essigkonservierung ist, dass sich kleine Gräten auflösen, was den Verzehr vereinfacht.

Ursprung des Namens

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Der Name Bismarckhering bezieht sich auf den deutschen Reichskanzler Otto von Bismarck (1815–1898). Er schätzte die so zubereiteten Heringe sehr und soll gesagt haben: „Wenn Heringe genau so teuer wären wie Kaviar, würden ihn [sic!] die Leute weitaus mehr schätzen.“[2] Ähnlich äußerte sich Roger Rössing, der Bismarck mit den Worten zitiert: „Wenn der Hering so teuer wie der Hummer wäre, gälte er mit Sicherheit in den höchsten Kreisen als Delikatesse“[3] Ernst Schweninger, Dermatologieprofessor und Leibarzt Bismarcks, verordnete dem – aufgrund einer ungesunden Ernährungsweise – chronisch kränklichen Reichskanzler in den 1880er Jahren eine Heildiät aus den berühmten Bismarckheringen, die ihn vollständig genesen ließ. Dieser urteilte: Schweninger sei der erste Arzt, der ihn behandelt habe, die anderen habe er stets behandelt.[4]

Wie die Benennung genau zustande kam, dazu gibt es verschiedene Geschichten, die – marketingbegründet – immer wieder kontrovers diskutiert werden. Insbesondere zwei konkrete Ereignisse werden in diesem Zusammenhang immer wieder genannt:

  • Während des Deutsch-Dänischen Krieges 1864 machte Bismarck einen Frontbesuch. Es soll ein Wirt aus Flensburg gewesen sein, der Bismarck seinen Hering servierte. Nachdem sich dieser sehr zufrieden mit der Heringszubereitung geäußert hatte, führte der Wirt den Fisch fortan als Bismarckhering auf seiner Speisekarte.[5]
  • Einer weiteren Geschichte zufolge soll der Stralsunder Fischhändler Johann Wiechmann 1871 dem Reichskanzler ein Fässchen mit Hering zugesandt haben, worauf Bismarck ihm schriftlich das Privileg erteilt habe, die sauer eingelegten Heringsfilets künftig als Bismarckhering zu vermarkten.[6] Das besagte Beweisschreiben Bismarcks ist jedoch, so heißt es, durch den Bombenangriff auf Stralsund am 6. Oktober 1944 vernichtet worden.[7] Im Jahr 2008 bestätigten Angehörige der Familie von Bismarck, dass diese nach dem Rezept von Johann Wiechmann eingelegten Heringsfilets auch weiterhin Bismarckhering genannt werden dürfen.[8]

Die Kulturhistorikerin und Journalistin Petra Foede meint in Wie Bismarck auf den Hering kam – Kulinarische Legenden, dass wahrscheinlich keine dieser Anekdoten stimmt; vielmehr wäre es zur fraglichen Zeit üblich gewesen, alles Mögliche nach dem Reichskanzler zu benennen (Bismarcktürme, Bismarckdenkmale, Schiffe usw.), so auch verschiedene Gerichte. Nach Foede habe nur das Heringsgericht die Zeit überdauert und wird noch heute so genannt.[9]

Sonstiges

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Da in der DDR Bezüge auf den Reichskanzler politisch nicht gewollt waren, wurde in der DDR-Küche der Begriff Delikateßhering verwendet.[10]

Der Bismarckhering ist nur eines (wenngleich das in Deutschland bekannteste) von vielen Beispielen, bei denen der Name Bismarck im kulinarischen Bereich heute noch international Verwendung findet. Unmittelbar vom Bismarckhering abgeleitet ist der Bismarck-Salat. Es gibt indes beispielsweise auch Spargel[11], Seezunge und Ragout à la Bismarck[12] sowie als Süßspeisen die Bismarcktorte[13] und die Bismarck-Eiche (eine Biskuitrolle). Auch mindestens zwei italienische Gerichte sind nach dem Reichskanzler benannt, nämlich die Pizza alla Bismarck[14] und das Bistecca alla Bismarck[15]. Eine Variante des aus Großbritannien stammenden Cocktails Black Velvet trägt ebenfalls den Namen Bismarck.[16][17]

Literatur

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  • Petra Foede: Wie Bismarck auf den Hering kam. Kulinarische Legenden. Kein & Aber, Zürich 2009, ISBN 978-3-0369-5268-0
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Wiktionary: Bismarckhering – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Bismarckhering – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. Thomas Morgenstern, Anne Kirchmann: Reise Know-How InselTrip Rügen und Hiddensee mit Stralsund. 2006, S. 22
  2. Joachim Heimansberg: Brockhaus! Was so nicht im Lexikon steht. Kurioses und Schlaues aus allen Wissensgebieten. Brockhaus, ISBN 3-7653-1551-6, S. 255 f.
  3. Roger Rössing: Wie der Hering zu Bismarcks Namen kam - Unbekannte Geschichten zu bekannten Begriffen, Regionalia-Verlag 2013, ISBN 978-3-95540-103-0, Seite 107
  4. Gerhard Danzer: Wer sind wir? Auf der Suche nach der Formel des Menschen: Anthropologie für das 21. Jahrhundert – Mediziner, Philosophen und ihre Theorien, Ideen und Konzepte. ISBN 3-642-16992-9, S. 324.
  5. Wie Fürst Bismarck zu seinem Hering kam. Welt Online, 3. November 2012 sowie Bismarckhering. Planet Wissen, 21. März 2017; jeweils abgerufen am 9. Juli 2017
  6. Lisa Böse, geb. Wiechmann (Urenkelin): Über die Erfindung des Bismarckherings. In: Internetpräsenz des Fischhändlers H. Rasmus, Stralsund. Februar 2001, archiviert vom Original am 23. Januar 2017; abgerufen am 23. Januar 2017.
  7. Wie Fürst Bismarck zu seinem Hering kam. Welt Online, 3. November 2012; abgerufen am: 9. Juli 2017
  8. Original Stralsunder Bismarckhering • RASMUS - Fischhandel Stralsund. Abgerufen am 2. September 2022.
  9. Petra Foede: Wie Bismarck auf den Hering kam. Kulinarische Legenden. Kein & Aber, Zürich 2009, ISBN 978-3-0369-5268-0
  10. Ost- und Mitteldeutsche Küche. In: Vegan Taste Week. 21. April 2021, abgerufen am 26. Dezember 2024 (deutsch).
  11. Spargel à la Bismarck. In: Requiem - Kochbuch. Abgerufen am 26. Dezember 2024.
  12. Bayerischer Rundfunk: Warum Speisen so heißen: Bismarckhering. 26. September 2014 (br.de [abgerufen am 26. Dezember 2024]).
  13. Bismarcktorte. In: Kochmeister Rezept. Abgerufen am 26. Dezember 2024.
  14. Pizza alla Bismark, la ricetta originale e 3 varianti deliziose. 26. Mai 2020, abgerufen am 26. Dezember 2024 (italienisch).
  15. Ricetta Bistecca alla Bismarck. In: Donna moderna. Abgerufen am 26. Dezember 2024 (italienisch).
  16. Black Velvet Cocktail Recipe. Abgerufen am 26. Dezember 2024 (englisch).
  17. Bismarck. In: eCocktail | Die Cocktail-Datenbank mit über 14.400 Cocktail-Rezepten. Abgerufen am 26. Dezember 2024.