Blätterröhrlinge

Gattung der Familie Dickröhrlingsverwandte (Boletaceae)

Die Blätterröhrlinge (Phylloporus[1]) sind eine Pilzgattung aus der Familie der Dickröhrlingsverwandten (Boletaceae). Dabei handelt es sich um eine Gruppe von Röhrlingen, deren Fruchtkörper auf der Hutunterseite keine Röhrenschicht („Schwamm“), sondern mehr oder weniger stark ausgeprägte Lamellen („Blätter“) aufweisen. Die Typusart ist das Europäische Goldblatt (Phylloporus pelletieri).[2] Diese einzige in Europa vorkommende Art wurde von europäischen Autoren lange Zeit zu den Filzröhrlingen (Xerocomus) gezählt. Der Verbreitungsschwerpunkt der Blätterröhrlinge liegt auf dem amerikanischen und afrikanischen Kontinent, auch in Asien und Australien kommen Arten vor. Sie leben mit verschiedenen Bäumen in Symbiose.

Blätterröhrlinge

Europäisches Goldblatt (Phylloporus pelletieri)

Systematik
Unterklasse: Agaricomycetidae
Ordnung: Dickröhrlingsartige (Boletales)
Unterordnung: Boletineae
Familie: Dickröhrlingsverwandte (Boletaceae)
Unterfamilie: Xerocomoideae
Gattung: Blätterröhrlinge
Wissenschaftlicher Name
Phylloporus
Quél.

Merkmale

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Makroskopische Merkmale

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Die Fruchtkörper besitzen eine trockene, matte und filzige Hutoberfläche und auf der Hutunterseite eine lamellenartige Struktur (Hymenophor). Die Lamellen sind an zahlreichen Stellen querverbunden (anastomisiert) und laufen am Stiel schwach bis normal herab. Das Sporenpulver ist braun mit einem oliven Farbton. Die Stieloberfläche ist teils mit sehr kleinen Körnchen bedeckt. Das kompakte Stielfleisch (Trama) fasert in Längsrichtung auf. Es gibt weder ein Teilvelum noch einen Ring (Annulus).[1]

Mikroskopische Merkmale

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Röhrlingsartige (boletoide) Sporen von Phylloporus boletinoides im Lichtmikroskop

Die Hutdeckschicht ist ein Trichoderm, dessen Pilzfäden (Hyphen) manchmal im Alter teilweise kollabieren. Die Lamellentrama ist phylloporoid mit Randschichten aus nicht-gelatinisierten Hyphen, die sich gegenseitig berühren. Die röhrlingsartig geformten (boletoiden) Sporen erscheinen in der Vorderansicht spindelig-elliptisch, im Profil ungleich. Das Europäische Goldblatt, die einzige europäische Art dieser Gattung, besitzt eine bazillenartige („bacillate“[A 1]) Sporenoberfläche. Ein großer Teil des Stiels ist mit einer schrittweise fragmentierenden Fruchtschicht (Caulohymenium) aus spärlich verstreuten sporentragenden Ständern (Basidien) bekleidet. Jene Bereiche sehen mit bloßem Auge aus wie sehr kleine Körnchen. Die Oberfläche der Stielbasis ist hingegen steril und haarig-filzig mit wirren Fäden bekleidet (Tomentum). Bei P. pelletieri tritt wahrscheinlich keine ausgeprägte seitliche Stielschicht auf. Im gesamten Fruchtkörper konnten keine Schnallenverbindungen gefunden werden.[1][3]

Ökologie

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Die Blätterröhrlinge bilden mit verschiedenen Bäumen Ektomykorrhiza (siehe Tabelle im Abschnitt „Arten“).

Verbreitung

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In Europa ist nur das Europäische Goldblatt (Phylloporus pelletieri) heimisch. Den Schwerpunkt haben die Blätterröhrlinge auf dem amerikanischen und afrikanischen Kontinent.

Bis auf das Europäische Goldblatt (Phylloporus pelletieri) stammen die nachstehend gelisteten Taxa aus Afrika, Amerika, Asien und Australien.[4][5][6][7]

Blätterröhrlinge (Phylloporus) weltweit
Wissenschaftlicher Name Autorenzitat Verbreitung Symbiosepartner
Phylloporus alborufus Neves & Halling 2010 Costa Rica Eichen
Phylloporus arenicola A.H. Smith & Trappe 1972 USA Kiefern
Phylloporus aurantiacus Halling & G.M. Mueller 1999 Costa Rica Eichen
Phylloporus australiensis Watling 1991 Queensland
Phylloporus bellus (Massee 1914) Corner 1971 Costa Rica, Mexiko Eichen, Scheinkastanien
Phylloporus bogoriensis Höhnel 1914 Singapur Zweiflügelfruchtbäume
Phylloporus boletinoides A.H. Smith & Thiers 1964 Belize, USA Eichen, Kiefern
Phylloporus caballeroi Singer 1973 Argentinien, Bolivien, Costa Rica, Panama Anden-Erle, Alnus acuminata
Phylloporus centroamericanus Singer & L.D. Gómez 1984 Costa Rica, Mexiko Eichen
Phylloporus clelandii Watling 1991 Westaustralien Roter Eukalyptus
Phylloporus colligatus Neves & Henkel 2010 Guyana Dicymbe
Phylloporus curvatus Neves & Halling 2007 Thailand Scheinkastanien
Phylloporus cyanescens (Corner 1971) Neves & Halling 2007 Australien, Malaysia Eichen, Scheinkastanien
Phylloporus depressus Heinemann 1953 Zaire Johannisbrotgewächse
Phylloporus dimorphus Neves & Halling 2007 Thailand Scheinkastanien
Phylloporus fibulatus Singer, Ovrebo & Halling 1990 Kolumbien Anden-Eiche
Phylloporus flavidulus Corner 1971 Borneo Buchengewächse
Phylloporus flavipes Rick 1937 Brasilien unbekannt
Phylloporus foliiporus (Murrill 1943) Singer 1978 Japan, USA Eichen, Kiefern
Phylloporus gomphidioides Heinemann & Rammeloo 1986 Burundi Johannisbrotgewächse
Phylloporus guanacastensis L.D. Gómez 1997 Costa Rica unbekannt
Phylloporus guzmanii Montoya & Bandala-Muñoz 1991 Mexiko Eichen, Kiefern
Phylloporus gymnocystis Singer 1989 Brasilien Hülsenfrüchtler
Phylloporus hyperion (Cooke & Massee 1888) Singer 1962 Australien Kasuarinen
Phylloporus incarnatus Corner 1971 Singapur Buchengewächse
Phylloporus infuscatus Neves & Halling 2007 Thailand Scheinkastanien
Phylloporus leucomycelinus Singer 1978 Australien (?), USA Buchen, Eichen, Eukalypten
Phylloporus luteobasalis Heinemann & Rammeloo 1987 Kongo Johannisbrotgewächse
Phylloporus luxiensis M. Zang 1978 China unbekannt
Phylloporus manausensis Singer 1978 Brasilien Neea, Wolfsmilchgewächse
Phylloporus nigrescens Heinemann & Rammeloo Zaire Johannisbrotgewächse
Phylloporus novae-zelandiae McNabb 1971 Neuseeland Scheinbuchen
Phylloporus ochraceobrunnescens Corner 1971 Malaysia Buchengewächse
Phylloporus orientalis Corner 1971 Australien, Borneo, Singapur Buchengewächse, Myrtengewächse
Phylloporus orientalis var. brevisporus Corner 1971 Singapur Akazien, Allocasuarina (?), Eukalypten, Kasuarinen
Phylloporus parvisporus Corner 1971 Singapur Buchengewächse
Phylloporus pelletieri (Léveillé 1867) Quélet 1888 Europa Buchen, Fichten, Kastanien, Kiefern, Lärchen
Phylloporus phaeosporus Corner 1971 Borneo Buchengewächse
Phylloporus phaeoxanthus Singer & L.D. Gómez 1984 Costa Rica, Kolumbien, Mexiko Eichen
Phylloporus phaeoxanthus var. simplex Singer & L.D. Gómez 1984 Costa Rica Eichen
Phylloporus pratensis Rick 1960 Brasilien unbekannt
Phylloporus pseudopaxillus Heinemann & Rammeloo 1987 Kenia Johannisbrotgewächse
Phylloporus pumilus Neves & Halling 2007 Indonesien Zweiflügelfruchtbäume
Phylloporus purpurellus Singer 1973 Costa Rica, Kolumbien Eichen
Phylloporus purpureus (Beeli 1926) Heinemann 1951 Zaire Johannisbrotgewächse
Phylloporus purpureus var. ambiguus Heinemann 1951 Burundi, Zaire Johannisbrotgewächse
Phylloporus rhodophaeus Heinemann & Rammeloo 1987 Zaire Johannisbrotgewächse
Phylloporus rhodoxanthus (Schweinitz 1822) Bresadola 1900 USA Buchen, Eichen
Phylloporus rubiginosus Neves & Halling 2007 Thailand Scheinkastanien, Zweiflügelfruchtbäume
Phylloporus rubriceps Corner 1971 Borneo Buchengewächse
Phylloporus rufescens Corner 1971 Singapur Buchengewächse
Phylloporus scabripes Ortiz-Santana & Neves 2007 Belize Kiefern, Eichen
Phylloporus scabrosus M. Zang 1978 China unbekannt
Phylloporus squamosus Corner 1974 Malaysia Eichen
Phylloporus stenosporus Corner 1974 Malaysia Eichen
Phylloporus sulcatus (Patouillard 1909) E.-J. Gilbert 1931 Indochina unbekannt
Phylloporus testaceus Heinemann & Goossens-Fontana 1951 Zaire Johannisbrotgewächse
Phylloporus testaceus var. bisporus Heinemann 1951 Zaire Johannisbrotgewächse
Phylloporus tubipes Heinemann 1951 Kongo Johannisbrotgewächse
Phylloporus tunicatus Corner 1971 Malaysia Buchengewächse
Phylloporus veluticeps (Saccardo 1891) Pegler & T.W.K. Young 1981 Australien unbekannt
Phylloporus viridis (Berkeley 1856) Singer 1964 Brasilien unbekannt

Verwandtschaft und Systematik

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Briefmarke aus Moldawien

Die Blätterröhrlinge stellen in der Familie der Dickröhrlingsverwandten (Boletaceae) eine Besonderheit dar, weil ihre Fruchtkörper eher Lamellen als ein röhrenartiges Hymenophor ausbilden. Andere Fruchtkörpermerkmale, die Sporen-Morphologie sowie die chemischen und molekulargenetischen Daten stützen jedoch die Zugehörigkeit der Gattung zu den Dickröhrlingsartigen. Von einigen Autoren wie Ladurner & Simonini (2003) werden die Blätterröhrlinge in die Gattung der Filzröhrlinge (Xerocomus) eingegliedert.[8] Binders (1999) molekularen Untersuchungsergebnissen zufolge ist Phylloporus eine Schwestergruppe der Filzröhrlinge – jene Gattung umfasst die Arten um die Ziegenlippe (Xerocomus subtomentosus).[9] Maria-Alice Neves (2007) sieht in Phylloporus zudem eine monophyletische Gruppe, die von den Filzröhrlingen abzutrennen ist.[5]

Trotz mehrerer breit angelegter phylogenetischer Studien der Boletaceae ist die verwandtschaftliche Position der Blätterröhrlinge innerhalb der Familie unklar. Früher umfasste die Gattung lediglich eine europäische und eine amerikanische Art. Obwohl die meisten Gattungsvertreter in tropischen Gebieten vorkommen, wurden diese in den Studien vor 2007 nicht berücksichtigt. Neves stellt in ihrer Dissertation 26 Arten aus verschiedenen Erdteilen vor, darunter 19 tropische Taxa. Insgesamt beschrieb sie 7 Arten neu, 2 Arten erhielten in einer späteren Arbeit (2010) einen Namen.[6] Darüber hinaus klärte die Mykologin die Nomenklatur um den Artkomplex von Phylloporus rhodoxanthus auf.[5]

Anmerkung

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  1. Der Begriff „bacillate“ („bacillées“ auf Französisch) wurde von Heinemann und seinen Mitarbeitern für das feine, aber sehr charakteristische Sporenornament geprägt, das im Rasterelektronenmikroskop zu erkennen ist. Die Sporenoberfläche sieht aus, als wäre sie mit stabförmigen Bakterien (Bazillen) bedeckt. Diese bacillate Ornamentik ist mit ca. 10.000–15.000-facher Vergrößerung auch bei der Ziegenlippe (Xerocomus subtomentosus) und mit 30.000-facher oder höherer Vergrößerung beim Braunen Filzröhrling (X. ferrugineus) nachweisbar.

Literatur

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  • Markus Flück: Welcher Pilz ist das? 3. Auflage. Franckh-Kosmos-Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-440-11561-9, S. 133.

Einzelnachweise

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  1. a b c Josef Šutara: Xerocomus s. l. in the light of the present state of knowledge. In: Czech Mycology. Band 60, Nr. 1. Czech Scientific Society for Mycology, 2008, ISSN 0009-0476, S. 29–62 (natur.cuni.cz [PDF; 860 kB; abgerufen am 19. Dezember 2014]). natur.cuni.cz (Memento des Originals vom 12. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/web.natur.cuni.cz
  2. Lucien Quélet: Flore mycologique de la France et des pays limitrophes. 1888, S. 1–492.
  3. Josef Šutara: Central European genera of the Boletaceae and Suillaceae, with notes on their anatomical characters. In: Czech Mycology. Band 57, Nr. 1–2. Czech Scientific Society for Mycology, 2005, ISSN 0009-0476, S. 1–50 (englisch, Zusammenfassung [PDF]). Zusammenfassung (Memento des Originals vom 19. Dezember 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.czechmycology.org
  4. Roy Watling, Norma M. Gregory: Observations on the boletes of the Cooloola Sand-mass, Queensland and notes on their distribution in Australia: Part 3. Lamellate taxa. In: Edinburgh Journal of Botany. Band 48, Nr. 3, 1991, S. 353–391, doi:10.1017/S0960428600003085.
  5. a b c Maria Alice Neves: Toward a revision of the genus Phylloporus (Boletaceae): Systematics and phylogeny of species from various parts of the world. City University of New York, 2007 (Dissertation).
  6. a b Maria Alice Neves, Roy E. Halling: Study on species of Phylloporus I: Neotropics and North America. In: Mycologia. Band 102(4), 2010, S. 923–943, doi:10.3852/09-215.
  7. Maria Alice Neves, Manfred Binder, Roy Halling, David Hibbett, Kasem Soytong: The phylogeny of selected Phylloporus species, inferred from NUC-LSU and ITS sequences, and descriptions of new species from the Old World. In: Fungal Diversity. Band 55, 2012, S. 109–123, doi:10.1007/s13225-012-0154-0.
  8. Heidi Ladurner, Giampaolo Simonini: Xerocomus s. l. In: Fungi Europaei. Band 8. Edizioni Candusso, Alassio (Italien) 2003, ISBN 88-901057-2-0 (527 S.).
  9. Manfred Binder: Zur molekularen Systematik der Boletales. Boletineae und Sclerodermatineae subordo nov. Universität Regensburg, 1999 (Dissertation).
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Commons: Blätterröhrlinge (Phylloporus) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Michael Kuo: The Genus Phylloporus. In: MushroomExpert.com. 2003, abgerufen am 27. Dezember 2012 (Gattungsporträt inklusive Schlüssel der nordamerikanischen Arten).