Bolta Werke

deutsches Unternehmen

Die Bolta Werke GmbH in Diepersdorf bei Nürnberg war ein deutsches Unternehmen, das sich mit Entwicklung und Fertigung von technischen und oberflächenveredelten Spritzgussteilen aus Kunststoff, Galvanotechnik, Lackieren und Montage beschäftigt. Die Firma hatte mehr als 1.200 Mitarbeiter.[2]

Bolta Werke GmbH

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Rechtsform Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Gründung 1921
Auflösung 2022
Auflösungsgrund Insolvenz und Übernahme
Sitz Leinburg, Deutschland
Leitung Christian Falk
Mitarbeiterzahl > 1.200 (30. Januar 2015)
Umsatz 179,6 Mio. €[1]
Branche Automobilindustrie
Website www.bolta.com

Laut Selbstdarstellung zählte die Bolta zu den drei größten galvanischen Betrieben seiner Art weltweit und war Europas Kunststoffgalvaniseur Nummer 1.[3]

Geschichte

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Bolta wurde 1921 in Nürnberg durch Johannes Bolten (1893–1982) gegründet, zunächst um Kämme aus Bakelit herzustellen.[2] Bolten wanderte 1929 nach Amerika aus, wo der aktive evangelikale Christ als John Bolten amerikanischer Staatsbürger und ein erfolgreicher Geschäftsgründer sowie -manager wurde. Dabei gab er die Bolta-Werke in Nürnberg nicht auf.[4] Ab 1936 stellten die Bolta-Werke Fotoapparate her (Boltavit, Photavit).[5] Nach der Kriegserklärung gegen Amerika 1941 verlor Bolten den Zugriff auf seine Firma, die als kriegswichtiger Betrieb weiter Kameras herstellte – wahrscheinlich unter Einsatz von Zwangsarbeitern. Nach Kriegsende verlangte deshalb die Sowjetunion den Maschinenpark als Reparationen. John Bolten gelang es von Amerika aus, das zu verhindern und die Produktion der Bolta-Werke bereits kurz nach Kriegsende wieder in Gang zu bringen.[6]

Ab 1950 kamen zur Produktionspalette der Bolta-Werke Haushaltsartikel aus Kunststoff, ab 1952 Kunststoffprofile (PVC) und Kunststofffäden (PVdC).[2] 1958 wurde die Tochterfirma Bolta Industrie- und Bauprofile in Schönberg (Niederbayern) gegründet.[7] Aus Platz- und Kapazitätsgründen zog Bolta 1964 in das nahe gelegene Diepersdorf um. Hier wurde ein komplett neues Werk (das heutige Werk 1) errichtet. Nach diesem Umzug erfolgte die Spezialisierung auf oberflächenveredelte Spritzgussbauteile für den Automobil- und Sanitärbedarf. 1967 wurde die erste halbautomatische Kunststoffgalvanikanlage in Deutschland in Betrieb genommen und die Firma in den folgenden Jahren mehrfach durch neue Anlagen erweitert.[2]

1975 erwarb die von der Londoner Bowater Corporation Ltd. abhängige Wickrather Handels- und Beteiligungs-Aktiengesellschaft die Mehrheitsbeteiligung an Bolta.[8] Seit 1985 befindet sich die Firma im Besitz der international tätigen Familie Puri[2] (Purico, Melton Medes Group), gegen die in den USA zwischen 2002 und 2008 wegen Finanzmanipulationen beim Bankrott der Firma Ecusta ermittelt wurde. Schon vorher war Puri in England in einen Betrug mit Arbeiter-Pensionskassen verwickelt.[9][10][11][12] Nach der Übernahme wurde die Tochter Industrie- und Bauprofile innerhalb der Puri-Gruppe selbständig.[7]

1994 wurde ein Werk im baden-württembergischen Gottmadingen übernommen, in dem im Schwerpunkt Kupfer- und Nickelfolien hergestellt werden und das MID-Heißprägeverfahren betrieben wird.[13] 2004 gründete Bolta zusammen mit der Nicro S.A. de C.V. in Mexiko das Joint venture Nicro Bolta S.A. de C.V. mit einer eigenen Spritzgießerei und Galvanikanlage.[14] Zwischen 2004 und 2013 vervierfachte sich der Gewinn von 30 auf knapp 120 Millionen Euro.[15]

Nach der Erweiterung der Kapazitäten im Bereich Spritzguss im Jahr 2008 (das heutige Werk 2)[16] hat Bolta-Werke im Jahr 2017 ein weiteres Werk in Leinburg eröffnet (das heutige Werk 3).[17]

2013 wurde Bolta unter den Bayerns best 50 ausgezeichnet.[18] Im Juli 2013 ging Schönberger Industrie- und Bauprofile GmbH in Insolvenz[19] und wurde im November 2013 von der Schweizer APU AG übernommen.[20] Im September 2013 gab Bolta die Gründung der Schwesterfirma Bolta U.S. bekannt. Die Fabrik soll 2015 in Tuscaloosa (Alabama) eröffnet werden.[21] 2016 wurden die Werke für erhöhte PFOS-Werte im benachbarten Birkensee verantwortlich gemacht.[22] Jedoch konnte diese Annahme widerlegt werden und es besteht kein Zusammenhang zwischen den Bolta-Werken und den erhöhten PFOS-Werten im Birkensee.[23]

Am 28. September 2021 meldeten Die Bolta Werke GmbH die Insolvenz an. Auf Grund der Chip-Krise in der Automobilindustrie verschoben verschiedene Auftraggeber ihre Aufträge oder sprangen ab, was zu einem großen Umsatzeinbruch führte. Dieser konnte nicht abgefangen werden.[24]

Im September 2022 wurden die Bolta Werke an die Winning Group verkauft und vom neuen Eigentümer in Winning Plastics umbenannt.[25]

Einzelnachweise

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  1. 2015, Quelle: Bundesanzeiger
  2. a b c d e bolta.de: Geschichte (Memento vom 22. Juni 2014 im Internet Archive)
  3. Facebook-Auftritt der Bolta-Werke (abgerufen am 13. Februar 2014).
  4. Bolten war u. a. bis 1963 Direktor der General Tire and Rubber Company und bis 1975 Chairman of the Board der Standex International; s. Bolten, John Sr. In: Who's Who in the East 1959, S. 94; John Bolten Sr. Dies Monday@1@2Vorlage:Toter Link/news.google.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.. In: Palm Beach Daily News v. 17. November 1982, S. 4; [Nachruf] John Bolten, Sr.@1@2Vorlage:Toter Link/news.google.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.. In: Palm Beach Post v. 18. November 1982, S. C10.
  5. vgl. die Sammlerseite photavit.de (abgerufen am 14. Februar 2014).
  6. Bill Cunningham Says. In: The Free Lance-Star v. 19. Februar 1946, S. 5; auch in: Abilene Reporter-News v. 22. Februar 1946, S. 11; Udo Winkel: Nürnberg 1945-1949. Quellen zur Nachkriegsgeschichte. Teil I: Die Übergangsphase bis zur Bildung des ersten Stadtrats April 1945 - Juni 1946. Nürnberg 1989, S. 115; Susanne Rieger, Gerhard Jochem: 2710 ehemalige "Ostarbeiter" in Nürnberg und Nordbayern warten auf eine Entschädigung. (2006).
  7. a b Artikel 50 Jahre Erfolgsgeschichte (Memento des Originals vom 31. März 2010 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.weber-manfred.de (2008) auf weber-manfred.de (abgerufen am 14. Februar 2014).
  8. Bundeskartellamt: Tätigkeitsbericht 1975. Deutscher Bundestag, 7. Wahlperiode, Drucksache 7/5390 v. 16. Juni 1976, S. 177.
  9. Das Ecusta-Verfahren endete im Vergleich mit einer millionenschweren Entschädigungszahlung an die ehemaligen Mitarbeiter durch Puri; s. Leigh Kelley: Trustee: Ecusta was intentionally ruined. In: Blue Ridge Now v. 10. November 2004
  10. Court OKs Lawsuit Deal (Memento des Originals vom 23. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.transylvaniatimes.com. In: The Transylvania Times online edition v. 19. Februar 2008
  11. Leigh Kelley: Ecusta suit reaches settlement. In: Blue Ridge Now v. 28. Februar 2008
  12. Zu Pensionskassen s. thelawyer.com: Melton Medes fraud case ends (Memento vom 16. Februar 2014 im Webarchiv archive.today)
  13. Webseite Bolta Gottmadingen (abgerufen am 13. Februar 2014)
  14. Webseite des Unternehmens (Memento des Originals vom 26. November 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.nicrobolta.com (abgerufen am 13. Februar 2014)
  15. Diepersdorfer Firma Bolta glänzt weltweit. In: nordbayern.de. 5. Juli 2013
  16. Bolta Werke wollen in Diepersdorf erweitern - N-LAND. In: N-LAND. 6. April 2016 (n-land.de [abgerufen am 21. November 2017]).
  17. Bolta Werke GmbH, Leinburg / Germany: BOLTA - Bolta wächst weiter: Eröffnung eines weiteren Werks in Diepersdorf. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 21. November 2017 (englisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.bolta.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  18. Bayrisches Staatsministerium für Wirtschaft: Bayerns Best 50 - Preisträger 2013 (Memento vom 22. Februar 2014 im Internet Archive)
  19. Finanzielle Schieflage bei Industrie- und Bauprofile GmbH (Memento des Originals vom 7. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.pnp.de. In: Grafenauer Anzeiger v. 31. Juli 2013.
  20. apu-schoenberg.de: Standort und 160 Arbeitsplätze in Schönberg gerettet (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive; PDF; 43,4 KB)
  21. TV-Bericht Bolta Coming to Tuscaloosa Co.. In: WVUA News v. 23. September 2013; Gemma Toulson: City businessman starting $40m Alabama venture (Memento des Originals vom 22. Februar 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www6.lexisnexis.com. In: Nottingham Evening Post v. 18. November 2013, S. 23 (abgerufen am 14. Februar 2014).
  22. Schadstoffe vom Birkensee belasten auch Reichswald. In: nordbayern.de. 1. Oktober 2016.
  23. Birkensee muss saniert werden. In: n-land.de (abgerufen am 15. Februar 2017).
  24. Pressebericht
  25. Die Bolta-Werke sind jetzt offiziell verkauft und tragen einen neuen Namen. Künftig Winning Plastics Diepersdorf. In: N-Land. 2. September 2022, abgerufen am 25. Dezember 2022.

Koordinaten: 49° 27′ 27,6″ N, 11° 16′ 59″ O