Borsig/SSW Typ ELA

elektrische Tagebaulokomotive

Die elektrische Tagebaulokomotive Borsig/SSW Typ ELA wurde bei Borsig und den Siemens-Schuckertwerken (SSW) in der Zeit von 1912 bis 1939 in 70 Exemplaren gefertigt.

Industrielokomotive für Tagebaue
Borsig/SSW Typ ELA
Werkfoto SSW
Werkfoto SSW
Werkfoto SSW
Nummerierung: Meurostolln 1–6
Grube Erika 1–10
BKB 3–25
ASW Böhlen 16–31
u.  a.
Anzahl: 70
Hersteller: Borsig
Fabriknummern 8220…12146,
SSW
Fabriknummern 714…2664
Baujahr(e): 1912-–1929
Ausmusterung: bis 1970er Jahre
Achsformel: Bo’Bo’
Spurweite: 900 mm
Länge über Puffer: 11.100 mm
Höhe: 2.400 mm (Dachoberkante)
Breite: 2.000 mm
Drehzapfenabstand: 5500 mm
Drehgestellachsstand: 1.600 mm
Gesamtradstand: 7100 mm
Kleinster bef. Halbmesser: 40 m
Dienstmasse: 45 t (+Ballast)
Radsatzfahrmasse: 11,25 t (+Ballast)
Höchstgeschwindigkeit: unbekannt
Stundenleistung: 352 kW
Anfahrzugkraft: 80 kN
Treibraddurchmesser: 900 mm
Stromsystem: 600 V =/ 1200 V =
Stromübertragung: Oberleitung und Seitenfahrleitung
Anzahl der Fahrmotoren: 4
Bremse: Druck­luft­brem­se, el. Bremse, Handbremse

Die Lokomotiven gehen auf die ersten seit 1907 gefertigten elektrischen Tagebaulokomotiven zurück. Von 1912 bis 1929 sind 70 gebaute Lokomotiven bekannt. Die Maschinen erwiesen sich als sehr robust und langlebig und wurden erst nach rund 50 Jahren im Betrieb bis Mitte der 1970er-Jahre ausgemustert. Es ist keine Lokomotive erhalten.

Geschichte

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Vorkriegsgeschichte

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Siemens Werbeplakat vom Typ Borsig ELA

Schon 1907 wurden an den Tagebau Phönix erste Lokomotiven mit vier einzeln angetriebenen Achsen und der Bauform mit tief gelegenen mittlerem Führerstand und zwei Vorbauten geliefert. Die elektrische Ausrüstung für die damals mit 600 V Gleichspannung betriebenen Fahrzeuge stammte von den Siemens-Schuckertwerken oder der AEG, die mechanische Ausstattung zuerst von Borsig. Nachdem im Jahr 1912 mit der Fabriknummer Borsig 8220 und SSW 714 die erste Lokomotive an das Lausitzer Braunkohlerevier Senftenberg geliefert wurde,[1] folgten vor dem Ersten Weltkrieg weitere Lokomotiven nach Merseburg, Königsberg-Palmnicken, Meurostolln und Grube Erika Schwarzkollm.[1]

Ab dem Jahr 1921 erhielten auch die Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke (BKB) erste Lokomotiven dieser Serie. Eingesetzt waren die Lokomotiven zuerst im Tagebau Wulfersdorf. Bis 1929 wurden 22 Lokomotiven ausgeliefert. Durch die Deutsche Teilung gelangten einige auf das Gebiet der DDR.

Im Tagebau Böhlen der Aktiengesellschaft Sächsische Werke waren die Lokomotiven zahlreich vertreten. Sie waren hier mit unterschiedlichen Ballastplatten für die verschiedene Dienste ausgerüstet. Mit zunehmender Belastung wurden die Lokomotiven innerhalb des Aktiengesellschaft Sächsische Werke|Aktiengesellschaft-Sächsische-Werke-Verbundes gegen neuere Lokomotiven von AEG ausgetauscht, z. B. Richtung Kraftwerk Hirschfelde und dem heutigen Tagebau Turów. 1943 waren noch zehn Lokomotiven in Böhlen vorhanden. Anfangs waren die Lokomotiven für 600 V Spannung ausgelegt, während der 1940er-Jahre wurde diese auf 1100 V erhöht.[2] Die Lokomotiven hatte zwei große außermittige Stromabnehmer.

Nachkriegsgeschichte

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Grenzposten aus Polen im Jahr 1958 an der Grenzbrücke Hirschfelde, Tagebau Turów

Von den an die Lausitzer Braunkohle AG gelieferten Lokomotiven existieren aus den Jahren nach 1945 keine weiteren Informationen. Die im Tagebau Böhlen eingesetzten Loks waren Anfang der 1950er Jahre noch im Zugbetrieb eingesetzt.[2]

Die Lokomotiven der Bauart Borsig/SSW Typ ELA sind vom Tagebau Turów zum Kraftwerk Hirschfelde über die Grenzanlagen gefahren. Durch die geänderte Deutsch-polnische Grenze nach 1945 kamen die Lokomotiven der ASW in den Bestand des polnischen Staates. Ihr weiterer Verbleib ist nicht bekannt.

Von den Lokomotiven der BKB wurden bei Siemens 1953 vier Lokomotiven auf 1200 V Spannung umgebaut, die teilweise für Bauzüge verwendet wurden.[3] 1967 waren sie im Abraumzugbetrieb eingesetzt.[4] 1974 war die Lokomotive 20, Baujahr 1926, mit Glockenfederung und neuerer Stromabnehmerkonfiguration noch vorhanden.[5]

Die Lokomotiven waren in der Höhe sehr gedrungen und besaßen neben dem tief gelegenen Führerhaus die zwei Vorbauten, auf denen anfangs die beiden außermittigen Stromabnehmer platziert waren.

Die Belüftung der Fahrmotoren und der elektrischen Ausrüstung erfolgte als Eigenbelüftung.[6] Als in den 1930er Jahren die Lasten größer, die Tagebauausfahrten steiler und die Erwärmung der elektrischen Ausrüstung an die Grenzen stieß, wurde über eine Umrüstung auf Fremdlüftung nachgedacht, die aber technisch nicht machbar war.[6] Das führte zur Beschaffung der Type Braunschweig von Henschel.

Die elektrische Ausrüstung stammte von SSW und bestand aus Gleichstromtechnik, wo über die elektrische Spannung von der Fahrleitung über den Nockenfahrschalter mit der Widerstandssteuerung die elektrischen Fahrmotoren angetrieben wurden, die als Reihenschlussmaschinen ausgeführt waren. Auf den Vorbauten saßen zwei Hauptstromabnehmer und vier kleinere, daneben liegenden gerade gelagerte Seitenstromabnehmer. Die Druckluft für die Druckluftbremse, die zur Bauzeit noch nicht überall verbreitet war, wurden von zwei Kompressoren erzeugt, elektromechanische Schütze schalteten die Hilfsbetriebemotoren. Die Steuer- und Beleuchtungsspannung betrug 24 V.

Siehe auch

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Literatur

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  • BORSIG Lokomotiven für die Welt, EK-Verlag Freiburg, Postfach 5560, 1985, ISBN 3-88255-111-9
  • Joachim Ihme, Heinz-Jürgen Weit, "Die Bahnen der Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke (BKB) Helmstedt, 2021 Verlag Barteld Berga/Elster, ISBN 978-3-935961-25-7
  • Frank Barteld, Kohlebahnen im Bornaer Revier, 2011, Verlag Barteld Berga/Elster, 2011, ISBN 978-3-935961-14-1
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Commons: Siemens - Schuckert (Railway) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Auflistung der von SSW gefertigten Lokomotiven auf www.werkbahn.de (kann als CD kostenpflichtig erworben werden)
  2. a b Frank Barteld, Kohlebahnen im Bornaer Revier, 2011, Verlag Barteld Berga/Elster, 2011, ISBN 978-3-935961-14-1, Seite 82
  3. Joachim Ihme, Heinz-Jürgen Weist: Die Bahnen der Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke (BKB) Helmstedt, Verlag Barteld Berga/Elster, 2021, ISBN 978-3-935961-25-7, Seite 63
  4. Joachim Ihme, Heinz-Jürgen Weist: Die Bahnen der Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke (BKB) Helmstedt, Verlag Barteld Berga/Elster, 2021, ISBN 978-3-935961-25-7, Seite 64
  5. Joachim Ihme, Heinz-Jürgen Weist: Die Bahnen der Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke (BKB) Helmstedt, Verlag Barteld Berga/Elster, 2021, ISBN 978-3-935961-25-7, Seite 179
  6. a b Joachim Ihme, Heinz-Jürgen Weist: Die Bahnen der Braunschweigischen Kohlen-Bergwerke (BKB) Helmstedt, Verlag Barteld Berga/Elster, 2021, ISBN 978-3-935961-25-7, Seite 65