British Museum

kulturgeschichtliches Museum
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Das Britische Museum (englisch British Museum) in London ist eines der größten und bedeutendsten kulturgeschichtlichen Museen der Welt. Seine Dauerausstellung mit acht Millionen Werken ist die umfangreichste weltweit. Es dokumentiert die Geschichte der Menschheit von ihren Anfängen bis in die Gegenwart. Gegründet 1753, war es das erste öffentliche Museum überhaupt. 2023 verzeichnete das Britische Museum etwa 5,8 Millionen Besucher und war damit die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Großbritanniens.[1]

British Museum
Logo
Haupteingang und Logo des Museums
Daten
Ort London Welt-IconKoordinaten: 51° 31′ 10″ N, 0° 7′ 36″ W
Art
Kulturhistorisches Museum
Architekt Robert Smirke (Neubau 1823/48)
Gründungsdatum 1753
Eröffnung 1759
Besucheranzahl (jährlich) 5,82 Mio. (2023)
Betreiber
Vereinigtes Königreich
Leitung
Nicholas Cullinan
Website

Geschichte

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Das Museum entstand, als 1753 der Arzt und Wissenschaftler Sir Hans Sloane seine sehr umfangreiche Literatur- und Kunstsammlung dem Staat übereignete.[2] Das Parlament beschloss, diese Sammlung unter dem Namen British Museum zu erhalten und zu pflegen. Das Museum wurde im Montagu House, einem Herrenhaus im ehemaligen Londoner Stadtteil Bloomsbury, eingerichtet und öffnete seine Pforten am 15. Januar 1759.

 
Britisches Museum, 13-Uhr-Ticket für Heiligabend 1777, mit Hinweisen auf Berührungs- und Trinkgeldverbot

Wegen der stetig wachsenden Sammlung und steigenden Besucherzahlen wurde 1824 der Umzug in ein größeres, neu zu errichtendes Gebäude beschlossen. 1850 war der Umzug abgeschlossen und die Gebäude hatten im Wesentlichen ihre heutige Gestalt. Den wichtigsten Impuls zur modernen Ausweitung der Sammlungsbestände erhielt das Museum mit der Anstellung von Augustus Wollaston Franks, zunächst 1851 als Assistent für die damals neugeschaffene Abteilung für britische und mittelalterliche Geschichte, dann von 1866 bis 1896 als deren Kurator. Für die Museumshistorikerin Marjorie Caygill wurde Franks zum „vermutlich wichtigsten Sammler in der Geschichte des Britischen Museums“.[3] Im Laufe der Zeit wurden verschiedene Teile der Sammlung aus Platzgründen in andere Gebäude verlegt. Das Natural History Museum war einst Teil des British Museum und ist seit 1963 eigenständig. Die British Museum Library war früher die größte Bibliothek des Landes. 1973 bildete sie den Grundstock für die neu gegründete British Library.

Im Sommer 2023 sahen sich das Museum und Direktor Hartwig Fischer mit Vorwürfen konfrontiert, bei einer Diebstahlserie im Museum, bei der einer der Kuratoren der Antikensammlung beschuldigt wird, bis zu 2000 Objekte entwendet und verkauft zu haben, nicht angemessen auf Hinweise reagiert zu haben, die den Fall aufdeckten.[4] Fischer erklärte am 25. August 2023 seinen Rücktritt.[5][6] Ihm folgte 2024 Nicholas Cullinan.

Bereits im Juni 2020 hatte der Antikenhändler Ittai Gradel das Museum informiert, dass Objekte aus dem Museum bei eBay zum Verkauf angeboten würden. Gradel äußerte gegenüber dem Museum 2021 den Verdacht, dass nur jemand mit Zugang zum Depot des Museums die Diebstähle verübt haben könne und dass Peter Higgs, Kurator an der Abteilung für griechische und römische Altertümer, für die Diebstähle verantwortlich sei. Der stellvertretende Direktor des Museums, Jonathan Williams, wimmelte Gradel mehrfach hochmütig ab. Dem Kuratorium des Museums wurde derweil versichert, dass eine gründliche Untersuchung keine Unregelmäßigkeiten festgestellt habe.[7]

Struktur

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Im Geschäftsjahr 2017/2018 standen den Einnahmen in der Höhe von 104,4 Millionen Pfund (davon 53,5 Millionen Pfund staatlicher Zuschuss) Ausgaben von 101,2 Millionen Pfund gegenüber.[8]

2019 wurde das British Museum von rund 6,24 Millionen Personen besucht.[9] 2023 betrug die Besucherzahl etwa 5,82 Millionen Menschen.[10]

British Museum Press (BMP) ist mit 55 bis 60 neuen Publikationen pro Jahr einer der größten Museumsverlage der Welt. Der Verlag gehört der 1973 gegründeten British Museum Company.[11]

Mit Ausnahme von wenigen Monaten im Jahr 1972 war und ist der Eintritt in das British Museum stets kostenfrei. Das in der Great Russell Street befindliche Museum ist mit Hilfe der Londoner U-Bahn über die Stationen Holborn (Central, Piccadilly Line) oder Russell Square (Piccadilly Line) zu erreichen. Die einst eigene Station British Museum ist seit 1933 geschlossen.

Gebäude

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Panorama des Lesesaals, Zustand 2006

Das klassizistische, 1848 fertiggestellte Museumsgebäude hat einen quadratischen Grundriss mit 3 Stockwerken und wurde von Robert Smirke entworfen. Für die große Büchersammlung des Museums wurde 1857 im Zentrum des Hofs der runde Lesesaal mit einer Kuppel von 42,5 Meter Durchmesser eröffnet, entworfen von Sidney Smirke, dem jüngeren Bruder von Robert Smirke. Darum herum wurden im Hof Büchermagazine errichtet.

 
Kuppeldach des British Museum (2013)

Nachdem die Bücher 1997 in das neue Gebäude der British Library im Londoner Quartier St. Pancras überführt worden waren, wurde der Hof wieder frei und nach einem Plan des Architekten Sir Norman Foster umgestaltet. Das Dach des Innenhofes ist eine Stahl-Glas-Konstruktion, die aus 1656 Paar Glasplatten besteht und im Jahre 2000 von dem österreichischen Stahlbauunternehmen Waagner-Biro fertiggestellt wurde. Der Innenhof ist mit 7.100 Quadratmetern Hoffläche der größte überdachte öffentliche Platz in Europa. Gleichzeitig wurde der Lesesaal renoviert und in seinen ursprünglichen Zustand versetzt. Im Jahr 2000 wurde der neu gestaltete Hof eröffnet, der Lesesaal mit einem Bestand an 25'000 Büchern, die sich thematisch auf die Bestände des Museums bezogen. 2007 wurde der Lesesaal geleert und bis 2013 als Ausstellungsraum benutzt. Seit Ende 2013 ist er geschlossen, die zukünftige Nutzung ist offen.[12]

Sammlungen

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Das Museum beherbergt heute etwa acht Millionen Objekte, die die gesamte Kulturgeschichte der Menschheit von ihrem Anfang bis zum heutigen Tag dokumentieren. Berühmt ist es unter anderem für seine Sammlung ägyptischer Mumien, den Stein von Rosette und die Elgin Marbles. Manche Ausstellungsstücke kann man auch anfassen, jedoch nur zu bestimmten Ausstellungszeiten. Wie in jedem Museum befindet sich der größte Teil der Sammlung nicht in den Ausstellungsräumen, sondern wird in Magazinen unter dem Museum aufbewahrt. Die Tonträgersammlung, die ab 1905 aufgebaut wurde, ist heute Teil des British Library Sound Archive. Die Fachbibliotheken des Museums umfassen derzeit etwa 350.000 Bände. Die Sammlungen des Museums umspannen einen Zeitraum von zwei Millionen Jahren und sind in rund 94 Einzelsammlungen gegliedert.

Abteilungen des British Museum

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Karyatide vom Erechtheion auf der Akropolis in Athen

Bekannte Werke im British Museum

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Kontroversen

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Es ist umstritten, ob Museen Artefakte, die illegal aus anderen Ländern entnommen wurden, besitzen sollten, und das British Museum ist ein bekanntes Ziel für Kritik.[13][14] Die Elgin-Marmora, Benin-Bronzen, äthiopische Tabotsund der Rosetta-Stein gehören zu den am meisten diskutierten Objekten in seiner Sammlung, und es wurden Organisationen gegründet, die die Rückgabe dieser Artefakte an ihre Herkunftsländer fordern.

Die Elgin-Marmora oder Parthenon-Marmora, die von Griechenland beansprucht werden, wurden von UNESCO und anderen Organisationen für eine Rückgabe angeführt. Von 1801 bis 1812 entfernten die Agenten von Lord Elgin etwa die Hälfte der noch erhaltenen Skulpturen des Parthenon sowie Skulpturen aus dem Propylaea und dem Erechtheion. Der ehemalige Direktor des Museums erklärte: „Wir sind Elgin zu Dank verpflichtet, dass er die Parthenon-Skulpturen und andere vom Akropolis-Ruinen vor der Zerstörung rettete, die sie erlitten, sowie vor den Schäden, die die Akropolis-Denkmäler, einschließlich der Skulpturen, die er nicht entfernte, seitdem erlitten haben.“ Das British Museum selbst beschädigte einige der Artefakte während einer Restaurierung in den 1930er Jahren.[15] Ende 2022 trat das British Museum in erste Verhandlungen mit der griechischen Regierung über die Zukunft der Skulpturen ein.[16]

Es gibt auch Kontroversen über Artefakte, die während der Zerstörung des Alten Sommerpalastes in Peking durch eine anglo-französische Expeditionsarmee im Zweiten Opiumkrieg von 1860 entnommen wurden – ein Ereignis, das von Victor Hugo öffentlich kritisiert wurde.[17][18] Das British Museum und das Victoria and Albert Museum wurden seit 2009 aufgefordert, ihre Archive für eine Untersuchung durch ein Team chinesischer Ermittler zu öffnen, im Rahmen einer internationalen Mission zur Dokumentation chinesischer Nationalschätze in ausländischen Sammlungen.[19] 2010 sagte Neil MacGregor, der ehemalige Direktor des British Museum, dass er hoffe, dass britische und chinesische Ermittler gemeinsam an der umstrittenen Sammlung arbeiten würden.[20] 2020 ernannte das Museum einen Kurator, um die Geschichte seiner Sammlungen, einschließlich umstrittener Objekte, zu erforschen.[21]

Das British Museum erklärte, dass das „Restitutionsprinzip“, dass alles, was in einem Land hergestellt wurde, an den ursprünglichen geografischen Standort zurückkehren müsse, sowohl das British Museum als auch die anderen großen Museen der Welt leer räumen würde. Das Museum argumentierte auch, dass das British Museum Gesetz von 1963 es verbietet, ein Objekt zu entfernen, sobald es in die Sammlung aufgenommen wurde (British Museum Act 1963 s 5). „Das Museum besitzt seine Sammlungen, aber die Trustees sind nicht befugt, diese zu veräußern.“[22] Dennoch hat es Gegenstände wie die Bestattungsreste von Tasmanischen Aborigines zurückgegeben, wenn dies mit der Gesetzgebung zur Entsorgung von Sammlungsobjekten übereinstimmte.[23]

Literatur

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Objects in Focus series:

  • Julie Adams, Steven Hooper, Maia Nuku: A’a: a Deity from Polynesia. The British Museum Press, London
  • Tatiana Argounova-Low, Alison K. Brown, Sushma Jansari: Model of a Summer Camp. The British Museum Press, London
  • John Cherry: The Holy Thorn Reliquary. The British Museum Press, London
  • Timothy Clarke: Hokusai’s Great Wave. The British Museum Press, London
  • Sarah Collins: The Standard of Ur. The British Museum Press, London 2015, ISBN 978-0-7141-5113-7.
  • Jill Cook: The Swimming Reindeer. The British Museum Press, London
  • John Curtis: The Oxus Treasure. The British Museum Press, London 2012, ISBN 978-0-7141-5079-6.
  • Anna Garnett: The Colossal Statue of Ramesses II. The British Museum Press, London
  • Richard Hobbs: The Mildenhall Treasure. The British Museum Press, London 2012, ISBN 978-0-7141-5080-2.
  • Ian Jenkins: The Discobolus. The British Museum Press, London 2012, ISBN 978-0-7141-2271-7.
  • Sonja Marzinzik: The Sutton Hoo Helmet. The British Museum Press, London 2007, ISBN 978-0-7141-2325-7.
  • Thorsten Opper: The Meroë Head of Augustus. The British Museum Press, London 2014, ISBN 978-0-7141-5091-8.
  • Richard Parkinson: The Rosetta Stone. The British Museum Press, London 2005, ISBN 978-0-7141-5021-5.
  • Naomi Speakman, Lloyd de Beer: The Lacock Cup. The British Museum Press, London
  • Jan Stuart: The Admonitions Scroll. The British Museum Press, London
  • James Robinson: The Lewis Chessmen. The British Museum Press, London
  • Jo Anne van Tilberg: Hoa Hakananai’a. The British Museum Press, London
  • Susan Walker: The Portland Vase. The British Museum Press, London 2004, ISBN 978-0-7141-5022-2.
  • Leslie Webster: The Franks Casket. The British Museum Press, London
  • Dyfri Williams: The Warren Cup. The British Museum Press, London 2006, ISBN 978-0-7141-2260-1.
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Commons: British Museum – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. British Museum is the most-visited UK attraction again. 18. März 2024 (bbc.com [abgerufen am 26. Januar 2025]).
  2. Lorraine Boissoneault: The British Museum was a Wonder of its Time — but also a Product of Slavery: A new book explores the little-known life and career of Hans Sloane, whose collections led to the founding of the British Museum. In: Smithsonian Magazine, 28. August 2020, mit einer Rezension von James Delbourgo Collecting the World: Hans Sloane and the Origins of the British Museum.
  3. Marjorie Caygill: Creating a Great Museum: Early Collectors and The British Museum (Memento vom 8. Juni 2011 im Internet Archive) (Online-Kurs, Session 3); abgerufen am 7. Januar 2019.
  4. Gordon Rayner: Antiquities dealer who uncovered British Museum theft was treated like ‘village idiot’. In: The Telegraph. 23. August 2023, ISSN 0307-1235 (telegraph.co.uk [abgerufen am 24. August 2023]).
  5. Hartwig Fischer: British Museum director quits over stolen treasures. BBC-Meldung vom 25. August 2023, abgerufen am 25. August 2023.
  6. Leiter des British Museum nach Diebstahlserie zurückgetreten. Auf: zeit.de 2vom 5. August 2023.
  7. Gina Thomas (FAZ): Warum der deutsche Chef des British Museum zurücktreten musste. Auf: faz.net vom 25. August 2023.
  8. The British Museum: Report and accounts for the year ended 31 march 2018. S. 39, Auf: britishmuseum.org; abgerufen am 13. August 2021.
  9. Besucherzahlen laut ALVA. (Association of Leading Visitor Attractions) | (Zahlen von 2020 und 2021 sind bedingt durch die COVID-19-Pandemie nicht repräsentativ). Abgerufen am 18. August 2023 (englisch).
  10. Statistik der Association of Leading Visitor Attractions (ALVA) 2023 Visitor Figures. Abgerufen am 21. März 2024.
  11. The British Museum: Report of the Trustees 1999–2000. (PDF) Auf: britishmuseum.org; abgerufen am 19. Oktober 2020.
  12. The Reading Room. – Seite zum Lesesaal, Website des British Museums, abgerufen am 21. Juli 2018.
  13. Kanishk Tharoor: Museums and looted art: the ethical dilemma of preserving world cultures. In: The Guardian. 29. Juni 2015, ISSN 0261-3077 (theguardian.com [abgerufen am 28. Januar 2025]).
  14. Where it is safe to do so, cultural artefacts should be repatriated. In: The Economist. ISSN 0013-0613 (economist.com [abgerufen am 28. Januar 2025]).
  15. Andrew Oddy: The Conservation of Marble Sculptures in the British Museum Before 1975. In: Studies in Conservation. Band 47, Nr. 3, 1. September 2002, ISSN 0039-3630, S. 145–154, doi:10.1179/sic.2002.47.3.145 (tandfonline.com [abgerufen am 28. Januar 2025]).
  16. Helena Smith: Greece in ‘preliminary’ talks with British Museum about Parthenon marbles. In: The Observer. 3. Dezember 2022, ISSN 0029-7712 (theguardian.com [abgerufen am 28. Januar 2025]).
  17. The palace of shame that makes China angry. In: BBC News. 2. Februar 2015 (bbc.com [abgerufen am 28. Januar 2025]).
  18. The Chinese expedition: Victor Hugo on the sack of the Summer Palace. Abgerufen am 28. Januar 2025 (amerikanisches Englisch).
  19. China to study British Museum for looted artefacts. 19. Oktober 2009, abgerufen am 28. Januar 2025 (englisch).
  20. British Museum 'welcomes investigation with Chinese over artefacts'. 15. November 2010, abgerufen am 28. Januar 2025 (englisch).
  21. British Museum hires curator to research history of its collection, also covering contested objects such as the Parthenon Marbles. 15. Februar 2021, abgerufen am 28. Januar 2025 (englisch).
  22. Department of Greek and Roman Antiquities. 23. Mai 2006, abgerufen am 28. Januar 2025.
  23. Request for Repatriation of Human Remains to Tasmania. In: The British Museum. (britishmuseum.org [abgerufen am 28. Januar 2025]).