Brivaracetam ist ein antiepileptisch wirksamer Arzneistoff. Es ist ein Analogon oder eine Molekülvariante von Levetiracetam. Er wurde von der belgischen Firma UCB entwickelt und im Januar 2016 in der EU und im Februar 2016 in den USA unter dem Namen Briviact zur Zusatzbehandlung fokaler Epilepsieanfälle zugelassen bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 16 Jahren. Fokale Anfälle sind Anfälle, die auf einer Seite des Gehirns beginnen. Bei Ausbreitung können sie größere Bereiche auf beiden Seiten des Gehirns beeinträchtigen („sekundäre Generalisierung“).

Strukturformel
Allgemeines
Freiname Brivaracetam
Andere Namen
  • (2S)-2-[(4R)-2-Oxo-4-propylpyrrolidin-1-yl]butanamid
  • UCB 34714
Summenformel C11H20N2O2
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 357336-20-0
EG-Nummer (Listennummer) 801-184-2
ECHA-InfoCard 100.118.642
PubChem 9837243
ChemSpider 8012964
DrugBank DB05541
Wikidata Q408099
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N03AX23

Wirkstoffklasse

Antikonvulsivum

Wirkmechanismus

Ligand am synaptischen Vesikelprotein 2A

Eigenschaften
Molare Masse 212,29 g·mol−1
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[1]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: keine P-Sätze[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

In keiner von 3 Bewertungen (2016, 2018 und 2022) konnte UCB einen Zusatznutzen durch Brivaracetam aufzeigen.

Pharmakologie

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Wirkmechanismus

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Brivaracetam ist ein Ligand am synaptischen Vesikelprotein 2A (SV2A).[3] Zusätzlich inhibiert es spannungsabhängige Natriumkanäle im Nervensystem. Die genaue Rolle von SV2A ist derzeit noch nicht vollständig aufgeklärt. Chemisch leitet sich Brivaracetam von Levetiracetam ab, wobei es in Tiermodellen aufgrund seiner höheren Affinität zum SV2A-Rezeptor eine stärkere antikonvulsive Wirksamkeit aufweist.

Pharmakokinetik

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Brivaracetam wird fast vollständig im Gastrointestinaltrakt resorbiert und über die Niere ausgeschieden. Die Plasmahalbwertzeit beträgt 9 Stunden. Brivaracetam verfügt über ein geringes Arzneimittelinteraktionspotential.

Frühe Nutzenbewertung

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In Deutschland müssen seit 2011 neu zugelassene Medikamente mit neuen Wirkstoffen gemäß § 35a SGB V einer „frühen Nutzenbewertung“ durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) unterzogen werden, wenn der pharmazeutische Hersteller einen höheren Verkaufspreis als nur den Festbetrag erzielen möchte. Nur wenn ein Zusatznutzen besteht, kann der Arzneimittelhersteller mit dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen einen Preis aushandeln. Die Dossierbewertungen, auf deren Basis der G-BA seine Beschlüsse fasst, erstellt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Brivaracetam hat aufgrund einer Zulassungserweiterung zwei frühe Nutzenbewertungen durchlaufen. 2016 ging es um die Zusatzbehandlung fokaler Anfälle mit oder ohne sekundäre Generalisierung bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 16 Jahren.[4][5][6] Der G-BA bemängelte, dass UCB Brivaracetam nur mit den beiden Wirkstoffen Eslicarbazepin und Lacosamid verglichen hatte und nicht mit den vom G-BA geforderten zehn zugelassenen Wirkstoffen (u. a. Gabapentin, Lamotrigin, Levetiracetam, Topiramat, Oxcarbazepin und Valproinsäure zur Zusatzbehandlung fokaler Anfälle). Im November 2016 nahm UCB Briviact außer Vertrieb, führte aber weiterhin Preisverhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband.[7]

2018 folgte eine Bewertung für Kinder und Jugendliche von 4 bis unter 16 Jahren.[8] Erneut kam der G-BA zu dem Schluss, dass ein Zusatznutzen gegenüber der jeweiligen zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht belegt ist.[6]

2022 bewertete das IQWiG Brivaracetam bei Kindern im Alter von über 2 bis 4 Jahren als „ohne Zusatznutzen“ aufgrund der vorgelegten mangelhaften Studiendaten.[9]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Vorlage:CL Inventory/nicht harmonisiertFür diesen Stoff liegt noch keine harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von (S)-2-((R)-2-oxo-4-propylpyrrolidin-1-yl)butanamide im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 28. Dezember 2019.
  2. Datenblatt Brivaracetam bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 2. September 2024 (PDF).
  3. Michael Freissmuth, Stefan Böhm, Stefan Offermanns: Pharmakologie und Toxikologie: Von den Molekularen Grundlagen zur Pharmakotherapie 2012, S. 308.
  4. [A16-08] Brivaracetam – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. iqwig.de; abgerufen am 26. März 2020.
  5. [A16-38] Brivaracetam - Addendum zum Auftrag A16-08. Abgerufen am 16. Juni 2024.
  6. a b Nutzenbewertungsverfahren zum Wirkstoff Brivaracetam (Fokale Anfälle bei Epilepsie, ≥ 16 Jahre). g-ba.de; abgerufen am 26. März 2020.
  7. Apotheke Adhoc: Briviact verschwindet aus Deutschland. Abgerufen am 16. Juni 2024.
  8. A18-48 Brivaracetam (Epilepsie) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. iqwig.de; abgerufen am 26. März 2020.
  9. IQWiG-Berichte – Nr. 1363: Brivaracetam (Epilepsie bei Kindern von ≥ 2 bis < 4 Jahren) – Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V. In: IQWiG. 18. Mai 2022, abgerufen am 6. Juni 2024.