Brownsche Brücke

zeitstetiger stochastischer Prozess

Eine brownsche Brücke ist ein spezieller stochastischer Prozess, der aus dem Wiener-Prozess (auch brownsche Bewegung genannt) hervorgeht. Im Gegensatz zu diesem hat sie aber einen endlichen Zeithorizont mit einem deterministischen (also nicht zufälligen) Endwert, der im Normalfall gleich dem Startwert ist. Die brownsche Brücke wird zur Modellierung von zufälligen Entwicklungen in Daten verwendet, deren Wert aber zu zwei Zeitpunkten bekannt ist.

Zwei Pfade einer brownschen Brücke mit Zeithorizont 1. Die Ellipse beschreibt für jeden Zeitpunkt den Bereich , wobei die jeweilige Standardabweichung der Marginalverteilung ist.

Definition

Bearbeiten

Sei   ein Standard-Wiener-Prozess und   ein fest gewählter Zeitpunkt. Dann heißt der Prozess

 

brownsche Brücke der Länge  . Für   ergibt sich die Standard-brownsche-Brücke.

Eigenschaften

Bearbeiten

Jeder Pfad der brownschen Brücke kehrt zum Zeitpunkt   wieder zur Null zurück, es gilt  . Daher auch der Name des Prozesses: Es wird eine Brücke zwischen 0 und   geschlagen, wo man dann wieder „festen Boden unter den Füßen“ hat.

Eine brownsche Brücke kann als eine Modifikation eines Wienerprozesses gesehen werden, bei dem nur die Prozessrealisationen betrachtet werden, die zum Zeitpunkt   den Wert Null haben. Formal bedeutet dies, dass die Wahrscheinlichkeitsverteilung von   zu jedem Zeitpunkt   durch die (reguläre) bedingte Wahrscheinlichkeit[1]

 

gegeben ist.

Einige fundamentale Eigenschaften des Wiener-Prozesses bleiben beim Übergang zur brownschen Brücke erhalten, andere jedoch gehen verloren:

  • Die brownsche Brücke hat fast sicher überall stetige, nirgends differenzierbare Pfade.
  • Die Erwartungswertfunktion der brownschen Brücke ist konstant  .
  • Die Kovarianzfunktion ist  . Insbesondere gilt also für die Varianz:  .
  • Die brownsche Brücke ist ein Markow-Prozess, aber im Gegensatz zur brownschen Bewegung weder Lévy-Prozess noch Martingal.
  • Die brownsche Brücke ist ein Gauß-Prozess, dessen Verteilung durch die obige Erwartungswert- und Kovarianzfunktion eindeutig bestimmt ist. Alle endlichdimensionalen Verteilungen sind Normalverteilungen, insbesondere gilt für die eindimensionalen Verteilungen   mit  .

Simulation

Bearbeiten

Zur Simulation einer brownschen Brücke stehen einem prinzipiell dieselben Möglichkeiten zur Verfügung wie beim Wiener-Prozess, denn aus einem Wiener-Prozess   lässt sich durch   eine brownsche Brücke mit Zeithorizont   gewinnen. Man kann also einfach eine brownsche Bewegung bis zum Zeitpunkt   simulieren und dann mit obiger Transformation in eine brownsche Brücke umwandeln.

Es bestehen aber noch andere Möglichkeiten: Wird die brownsche Bewegung mittels einer dyadischen Zerlegung (verwirrenderweise wird diese Methode oft ebenfalls als brownsche Brücke bezeichnet) oder Spektralzerlegung erzeugt, so kann man dort einfach den ersten Schritt weglassen, der den Endpunkt   bestimmt, und man erhält dann automatisch eine brownsche Brücke. Im Falle der Spektralzerlegung würde die Darstellung also

  lauten, wobei   unabhängig standardnormalverteilt sind.

Verallgemeinerungen

Bearbeiten
  • Alternativ zur obigen Definition, die   garantiert, ist es auch möglich, für jedes beliebige   eine Brücke zu definieren, die auf einem beliebigen, vorher festgelegten Niveau   endet (bildlich gesprochen wird dabei aus der Brücke eine Rampe). Die dazugehörige Transformation lautet dann
 .
  • Zusätzlich kann man die ursprüngliche brownsche Bewegung auch mit einer beliebigen Volatilität   versehen (siehe hierzu: verallgemeinerter Wiener-Prozess). Die Formeln für Erwartungswert und Kovarianz lauten dann
  beziehungsweise
 .
Interessanterweise hat also   keinen Einfluss auf den Erwartungswert und c keinen auf die Kovarianz. Ein eventueller Drift in der brownschen Bewegung würde die Verteilung des Prozesses überhaupt nicht beeinflussen.

Anmerkungen

Bearbeiten
  1. Es handelt sich nicht um eine elementare bedingte Wahrscheinlichkeit, da   gilt. Es existiert aber eine reguläre bedingte Wahrscheinlichkeit, da die Zufallsvariablen reellwertig sind.

Literatur

Bearbeiten