Burg-Reuland

Gemeinde in Ostbelgien

Burg-Reuland, benannt nach der Burg Reuland, ist die südlichste Gemeinde der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien. Sie liegt im äußersten Südosten der Provinz Lüttich südlich von Sankt Vith im Tal der Our.

Burg-Reuland
Burg-Reuland (Lüttich)
Burg-Reuland (Lüttich)
Burg-Reuland
Staat: Belgien Belgien
Region: Wallonien
Provinz: Lüttich
Bezirk: Verviers
Gemeinschaft: Deutschsprachige
Koordinaten: 50° 12′ N, 6° 8′ OKoordinaten: 50° 12′ N, 6° 8′ O
Fläche: 108,96 km²
Einwohner: 3940 (1. Jan. 2022)
Bevölkerungsdichte: 36 Einwohner je km²
Postleitzahl: 4790 (Reuland)
4791 (Thommen)
Vorwahl: 080
Bürgermeister: Marion Dhur (GI)
Adresse der
Kommunal-
verwaltung:
Gemeindeverwaltung Burg-Reuland
Thommen, 64
4790 Burg-Reuland
Website: www.burg-reuland.be
Ortschaft Burg-Reuland mit der Burg im Hintergrund

Gemeindestruktur

Bearbeiten

Die Gemeinde Burg-Reuland besteht aus 26 weit verstreuten Dörfern und Weilern. Verwaltungssitz der Gemeinde ist Thommen.

Einwohnerzahlen der Dörfer, Weiler und Einzelhöfe (Stand: 31. Dezember 2021):[1]

(1) Weit entfernt von dem Dorf gibt es eine Flur namens Lengeler.

Geographische Lage

Bearbeiten

Die Gemeinde liegt in der belgischen Eifel, östlich des Plateau des Tailles, der mit 652 m höchsten Erhebung der Ardennen. Im Osten liegen die Ortsteile Auel, Steffeshausen und Weweler im Tal der Our (deutsch Ur). Der Ort Reuland mit der namengebenden Burg liegt im Tal des Our-Zuflusses Ulf, der mehr als drei Viertel der Gemeinde entwässert. Im Nordwesten des Gemeindegebietes entspringt der Our-Zufluss Braunlauf, der den Westen der Gemeinde St. Vith entwässert. Der südlichste Teil des Gemeindegebiets mit der Ortschaft Ouren bildet ein Dreiländereck mit Deutschland und Luxemburg.

Nachbargemeinden

Bearbeiten

Im Westen grenzt Burg-Reuland an Gouvy und an den südlichsten Teil der Gemeinde Vielsalm. Nördlich liegt das Gebiet Sankt Vith. Im Osten liegen jenseits der deutsch-belgischen Grenze die Verbandsgemeinden Prüm sowie Arzfeld und im Süden das Großherzogtum Luxemburg mit den Gemeinden Ulflingen (Troisvierges) und Weiswampach.

Geschichte

Bearbeiten

Das Gemeindegebiet wurde 1815 auf dem Wiener Kongress der preußischen Rheinprovinz zugeschlagen und kam 1919 durch den Friedensvertrag von Versailles an Belgien. Am 10. Mai, dem ersten Tag des Westfeldzugs, versuchte ein Trupp Brandenburger (eine Spezialeinheit der Wehrmacht) vergeblich, die von belgischen Verteidigern vorbereitete Sprengung der Our-Brücke im Stadtteil Maldingen zu vereiteln.[2]

Die heutige Gemeinde Burg-Reuland entstand am 1. Januar 1977 durch die Gemeindefusion aus den damaligen Gemeinden Reuland und Thommen.

Demographie

Bearbeiten
Bevölkerungsentwicklung bis 1930
Jahr Einwohner Anmerkungen
1816 353 sämtlich Katholiken (ein Schullehrer oder eine Schullehrerin)[3]
1818 360 [4]
1821 343 in 68 Privatwohnhäusern[3]
1852 511 [5]
1875 2216 [6]
1880 2203 [6]
1905 2173 [7], nach anderen Angaben 2175 Einwohner[6]
1910 2215 am 1. Dezember[8][6]
1930 2246 [6]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bearbeiten

Im Kulturhaus Burg-Reulands – der ehemaligen Schule des Ortes – ist ein Heimatmuseum beheimatet, das Alltagsgegenstände ländlichen Lebens zeigt. Dazu gehören Haushaltsgeräte, Werkzeuge alter Berufe und landwirtschaftliche Gerätschaften. In diesem Gebäude ist auch das Paul-Gérardy-Museum untergebracht. Dort sind Ausstellungsstücke zum Leben und Werk des Schriftstellers zu sehen.

Bauwerke

Bearbeiten
 
Die Burg Reuland

Im Ort Reuland steht die Burg Reuland, eine der größten Burgruinen der Eifel.

Im Ortsteil Bracht steht die kleine Rektoratskirche der Schmerzhaften Mutter sowie das 1782 erbaute Schloss Bracht.

Das Europadenkmal in Ouren steht inmitten eines kleinen Parks und wurde im Oktober 1977 eingeweiht.

In der Gemeinde Burg-Reuland gibt es insgesamt 19 Kirchen und Kapellen. Mit der Peterskirche in Ouren, der St.-Hubertus-Kapelle in Weweler, der St. Stephanus-Kirche in der Ortschaft Reuland sowie der St. Remaklus-Kirche in Thommen stehen vier von ihnen unter Denkmalschutz.[9]

Das ländliche Gemeindegebiet wird durch das Tal der Our geprägt. Es ist ein beliebtes Ziel für Wanderer sowie Mountainbiker und das wichtigste Standbein des dortigen Tourismus.

Infrastruktur

Bearbeiten

Die Einkaufsmöglichkeiten in der Gemeinde beschränken sich auf Bäckereien und Schlachtereien. Die Gemeinde gehört durch ihre Grenzlage zum Einzugsbereich mehrerer Einkaufszentren im Norden Luxemburgs. Der nächste Bahnhof befindet sich ebenfalls in Luxemburg, in Ulflingen (luxemburgisch Elwen/französisch Troisvierges).

Von 1889 bis 1952 führte eine Zweigstrecke der Vennbahn durch Reuland. Sie verband Aachen mit Luxemburg, war also von überregionaler Bedeutung. In Troisvierges hatte sie Anschluss an die luxemburgische Nordbahn (Bahnstrecke Luxemburg–Spa). Zwischen dem Burg-Reulander Ortsteil Lengeler und dem Ulflinger Ortsteil Wilwerdingen führte sie durch einen 700 m langen Tunnel. Bei der Ardennenoffensive in der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs wurde die Strecke von der deutschen Wehrmacht durch Brückensprengungen unterbrochen. Danach wurde bis zur Stilllegung nur noch das Teilstück von Reuland nach Troisvierges befahren. Die Trasse wurde Stück für Stück als Teil des RAVeL-Netzes für Radler und Wanderer hergerichtet, der wiederum ein Abschnitt des Vennbahnradweges ist.

In der Gemeinde Burg-Reuland sind 8 kommunale Schulen angesiedelt, von denen jede über die beiden Abteilungen Kindergarten und Primarschule verfügt.[10]

Persönlichkeiten

Bearbeiten
  • Anna von Palant (um 1550–1599), deutsche Humanistin und neulateinische Dichterin.
  • Adam Thomas (1799–1877), „Den Allijer Hähr“, Pastor in Aldringen.
  • Wilhelm Koep (1905–1999), Architekt
  • Joseph Maraite (1949–2021), ehemaliger Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und Bürgermeister der Gemeinde.
Bearbeiten
Commons: Burg-Reuland – Sammlung von Bildern
Wikivoyage: Burg-Reuland – Reiseführer

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Gemeinde Burg-Reuland: Bevölkerungsstatistiken. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. Dezember 2021; abgerufen am 28. Januar 2022.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.burgreuland.be
  2. Etienne Verhoeyen (2011): Spionnen aan de achterdeur: de Duitse Abwehr in België, 1936–1945, S. 281 f. (online).
  3. a b Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 5: T–Z, Halle 1823, S. 360–367, Ziffer 583.
  4. Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 4: P–S, Halle 1823, S. 139, Ziffer 1361.
  5. Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats (Kraatz, Hrsg.). Berlin 1856, S. 508.
  6. a b c d e Michael Rademacher: Rheinprovinz – Landkreis Malmedy. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
  7. Meyers Großes Konversations-Lexikon, 6. Auflage, Band 16, Leipzig/Wien 1908, S. 836.
  8. Burg Reuland, an der Ur, in: Meyers Gazetteer (mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, und einer historischen Landkarte der Umgebung von Burg Reuland an der Ur)
  9. Nur noch drei von acht Pfarrhäusern werden von Priestern bewohnt. In: GrenzEcho. 4. Februar 2014, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Februar 2014; abgerufen am 3. Juli 2015 (kostenpflichtiger Artikel, nur Einleitung frei).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.grenzecho.net
  10. Gemeinde Burg-Reuland: Schulen. Abgerufen am 6. Januar 2021.