Campo de concentración de Albatera
Der Campo de concentración de Albatera („Konzentrationslager Albatera“) war ein franquistisches Konzentrationslager, das nach dem Ende des spanischen Bürgerkrieges errichtet wurde. Es wurde Ende Oktober 1939 geschlossen. Es liegt heute auf dem Gebiet der Gemeinde San Isidro, Comarca Vega Baja del Segura der Provinz Alicante in der Comunidad Valenciana.
Geschichte
BearbeitenArbeitslager der Republik
BearbeitenEin Gefangenen- und Arbeitslager der Republik auf demselben Gelände gehört zur Vorgeschichte. Auf der Grundlage eines Regierungsdekrets vom 26. Dezember 1936[1] erstellte ein Mitarbeiter der Dirección General de Prisiones im August 1937 eine Machbarkeitsstudie für das spätere Arbeitslager Albatera.[2] Es wurde am 24. Oktober 1937 eröffnet. Während des Spanischer Bürgerkrieges (1936–1939) beherbergte das Lager insgesamt 1039 Häftlinge. In den anderthalb Jahren, die es unter der Kontrolle der demokratischen Regierung der Republik bestand, starben fünf Insassen.[3][4][5][6]
Das franquistische Arbeitslager
BearbeitenNach dem Ende des Bürgerkriegs trafen Tausende von Häftlingen im Konzentrationslager Albatera ein, die ursprünglich nach Alicante gekommen waren, um sich einzuschiffen und vor der Unterdrückung durch das Regime von Francisco Franco zu fliehen. Dort wurden sie dann aber festgenommen und zuerst ins Campo de concentración de Los Almendros gebracht, dann aber in überfüllten Viehtransportern und Lastwagen nach Albatera.[7] An- und Abmeldebücher und andere Register sind verloren gegangen. Es existieren nur Schätzungen von zwölf- bis dreißigtausend Häftlingen.[8][5][9]
Das franquistische Konzentrationslager wurde am 11. April 1939 eingerichtet, ohne strafrechtliche Urteile und ohne rechtsstaatliche Garantien für die Häftlinge,[10]. Zeugenaussagen zufolge besuchten mehrere Naziführer die Einrichtung. Es gibt auch Belege für einen Besuch des faschistischen Ideologen Ernesto Giménez Caballero im Mai 1939, der eine Ansprache an die Gefangenen richtete: „Ihr seid uns ausgeliefert. Wenn ich es will, brauche ich nur den Befehl zu geben: Diese automatischen Maschinengewehre, die auf euch gerichtet sind, werden schießen, bis sie euch alle erledigt haben. Wir sind niemandem Rechenschaft schuldig.“[7]
Die Lebensbedingungen waren hart, nicht zuletzt wegen des Mangels an Lebensmitteln und Wasser. Die Häftlinge erhielten nur „alle zwei Tage eine Dose [Konserven] für zwei Personen und ein Stück Brot für fünf".[5] Allein im April 1939 starben 138 Menschen an Hunger und Krankheiten.[11] Viele Häftlinge zogen es vor, im Freien zu schlafen, anstatt in den Baracken, die von Wanzen und Läusen befallen waren. Guillermo Gómez Blanco, ein Überlebender, sagte aus: „Der Wassermangel führte zu einem völligen Mangel an Hygiene, so dass wir in kurzer Zeit zu menschlichen Lumpen wurden.“ Diese Bedingungen führten zum Auftreten von Krankheiten wie der Krätze, die sich in Ermangelung jeglicher medizinischer Versorgung schnell im Lager ausbreiteten.[12] Hunger und Darmerkrankungen waren die Haupttodesursachen in Albatera.[5] Dazu kamen harte Strafmaßnahmen. Auf dem Grundstück des Lagers gibt es Massengräber, die bis heute nicht ausgehoben wurden. Von den ersten Tagen an wurden Häftlinge von den Falangisten anhand von Mitgliedslisten von Gewerkschaften und politischen Parteien als zu eliminierende Personen gesucht. Zeugenaussagen zufolge wurden einige der Gefangenen vor dem Abtransport ins Lager in aller Öffentlichkeit gefoltert.[13] Außerdem wurden die Gefangenen nummeriert, dass, wenn einer von ihnen entkommen würde, die mit den Nummern davor und danach erschossen wurden.[9][8]
Selbstorganisation der Häftlinge und Fluchtversuche
BearbeitenDie Lagerhäftlinge begannen, sich nach den Parteien und Gewerkschaften zu organisieren. Einige dieser Organisationen gründeten ihre eigenen Fluchtkomitees, deren Aufgabe es war, ihren Mitgliedern, die fliehen wollten, Schutz auf der Flucht durch Spanien zu gewähren.
Die Schließung des Lagers
BearbeitenDas Konzentrationslager wurde im Oktober 1939, kurz nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, „nach einer katastrophalen und nachlässigen Verwaltung"[5] geschlossen. Laut Javier Quiles, der dort interniert war, war die Schließung auf eine Tuberkulose- und Typhusepidemie zurückzuführen, die durch schlechte Hygiene- und Ernährungsbedingungen verursacht wurde. Die meisten Häftlinge wurden daraufhin in das Konzentrationslager Porta Coeli, in der Provinz Valencia gelegen, oder in Strafanstalten, Arbeitsbataillone oder zur Zwangsarbeit überstellt. Andere wurden nach einem Standgericht zum Tode verurteilt.[9]
Umgang mit der Vergangenheit
BearbeitenDie Franco-Behörden versuchten, die Überreste des Lagers zu verstecken und die Akten zu vernichten. Deshalb wurde auf einem Teil des Geländes die Siedlung San Isidro errichtet. Dank der Aussagen von Nachbarn und Überlebenden, verschiedenen Fotografien, die 1946 von der US-Luftwaffe aufgenommen wurden, und der im Archiv von Salamanca aufbewahrten Unterlagen (einschließlich Plänen der Einrichtung) konnte die Struktur des Lagers rekonstruiert werden.[8][5][9][7]
Im Dezember 2020 fand das von dem Archäologen Felipe Mejías geleitete Team Fundamente von drei Baracken[7] und eröffnete damit die Möglichkeit, dass das Konzentrationslager Albatera „das erste in Spanien sein könnte, das zu einem Museum gemacht wird". Es wurden auch menschliche Überreste sowie Gegenstände und Habseligkeiten gefunden, die alle im Archäologischen Museum von Alicante deponiert wurden. Die lokalen und regionalen Behörden ergriffen Maßnahmen, um das Grundstück in eine Gedenkstätte umzuwandeln.[5]
Seit 2008 finden in San Isidro alljährlich Konferenzen zum Konzentrationslager Albatera statt. Nach Angaben der Organisatoren[14] „sollen sie ein Forum für Gedenken und Erinnerung an die Repression im Lager Albatera während der Franco-Diktatur“ sein.[15]
Häftlinge (Auswahl)
BearbeitenDie Auswahl beruht auf dem Häftlingsverzeichnis der Universität Alicante[16] und steht für die verschiedenen Gruppen der republikanischen Gesellschaft, die der Franquismus aus dem autoritären Staat ausschloss.
- Amós Acero: Abgeordneter der Partido Socialista Obrero Español und Bürgermeister von Vallecas
- Miguel Alonso Calvo (Pseudonym Ramón de Garciasol): Schriftsteller
- David Antona: Gewerkschafter und Zivilgouverneur von Ciudad Real
- Manuel Arnil: Politiker und Mitglied des Comité de Defensa Confederal der CNT
- Francisco Bajo Mateos: Arzt, republikanischer Generaldirektor für Kindergesundheit
- Ricardo Burillo: Offizier der republikanischen Volksarmee
- Antonio Pina: Gewerkschafter und Politkommissar in der republikanischen Volksarmee
- Manuel García-Pelayo: Jurist, Offizier der Volksarmee und späterer Präsident des spanischen Verfassungsgerichts zwischen 1980 und 1986
- Eduardo de Guzmán: Journalist, Chefredakteur Castilla Libre
- Rafael Henche de la Plata: Bürgermeister von Madrid
- Juan Ibarrola: Oberst der Volksarmee
- Jesús Larrañaga: Politiker, PCE
- Fernando Macarro Castello (Pseudonym Marcos Ana): Dichter
- Jaume Mata: Politiker, Präsident der Asociación de Aviadores de la República (republikanischer Fliegerverband)
- Manuel Navarro Ballesteros: Chefredakteur des Mundo Obrero
- Antonio Ortega Gutiérrez: Oberst der Volksarmee, Mitglied der PCE
- Leopoldo Ortega: Stabschef der 67. División der Volksarmee, Parlamentär des Consejo Nacional de Defensa des Segismundo Casado
- Ángel Pedrero García: Politiker, Chef des republikanischen Militärgeheimdienstes SIM in Madrid und Unterstützer Casados
- Antonio Pérez Ariño: Gewerkschafter und Mitglied des Consejo Nacional de Defensa
- Juan Peset: Arzt, Rektor der Universidad de Valencia
- Manuel Pina Picazo: Sportler, Skifahrer des Gebirgsjäger- Bataillons der Volksarmee, verheiratet mit Margot Moles[17]
- Pascual Pla y Beltrán: Dichter, Mitglied der Unión de Escritores y Artistas Proletarios (Verband der Schriftsteller und der proletarischen Künstler)
- Heriberto Quiñones: kommunistischer Politiker
- Gonzalo Recatero: Arzt, Chef der Sanitätseinheit des Ejército de Levante der Volksarmee
- Jorge Renales Fernández (Pseudonym Jorge Campos): Schriftsteller
- José Rodríguez Vega: Gewerkschafter, Generalsekretär der UGT
- Luis Sendín: Gewerkschafter, Politkommissar einer Panzerdivision der Volksarmee
- Jorge Sepúlveda: Bolerosänger[18]
- Nilamón Toral: Oberstleutnant der Milizen der Volksarmee
- Antonio Trigo Mairal: Politiker und Zivilgouverneur von Madrid
- Francisco Trillo: Politiker, Unterstaatssekretär des Gesundheitswesens
- Manuel Tuñón de Lara: Politiker der Juventudes Socialistas Unificadas, später Historiker
- Etelvino Vega: Oberstleutnant der Milizen der Volksarmee, Militärgouverneur von Alicante
- Manuel Villar Mingo: Journalist, Gewerkschafter, Chefredakteur der CNT-Presse
- Ricardo Zabalza: sozialistischer Abgeordneter, Mitverschwörer von Casado
Literatur (Auswahl)
Bearbeiten- Jorge Campos: Cuentos sobre Alicante y Albatera. Anthropos, Barcelona 1985.
- Enrique Cerdán Tato: La lucha por la democracia en Alicante. Casa de Campo, Madrid 1978.
- Eduardo Guzmán: El año de la victoria. Vosa, Madrid 2001.
- Hartmut Heine: La oposición política al franquismo. De 1939 a 1952. Crítica, Barcelona 1983, ISBN 84-7423-198-1.
- Lluis Marco i Dachs: Llaurant la tristesa. Ed. Mediterrània, Barcelona 1998.
- Javier Rodrigo: Los campos de concentración franquistas. Siete mares, Madrid 2003.
- Bernardo López García: En las cárceles de Franco no vi a Dios... Ed. Ketres, Alicante 1992.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Presidencia del Consejo de Ministros – Decretos. Gaceta de la República, 27. Dezember 1936, S. 1118–1119, abgerufen am 14. Juli 2024.
- ↑ Julius Ruiz: ‘Work and Don't Lose Hope’: Republican Forced Labour Camps during the Spanish Civil War. Cambridge University Press, Cambridge 29. September 2009, S. 429 (englisch, cambridge.org [abgerufen am 15. August 2022]).
- ↑ Paul Preston: The Spanish Holocaust. Debate, 2019, ISBN 978-84-8306-852-6 (englisch).
- ↑ Carlos Hernández: Franco's Concentration Camps. Penguin Random House, New York, London 2019, ISBN 978-84-666-6478-3, S. 341 (englisch).
- ↑ a b c d e f g Rafa Burgos: El rastro de 14.000 presos hacinados y hambrientos. Elpais.com, abgerufen am 15. Dezember 2020 (spanisch).
- ↑ Carlos Hernández de Miguel: Los campos de concentración de Franco. Penguin Random House, Barcelona 2019, ISBN 978-84-666-6478-3, S. 29 (spanisch).
- ↑ a b c d Loreto Mármol: Tras las huellas de los desaparecidos en el campo de concentración de Albatera, uno de los lugares más crueles de la represión franquista. Publico.es, 31. Oktober 2020, abgerufen am 18. Dezember 2024 (spanisch).
- ↑ a b c Xavier Aliaga: Un estudio recrea la vida en el campo de concentración de Albatera. elpais.com, 5. Oktober 2009, abgerufen am 13. Januar 2021 (spanisch).
- ↑ a b c d Luis Pueyo: El campo de concentración de Albatera que inspiró a los nazis. revistadehistoria.es, 13. Juni 2017, abgerufen am 11. Januar 2020 (spanisch).
- ↑ Javier Rodrigo: Cautivos. Campos de concentración en la España franquista, 1936–1947. Crítica, 2005, ISBN 84-8432-632-2, S. 9–12 (spanisch).
- ↑ Rafael Arnal: El camp de concentració de Portale (1939–1942). Associació Stanbrook, 2017 (spanisch).
- ↑ Carlos Hernández de Miguel: Los campos de concentración de Franco. Penguin Random House, 2019, ISBN 978-84-666-6478-3, S. 179–180, 188 (spanisch).
- ↑ Carlos Hernández de Miguel: Los campos de concentración de Franco. Penguin Random House, ISBN 978-84-666-6478-3, S. 80, 217–218 (spanisch).
- ↑ Antonio Campos: Campo de Concentración de Albatera. 2015, abgerufen am 18. Dezember 2024 (spanisch).
- ↑ Alfonso Herrero: San Isidro bereitet sich auf die XIII Jornadas en torno al Campo de Concentración de Albatera vor. vegabajadigital.com, 11. Oktober 2020, abgerufen am 7. Juli 2024 (spanisch).
- ↑ Lista de reclusos en el campo de Albatera. (PDF) In: Universidad de Alicante. Archivo de la Democracia, abgerufen am 26. April 2024 (spanisch).
- ↑ Gabe Abrahams: Manuel Pina y Margot Moles: campeones republicanos 90 años después. Nueva Tribuna, 5. Juni 2022, abgerufen am 26. Juli 2024 (spanisch).
- ↑ Víctor Fernández: El cantante que pidió ser enterrado en la fosa común. La Razón, 16. Januar 2022, abgerufen am 9. August 2024 (spanisch).
Koordinaten: 38° 9′ 40,7″ N, 0° 50′ 11,6″ W