Cantiña ist im engeren Sinn eine Bezeichnung für einen Palo des Flamenco, im weiteren Sinn eine Sammelbezeichnung für Flamencogestile aus der Provinz Cádiz.[1] Als Kategoriebegriff umfassen die Cantiñas die Alegrías, den Mirabrás, die Caracoles und die Romera.

Geschichte

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Wahrscheinliche Vorgänger sind traditionelle Volksgesänge und -Tänze aus den Anfängen des 19. Jahrhunderts, insbesondere die Jota.[2] Der gaditanische Sänger Enrique Butrón wird als derjenige genannt, der diese ursprünglich aragonesische Musik in die Formenwelt des Flamenco übertrug. In die traditionelle Jota flossen Formen der Soleá ein; deren Rhythmus übertrug sich auf die zur Kategorie der Cantiñas gezählten Stile. Diese Entwicklung vollzog sich im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts.[3] Aufgrund ihres rhythmischen Reichtums wurden Cantiñas zum Inbegriff für festliche Musik.[4] In Cádiz stand und steht das Wort cantiñear für spielen, improvisieren und fantasieren.[5] In den Cafés cantantes des 19. Jahrhunderts setzte sich der Einfluss der Cantiñas im Mirabrás, den Caracoles und den Romeras fort.[4]

Bedeutende Protagonisten und Interpreten der Cantiña waren im 19. Jahrhundert Juan Moreno Jiménez, genannt Juaniquí de Lebrija,[6] Tío José el Granaíno, dem die Erfindung der Caracoles zugeschrieben wird,[7] und José el de Sanlúcar.[7] Anfang des 20. Jahrhunderts machte der Sänger und Matador José María de Cossío, als Sänger unter dem Namen Onofre bekannt, mit seinen Alegrías de Córdoba von sich reden. Es handelte sich jedoch mitnichten um genuin cordobesische Musik, sondern um Abwandlungen gaditanischer Cantiñas.[8] Weitere bedeutende Interpretationen boten im 20. Jahrhundert Antonio Díaz Soto, genannt El Flecha de Cádiz,[9] und La Niña de los Peines.[2]

Musikalische Charakteristik

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Die Cantiñas verwenden überwiegend Tonarten in Dur. Die Begleitung beschränkt sich meist auf eine einfache Kadenzharmonik mit stetigem Wechsel zwischen der Tonika und der Dominante.[2]

Der Rhythmus folgt einem 12/8-Takt mit den zwischen Zweier- und Dreiergruppen wechselnden Betonungsmustern der Soleá.[2]

In den Cantiñas findet man eine große Vielfalt lyrischer Formen. Eine häufige Form ist der auch in vielen anderen Palos gängige achtsilbige Vierzeiler. Zusätzliche Variation kommt durch refrainartige Schlusszeilen, die sogenannten Juguetillos, ins Spiel.[2]

Eine selten gesungene Variante der Cantiñas ist La Rosa, zu deren letzten Interpreten der Sänger Ramón Medrano aus Sanlúcar de Barrameda gehörte:[2]

Y por apellío, Rosa
sé que te llamas María
vale más tu durse nombre
que el Pilar de Zaragoza

¿Ayudarme caballeros?
a dibujar esta rosa
que tengo luto y no puedo
dibujarla tan hermosa.

Como la infeliz rosa
es la hermosura
que complace y alegra
mientras que dura.

Rosa wirst du genannt,
ich weiß, dass du María heißt.
Kostbarer dein süßer Name
als Pilar[10] von Saragossa.

Helft mir, meine Herren
zu malen diese Rose.
Ich trau’re und ich kann
sie schön genug nicht malen.

Wie die unglückliche Rose
ist’s die Schönheit
die gefällt und Freude bringt
solang´ sie dauert.

Anmerkungen

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  1. DRAE Eintrag Cantiña. Abgerufen am 30. Oktober 2021 (spanisch).
  2. a b c d e f Cantiñas. In: Flamencopolis.com. Abgerufen am 12. August 2018 (spanisch).
  3. Juan Vergillos: Conocer el Flamenco. 2009, S. 40.
  4. a b Juan Vergillos: Conocer el Flamenco. 2009, S. 42.
  5. Miguel Ortiz: Cantiña. In: Flamencoviejo.com. 16. März 2010, abgerufen am 12. August 2018 (spanisch).
  6. Ángel Álvarez Caballero: El cante flamenco. Alianza Editorial, Madrid 2004, ISBN 978-84-206-4325-0 (spanisch).
  7. a b Ángel Álvarez Caballero: El cante flamenco. 2004, S. 132.
  8. Ángel Álvarez Caballero: El cante flamenco. 2004, S. 146.
  9. Ángel Álvarez Caballero: El cante flamenco. 2004, S. 270.
  10. gemeint ist Virgen del Pilar, die Schutzpatronin von Saragossa