Charles K. Bliss

österreichisch-australischer Erfinder der Bliss-Symbole

Charles Kasiel Bliss AM (* 5. September 1897[1] als Karl Kasiel Blitz in Czernowitz, Österreich-Ungarn; † 13. Juli 1985 in Sydney, Australien) wollte eine eigene Schrift gestalten, die durch ihre Eindeutigkeit dazu beitragen würde, Missverständnisse zwischen den Völkern zu vermeiden. Sein Zeichensystem sollte so gestaltet sein, dass die Bedeutung der Begriffe sofort erkennbar sei. Das Ergebnis waren die Bliss-Symbole.

Bliss-Symbole für Mann und Frau
 
Beispiele für die Bliss-Symbole

Karl Blitz wuchs in der Bukowina, einer Region der k.u.k.-Monarchie an der Grenze zum Russischen Reich auf, in der neun Nationalitäten lebten, die einander oft feindlich gesinnt waren. Er war das erste von vier Kindern der Eltern Michel Anchel und Jeanette Blitz. Sein Vater arbeitete als Optiker, Mechaniker und Elektriker.

 
Registrierungskarte von Charles K. Bliss als Gefangener im nationalsozialistischen Konzentrationslager Dachau

1922 schloss Blitz an der Technischen Hochschule in Wien sein Studium als Chemieingenieur ab. Anschließend arbeitete er in der Forschung und wurde Chef der Patentabteilung seines Betriebs. 1938, nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, wurde er zuerst in das KZ Dachau und von dort weiter in das KZ Buchenwald eingeliefert. Dank der Bemühungen seiner späteren Frau Claire kam er wieder frei, musste aber Deutschland verlassen und ging nach Großbritannien. Wegen des Kriegsausbruchs im Jahr 1939 konnte seine Frau ihm nicht dorthin folgen und ging zunächst zu seiner Familie nach Rumänien und von dort weiter nach Griechenland zu Freunden ihres Mannes. Nach dem Einmarsch italienischer Truppen in Griechenland beschlossen beide, zu einem Cousin in Shanghai zu fliehen. Claire reiste über das Schwarze Meer, dann mit der Transsibirische Eisenbahn in die Mandschurei und über das Gelbe Meer nach Shanghai. Karl nahm einen Weg über den Atlantik, Kanada, den Pazifik und Japan nach China. Weihnachten 1940 trafen sie sich nach dreijähriger Trennung in Shanghai.

Dort erkrankte Claire an Typhus und wurde von Karl gepflegt. Als japanische Truppen Shanghai eroberten, war Karl als Jude gezwungen, in das Ghetto im Stadtteil Hongkou zu gehen. Claire folgte ihm, obwohl sie sich als Katholikin leicht von ihrem Mann hätte scheiden lassen können.

In Shanghai wurde Karl Blitz auf die chinesischen Schriftzeichen aufmerksam. Ein Chinesischlehrer erklärte ihm, dass chinesische Texte in verschiedenen Dialekten gelesen werden können von Leuten, die nicht miteinander sprechen können. Er lernte einige chinesische Schriftzeichen. Er entzifferte Schlagzeilen der chinesischen Zeitungen und übersetzte sie auf Deutsch oder Englisch.

1942 entdeckte Karl Blitz die Schriften von Professor Basil Hall Chamberlain von der Universität Tokyo. Chamberlain war der Ansicht, dass eines Tages Ideogramme einen endgültigen Sieg über die phonetischen Schriften erringen würden. Dies war vielleicht der letzte Anstoß für Blitz, eine Pasigrafie zu entwickeln.

1946, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, siedelten Karl und Claire nach Australien um. In Sydney waren jedoch Karls Kenntnisse nicht gefragt, und er musste sich mit untergeordneten Tätigkeiten zufriedengeben.

An Wochenenden recherchierten die beiden in Bibliotheken und arbeiteten an der Weiterentwicklung „einer Schrift für eine Welt und dem Verständnis über alle Sprachgrenzen hinweg“. Der erste Name für dieses Projekt war „World Writing“ (= Weltschrift), dann entschieden sie sich für eine etwas internationalere Bezeichnung und prägten den englischen Namen Semantography (vom griechischen „sema“ = Zeichen + „graphein“ = Schreiben).

1949 veröffentlichte Blitz sein Werk „International Semantography: A non-alphabetical Symbol Writing readable in all languages“ (Semantographie: Eine nicht-alphabetische Symbolschrift, die in allen Sprachen lesbar ist).

Diese Semantographie wurde von Bertrand Russell und Lancelot Hogben positiv bewertet, traf aber sonst nur auf wenig Interesse.

Claire verschickte zwischen 1949 und 1953 mehr als 6.000 Briefe mit Informationen über die Semantographie an Universitäten und Pädagogen in der ganzen Welt. Doch diese Bemühungen waren ohne Erfolg. Am 14. August 1961 verstarb Claire.

1971 kam eine kanadische Behindertenorganisation – nach der Sichtung etlicher ähnlicher Projekte – zur Entscheidung die Semantographie für die Kommunikation spastisch gelähmter Kinder einzusetzen. An diese Zielgruppe hatte Blitz ursprünglich nicht gedacht, doch 1975 gewährte er der kanadischen Blissymbolics Communication Foundation eine exklusive Lizenz für die Nutzung seiner Symbole. Mit der Verwendung seiner Semantographie war er aber überhaupt nicht zufrieden.

Literatur

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  • Bliss, Charles Kasiel, in: Werner Röder; Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,1. München : Saur, 1983, S. 116
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Einzelnachweise

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  1. The National Archives; Kew, London, England; HO 396 WW2 Internees (Aliens) Index Cards 1939-1947; Referenznummer: HO 396/8 (kostenpflichtig einsehbar unter Ancestry.com)