Chemiekombinat Bitterfeld

Chemiestandort in der DDR

Der Volkseigene Betrieb (VEB) Chemiekombinat Bitterfeld (CKB) war ein bedeutender Chemiestandort in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Das Chemiekombinat Bitterfeld war im Kern auf einem etwa 6 km² großen Industriegelände zwischen Bitterfeld und Wolfen angesiedelt.

VEB Chemiekombinat Bitterfeld

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Rechtsform VEB Kombinat
Gründung 1969
Auflösung 1990
Auflösungsgrund Privatisierung
Sitz Bitterfeld,
Deutschland Demokratische Republik 1949 Deutsche Demokratische Republik
Mitarbeiterzahl 27.783[1]
Branche Chemische Industrie
Stand: 30. Juni 1990
Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld Kraftwerk Nord

Das Kombinat war direkt dem Ministerium für Chemische Industrie unterstellt. Weitere zentralgeleitete Kombinate der chemischen Industrie können in der Liste von Kombinaten der DDR eingesehen werden.

 
TastEx vom VEB Chemiekombinat Bitterfeld

Das Chemiekombinat Bitterfeld (CKB) entstand 1969 aus dem VEB Elektrochemisches Kombinat Bitterfeld (EKB) und der Farbenfabrik Wolfen. Damit bildete es nach den Chemischen Werken in Leuna und Buna-Schkopau den drittgrößten Chemiestandort der DDR.

Zum neu gebildeten Kombinat gehörten:

Das Produktionsprogramm des gesamten Kombinates, in dem bis zu 32 000 Beschäftigte tätig waren, umfasste eine ungewöhnlich breite Erzeugnispalette. Zu den ca. 4500 verschiedenen Erzeugnissen gehörten anorganische und organische Grundmaterialien, Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel, organische Farbstoffe und Hilfsmittel, Katalysatoren, Ionenaustauschharze, Molekularsiebe, Silikone, Fluorcarbone, Soda, Fotochemikalien, Wasch- und Reinigungsmittel, Pharmazeutika, Riechstoffe, PVC-Produkte, technische Kohle und Graphiterzeugnisse.[2]

Die Bildung des VEB CKB erbrachte jedoch nicht die erhofften strukturellen und wirtschaftlichen Verbesserungen. Die Chemiebetriebe in Bitterfeld und Wolfen blieben trotz durchgeführter Sortimentsbereinigung mit einer enorm großen Zahl von Zwischen- und Endprodukten weiterhin die „Apotheke der DDR“. Die dringend benötigten Neuinvestitionen flossen in wenige, ausgewählte Projekte. So musste das CKB größtenteils mit eigenen Mitteln auch dort Reparaturen durchführen, wo ein Neubau technischer Anlagen wirtschaftlicher gewesen wäre. Viele technische Anlagen wurden notgedrungen auf Verschleiß gefahren, was zu Einschränkungen in der Arbeitssicherheit und staatlicherseits zu Befreiungen von Umweltauflagen führte. Obwohl die schwierige Situation des CKB bei höchsten Stellen in Berlin bekannt war, wurden Forderungen nach Investitionen abgelehnt. Unter schwer gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen wurden auch Strafgefangene und Bausoldaten eingesetzt.

Wie andere volkseigene Großbetriebe baute das Unternehmen eine Sammlung von Werken der bildenden Kunst der DDR auf. 1998 erwarb das Land Sachsen-Anhalt die 231 Kunstwerke mit dem Ziel, den Bestand in seiner Gesamtheit auf Dauer zu erhalten.[3] Sie befinden sich als "Bitterfeld-Sammlung" seit 2004 in den Depots der Dokumentationsstelle Bildende Kunst.

Übergang in die Marktwirtschaft

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Das CKB wurde durch die Treuhandanstalt zum 21. Juni 1990 zur Chemie AG Bitterfeld-Wolfen privatisiert. Die sechs 1969 an das CKB angegliederten Betriebe wurden abgetrennt. Nach der Wiedervereinigung Deutschlands gelang eine Gesamtprivatisierung der Chemie AG Bitterfeld-Wolfen aufgrund des allgemeinen schlechten technischen Zustandes vieler Betriebsteile nicht. Nur wenige der dort hergestellten Produkte konnten auf dem freien Markt bestehen. Es erfolgten Teilprivatisierungen.

Von ehemals 18.000 Arbeitsplätzen im Raum Bitterfeld gingen zwischen 1990 und 1994 12.000 verloren.

2012 umfasste der Chemiepark Bitterfeld-Wolfen eine Fläche von 1.200 Hektar, wo in rund 360 neu gegründeten Unternehmen insgesamt etwa 11.000 Menschen beschäftigt sind.[4]

Zu den wichtigsten Unternehmen im Chemiepark gehören

1994 nahm ein neues Bayer-Werk in Bitterfeld die Produktion von Aspirin auf. Das VEB Fettchemie Karl-Marx-Stadt firmiert heute unter fit (Unternehmen).

Ereignisse und Besonderheiten

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  • Noch vor Gründung des CKB ereignete sich am 11. Juli 1968 im Elektrochemischen Kombinat Bitterfeld (EKB) ein Chemieunfall, als im PVC-Betrieb ein Autoklav explodierte. Austretendes Vinylchlorid entzündete sich und tötete 42 Menschen. 210 wurden verletzt.
  • Weithin sichtbar war die gelbe Rauchsäule aus dem Säureeck in Richtung Sandersdorf. Das Säureeck wurde 1996 stillgelegt. Im Säureeck wurden Salpetersäure und Nitratsalze hergestellt.
  • Chlor IV galt bis zu seiner Stilllegung als modernster Chlorfabrikant Europas. Bei seiner Schließung verloren 4500 Menschen ihre Arbeit.
  • Das Bad der Chemiearbeiter wurde 2001 geschlossen. Steigendes Grundwasser bzw. ungeklärte Vermögensverhältnisse zwangen damals den privaten Betreiber, das letzte Freibad in Bitterfeld, das 1939 als werkseigenes IG-Bad eröffnet worden war, zu schließen.[5]

Direktoren des CKB

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  • 04/1969 – 12/1969: Theo Boethin (Kombinatsdirektor)
  • 01/1970 – 01/1971: Theo Boethin (Generaldirektor)
  • 02/1971 – 05/1971: Karl Kaduk (amt. Generaldirektor)
  • 06/1971 – 12/1983: Heinz Schwarz (Generaldirektor)
  • 01/1984 – 04/1990: Adolf Eser (Generaldirektor)
  • 04/1990 – 06/1990: Günther Kawalek (amt. Generaldirektor)

Rezeption

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Der Komponist Günter Kochan komponierte 1976/77 im Auftrag des CKB Sieben Orchesterstücke mit dem Titel „Bilder aus dem Kombinat“.

Literatur

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  • Chemie AG Bitterfeld-Wolfen (Hrsg.): Bitterfelder Chronik 100 Jahre Chemiestandort Bitterfeld-Wolfen. Bitterfeld 1993.
  • Justus Vesting: Mit dem Mut zum gesunden Risiko. Die Arbeitsbedingungen von Strafgefangenen und Bausoldaten in den Betrieben der Region Bitterfeld, Buna und Leuna unter besonderer Berücksichtigung des VEB Chemiekombinat Bitterfeld, Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR Sachsen-Anhalt, Sachbeiträge (30), Magdeburg 2003.
  • Heinz Schwarz: Prägungen aus acht Jahrzehnten – Bitterfelder Weg eines Generaldirektors. GNN Verlag 2004.
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Commons: Chemiekombinat Bitterfeld – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. „Die Wirtschaft – Unabhängige Wochenzeitung für Wirtschaft, Handel und Finanzen“ (Hrsg.): Kombinate: Was aus ihnen geworden ist. Reportagen aus den neuen Ländern. Verlag Die Wirtschaft, München 1993, ISBN 3-349-01041-5, S. 377–381. (Anhang: Zentralgeleitete Kombinate der Industrie und des Bauwesens nach Ministerien, Stand 30. Juni 1990, basierend auf Zahlen des statistischen Betriebsregisters der DDR)
  2. (Einleitung) Die Objektdienststelle Chemiekombinat Bitterfeld (CKB). Abgerufen am 9. Oktober 2023.
  3. Kunstsammlung des Landes Sachsen-Anhalt. Abgerufen am 2. November 2023.
  4. ChemiePark Bitterfeld-Wolfen GmbH, Historie 2005-2013. Abgerufen am 9. Oktober 2023.
  5. Silke Ungefroren: IG-Bad in Bitterfeld: Ein idyllisch gelegenes Areal, das heute verschwunden ist. Mitteldeutsche Zeitung, 14. Oktober 2017, abgerufen am 10. Oktober 2023.