Chrie
Eine Chrie (Aussprache [altgriechisch χρεία chreia „Gebrauch, Nutzen“) ist eine schriftliche Ausarbeitung über eine Spruchweisheit nach einem festgelegten, formalen Schema. Sie gehörte zu den Progymnasmata des antiken Rhetorikunterrichts und war bis Anfang des 20. Jahrhunderts im Schulunterricht von Bedeutung. Auch heute wird die Chrie noch in der Vorbereitung auf eine Debatte oder Rede benutzt.
] oder vereinfacht [ ]; vonMan fasst dabei seine Gedanken zur Spruchweisheit in festgelegten Schritten zusammen. Dabei sollen die positiven Aspekte der Maxime oder Ähnliches beleuchtet werden, indem man Gedanken zum Thema „Wo finde ich ein Beispiel für die positive Auswirkung?“ oder „Was wäre, wenn Menschen anders handeln würden?“ aufschreibt oder vorträgt.
Aufbau
Bearbeiten1. | Lob | Lobende Vorstellung des Autors |
2. | Nennung | Nennung des Zitates oder eines denkwürdigen Geschehnisses |
3. | Warum | Aufzeigen eines Grundes, warum die Bemerkung oder die Geschehnisse denkwürdig sind |
4. | Gegenteil | Deutung des Beispiels bei Umkehrung der Aussage |
5. | Vergleich | Darstellung eines Vergleichs |
6. | Beispiel | Nennung eines weiteren Beispiels für die Hauptaussage der Chrie |
7. | Untermauerung | Untermauerung der dargestellten Meinung durch die Aussage einer anderen Persönlichkeit |
8. | Zusammenfassung | Kurze Zusammenfassung |
Der lateinische Merkvers für eine Chrie, ein Hexameter, lautet: „Quís, quid, cúr, contrá, simil(e), éxemplária, téstes?“ („Wer, was, warum, gegen, ähnlich, Beispiele, Zeugen“).
Beispiel
BearbeitenEin Beispiel für eine Chrie ist die neutestamentliche Erzählung Das Scherflein der Witwe (Mk 12,41–44 LUT).[1]
Literatur
Bearbeiten- Tim Ch. Bartsch, Michael Hoppmann, Bernd F. Rex, Markus Vergeest: Trainingsbuch Rhetorik. UTB 2689, Schöningh, Paderborn 20082; ISBN 978-3-8385-2689-8; S. 38 ff.
- G. v. Wartensleben: Der Begriff der griechischen Chrie und Beiträge zur Geschichte ihrer Form. Heidelberg 1901 (Dissertation).
- F. A. Weber: Erklärendes Handbuch der Fremdwörter. 12. Auflage. 1870 („Chrie, f. (gr.) die Aufgabe zu einer schriftlichen Ausarbeitung; die schriftliche Schulausarbeitung.“).
- Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur (= Kröners Taschenausgabe. Band 231). 4., verbesserte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 1964, DNB 455687854, S. 104.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Franz Jung: 32. Sonntag im Jahreskreis (B): Mk 12,38–44: Jesu entlarvender und rettender Blick; 2006; S. 1 (pdf, 240 kB)