Christence Kruckow
Christence Kruckow (* um 1560; † 26. Juni 1621 in Kopenhagen) war eine dänische Adlige, die als Hexe hingerichtet wurde. Die von ihr kurz vor ihrem Tod testamentarisch verfügte Stiftung der geköpften Jungfrau, dänisch Den halshuggede Jomfrus Legat, unterstützte bis ins 20. Jahrhundert hinein arme Studenten der Kopenhagener Universität.
Leben
BearbeitenChristence Kruckow war eins von sechs Kindern des Gutsbesitzers Axel Nielsen Kruckow († nach 1568) von Årslevgård bei Nyborg auf Fünen und der Anne Mogensdatter Bielke.[1] Als junges Mädchen lebte sie bei dem adligen Ehepaar Berte Friis und Eiler Brockenhuus (1548–1602)[2] auf Gut Nakkebølle im Süden von Fünen. Nachdem Berte Friis 1582 gestorben war, heiratete Brockenhuus zwei Jahre später die zwanzigjährige Anne Bille (1564–1640).[3] Christence, die sich wohl Hoffnung gemacht hatte, selbst Brockenhuus’ zweite Frau zu werden, verließ Nakkebølle einige Zeit nach der Hochzeit. Wo sie anschließend lebte, ist nicht bekannt.
Anne Bille gebar in den folgenden vierzehn Jahren fünfzehn Kinder, die entweder schon tot zur Welt kamen oder kurz nach der Geburt starben. Nachdem ihre Cousine Anne Hardenberg (1566–1625) 1596 Hexerei für eine Totgeburt verantwortlich gemacht hatte, wurden auch auf Nakkebølle zwei Mägde angeklagt und als Hexen verbrannt. Beim Verhör gaben sie an, Christence Kruckow habe bei der Hochzeit 1584 mehrere Schadenszauber gegen Anne Bille ausgeführt. Unter anderem habe sie eine Wachspuppe begraben und das Brautbett verhext.[4] Daraufhin wurden wohl auch Untersuchungen gegen sie eingeleitet, die entsprechenden Unterlagen sind jedoch nicht erhalten, nur die von Kruckow verfasste Eingabe, die ihr Bruder Jens Kruckow als ihr Vormund beim für Nakkebølle zuständigen Hardesthing der Sallinge Harde einreichte. Darin erklärte sie, das Brautbett nur ausgemessen zu haben, und hinterfragte den Wahrheitsgehalt der Anklage, die allein auf der Behauptung der bereits hingerichteten Mägde beruhte. Ihr Bruder strengte eine Verfahrensklage gegen die lokalen Richter an, die nicht über eine Adlige hätten zu Gericht sitzen dürften, und zudem eine Verleumdungsklage gegen Eiler Brockenhuus, dem er außerdem vorwarf, seine Mägde gefoltert zu haben, was einem Gutsbesitzer nicht erlaubt war. Brockenhuss klagte daraufhin seinerseits Jens Kruckow der Verleumdung an. Der Streit ging bis vor den König Christian IV., der die beiden Männer am 17. Juni 1598 zu einem Vergleich brachte. Die Anklage gegen Christence Kruckow wurde fallengelassen.[5] In den folgenden Jahren lebte sie bei ihrem anderen Bruder Eiler Kruckow in Bellinge.
Um 1607 verkaufte Eiler Kruckow sein Gut Bellinge und zog nach Lolland, wo er Landrichter war. Christence Kruckow, die unverheiratet geblieben war, zog zu ihrer verheirateten Schwester Anne nach Aalborg in Nordjütland. Um diese Zeit war in Aalborg die Hexenfurcht weit verbreitet. Bereits 1611/12 fanden Prozesse statt. Dabei wurde auch Kruckow nachgesagt, sich an den magischen Praktiken einiger Bürgerfrauen beteiligt zu haben. Wieder waren Wachspuppen im Spiel. Zwei Frauen wurden verbrannt, Kruckow blieb unbehelligt.[6] 1615 stiftete sie zusammen mit ihrer Schwester ein Legat über 200 Taler für die Unterstützung armer Schüler der örtlichen Lateinschule.
Zu David Jensen Klyne, dem Pastor der Vor Frue Kirke, dessen Pfarrhaus direkt neben Kruckows Haus lag, hatten die Schwestern kein gutes Verhältnis. So hatte Christence Kruckow einmal eine ledige Schwangere aufgenommen, der der sittenstrenge Pastor die seelsorgliche Betreuung verweigerte. 1618 kam es dann zu einem Streit zwischen Kruckow und dem Pastor um eine Dachrinne. Kurze Zeit später wurde die Frau des Pastors verrückt. Ihr Mann verdächtigte Christence Kruckow, sie verhext zu haben. Ihm fehlte jedoch ein Beweis. Dann wurde im folgenden Jahr eine Frau, die von den Verurteilten des Prozesses von 1612 besagt worden war, verhaftet.[5] In den Verhören gab sie an, Mitglied eines Hexenzirkels zu sein. Christence Kruckow sei ihre Anführerin und die Geschickteste von ihnen, die am meisten von dem Glück, das sie ihren Opfern stahlen, für sich behalten habe.[4] Ausgerechnet ein Cousin von Anne Bille, die mittlerweile Witwe war, führte die Ermittlungen und unterrichtete König Christian IV. Dieser hatte 1617 ein Gesetz zur Ausrottung der Hexerei erlassen und ließ 1620 eine Untersuchung anstellen. Die Zeugenbefragungen, die weitere Belege für Kruckows angebliche Hexerei ans Licht brachten, führte Otte Skeel, der Lehnsmann auf Aalborghus und enger Vertrauter des Königs. So sollte sie einem Mann im Streit eine Verletzung vorausgesagt haben, ein anderer wollte gesehen haben, wie sie 1611 eine der 1612 hingerichteten Frauen von einer kindsgroßen Wachspuppe ‚entband‘, und der Pastor bestätigte den zeitlichen Zusammenhang des Streits mit Kruckow mit der Erkrankung seiner Frau. Damit schien ihre Schuld ausreichend bewiesen. Kruckow wurde verhaftet und im ehemaligen Dueholm Kloster in Nykøbing Mors, seit der Reformation ein Krongut, interniert. Die Fälle der übrigen im Zuge dieser Untersuchungen als Hexen verdächtigten Frauen in Ålborg überließ der König den örtliche Behörden, die vier von ihnen zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilten.[5]
Im Mai 1621 brachte man Christence Kruckow nach Kopenhagen, damit sie sich dort auf dem Herrentag am 9. Juni 1621 vor dem König und dem Reichsrat verantworten sollte. Die Anklage von 1598 wurde wieder aufgerollt und durch die neuen Anklagepunkte erweitert. Da Kruckow sich als Frau vor dem Gericht nicht selbst verteidigen konnte, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich auf die Gnade des Königs und des Reichsrats zu berufen. Ihre beiden Brüder, die letzten männlichen Vertreter ihres Geschlechts, die sie hätten vertreten können, waren kurz zuvor gestorben. Wohlhabende und einflussreiche Verwandte hatte Christence im Gegensatz zu Anne Bille nicht.[7] Sie wurde schuldig gesprochen und nach dem Urteil vermutlich noch gefoltert, um sie zu weiteren Geständnissen zu bringen. Der Feuertod blieb ihr als Adlige erspart. Am 26. Juni 1621 wurde sie mit dem Schwert hingerichtet. Anders als Hingerichtete sonst erhielt sie ein anständiges Begräbnis.[5]
Den halshuggede Jomfrus Legat
BearbeitenIn ihrem Testament hatte sie kurz vor ihrem Tod 1000 Reichstaler als Stiftung für arme Studenten der Kopenhagener Universität bestimmt. Zur Deckung der Kosten ihrer Unterbringung im Kopenhagener Schloss wurde die Hälfte dieses Betrags verbraucht. Von den verbliebenen 500 Talern ließ Otte Skeel 1623 das Stipendium Decollatæ Virginis, die Stiftung der geköpften Jungfrau, begründen. Diese Stiftung bestand bis 1920.[8]
Literatur
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Axel Nielsen Kruckow. Abgerufen am 7. Januar 2025. Nach anderen Angaben starb Axel Kruckow bereits 1558.
- ↑ Henry Bruun: Eiler Brockenhuus (født 1548). In: Dansk Biografisk Leksikon. 17. Juli 2011 (dänisch, lex.dk [abgerufen am 7. Januar 2025]).
- ↑ Åstrup kirke, Fyn. Gravsten. Abgerufen am 8. Januar 2025 (dänisch).
- ↑ a b Charlotte S.H. Jensen: Den eneste adelige heks. In: historie-online.dk. Abgerufen am 7. Januar 2025 (dänisch).
- ↑ a b c d Linda Corfitz Jensen: Da Christian IV jagtede Danmarks eneste adelige heks. In: kristeligt-dagblad.dk. 22. Juni 2019, abgerufen am 7. Januar 2025 (dänisch).
- ↑ C. O. Bøggild-Andersen: Christence Kruckow. In: Dansk Biografisk Leksikon. 21. Juli 2011 (dänisch, lex.dk [abgerufen am 7. Januar 2025]).
- ↑ Grethe Ilsøe: Christence Kruckow. In: Dansk kvindebiografisk leksikon. 22. April 2023 (dänisch, lex.dk [abgerufen am 7. Januar 2025]).
- ↑ Københavns Universitet Stipendier, Stipendium decollatæ virginis. In: rigsarkivet.dk. Abgerufen am 9. Januar 2025 (dänisch).
Personendaten | |
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NAME | Kruckow, Christence |
KURZBESCHREIBUNG | dänische Adlige |
GEBURTSDATUM | um 1560 |
STERBEDATUM | 26. Juni 1621 |
STERBEORT | Kopenhagen |