Claus Günther

deutscher Autor und Zeitzeugen-Aktivist

Claus Günther (* 5. April 1931 in Hamburg-Harburg) ist ein Hamburger Autor und Zeitzeugen-Aktivist.

Claus Günther 2020
Claus Günther 2020

Claus Günther wurde 1931 in Hamburg-Harburg geboren und wuchs während der NS-Diktatur auf. Prägende Ereignisse während der Kriegs- und Nachkriegszeit waren für ihn die Pogromnacht 1938[1], seine Erlebnisse in der Hitlerjugend, die Vertreibung einer jüdischen Nachbarsfamilie[2], Erinnerungen an ein Sinti-Lager[3], die Kinderlandverschickung nach Tschechien von Mai 1944 bis August 1945[4], sein währenddessen ausgebombtes Zuhause[5], Hunger[6], Kälte und Armut.

Nach dem Krieg hatte Günther die Absicht Journalist zu werden, ein Volontariat wurde ihm jedoch 1950 wegen seines fehlenden Abiturs verwehrt.[7] So arbeitete er zunächst als Industriekaufmann im grafischen Gewerbe, in der Werbeabteilung des stern, dann als Medienkaufmann bei G+J, später als Solo-Texter in einer Werbeagentur und wurde schließlich Korrektor und Teamleiter Text beim Otto-Versand. Dort verfasste er bereits Interviews, Glossen und satirische Texte. Nach seinem Renteneintritt 1992 kamen spirituelle Gedichte, Beiträge in Anthologien und erste Lesungen hinzu. Mit 70 Jahren erlernte er die plattdeutsche Sprache und publizierte mehrere Bücher darin.

Claus Günther engagiert sich seit 1997 ehrenamtlich in der Hamburger Zeitzeugenbörse und leistet antifaschistische, aufklärerische Arbeit. Er besucht solo oder mit Kollegen Schulen. Dabei stellt er sich den Fragen der Heranwachsenden, nimmt an Fernseh-Talkrunden teil und verfasst Artikel in den Publikationen der Zeitzeugenbörse. Im Wettbewerb „Aktiv für Demokratie und Toleranz 2021“ wurde sein eingereichtes Projekt Erinnerungsarbeit vom Bündnis für Demokratie und Toleranz am 8. November 2021 als vorbildlich eingestuft und mit einem Preis ausgezeichnet.[8]

Seit 2003 tritt Günther regelmäßig als Hamburgs ältester Poetry Slammer[9] auf und fasst seine Erlebnisse und Beobachtungen aus der Zeit des Nationalsozialismus vor Publikum in Worte.[10] Er zählt zu den wenigen Zeitzeugen, die auch die Taten in der eigenen Familie nicht verschweigen. 2016 erschien sein dokumentarischer Roman Heile, heile Hitler. Szenen einer Kindheit über seine Erlebnisse von 1931 bis 1947.[11] Der Roman wurde vom Hamburgischen Bürger- und Ausbildungskanal TIDE auch komplett als Hörbuch produziert, gelesen vom Autor, und ist seit Februar 2022 kostenlos im Netz abrufbar.[12]

2020 wurde unter der Rubrik Young meets Old ein Podcast mit Claus Günther und 13 Schülern aus Hamburg über die Erinnerung an eine Kindheit in der Nazi-Zeit produziert. Initiiert von der Hamburger Landeszentrale für Politische Bildung stand das Projekt unter der Leitung von Jens Hüttmann und wurde über den Hamburgischen Bürger- und Ausbildungskanal TIDE veröffentlicht.[13] 2021 wurde Claus Günther zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus vom Bayerischen Rundfunk für die Reihe Zeugen der Zeit porträtiert. Am 1. Dezember 2023 erhielt er im Hamburger Rathaus das Bundesverdienstkreuz für seine Zeitzeugenarbeit. 2024 erhielt er den Preis des Bezirks Hamburg-Mitte für sein ehrenamtliches Lebenswerk.[14]

  • Limericks Plattdüütsch (160 plattdeutsche Limericks), Quickborn-Verlag, Hamburg 2005, ISBN 3-87651-291-3.
  • Sternteeken [Sternzeichen] op Platt, Quickborn-Verlag, Hamburg 2007, ISBN 978-3-87651-326-3.
  • Utgrenzt In: Vertell doch mal! – In de School. Norddeutscher Rundfunk (Hrsg.), Wachholtz-Verlag, Neumünster 2008, ISBN 978-3-529-04862-3, S. 29–32.
  • „Prolet!“, zischte das Erdbeertörtchen: Satiren, Liederliches, Seitenhiebe. Pauerstoff-Verlag, Hamburg 2009, ISBN 978-3-9812975-2-2.
  • Kole Feut In Vertell doch mal! – Töven. Norddeutscher Rundfunk (Hrsg.), Wachholtz-Verlag, Neumünster 2013, ISBN 978-3-529-04867-8, S. 43–46.
  • Heile, heile Hitler: Szenen einer Kindheit. Verlag Marless, 2016, ISBN 978-3-9817194-9-9.
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Einzelnachweise

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  1. Reichspogromnacht 1938: Mein Vater, der SA-Mann. In: SPIEGEL Geschichte. 9. November 2018, abgerufen am 19. Februar 2021.
  2. Andrea Scharpen: „Wichtig, das offenzulegen“. Zeitzeuge über seine Kindheit im NS-Staat. 6. April 2017, abgerufen am 17. Februar 2021.
  3. Sintis in Hamburg-Harburg. In: Zeitzeugenportal. Abgerufen am 17. Februar 2021.
  4. Claus Günther: Das war's, mein Führer, der braune Spuk ist vorüber. In: SPIEGEL Geschichte. 22. April 2020, abgerufen am 17. Februar 2021.
  5. Claus Günther: „Wir starrten in entsicherte MP“. Mein Kriegsende 1945. Zeitzeugen erinnern sich (Teil 5). In: taz. 7. Mai 2020, abgerufen am 17. Februar 2021.
  6. „Man hat den Körper belogen“ - Zeitzeugen des Hungerwinters. In: SPIEGEL Geschichte. 20. Februar 2017, abgerufen am 19. Februar 2021.
  7. Claus Günther: „Heile, heile Hitler“. Biergartenlesung. Abgerufen am 18. Februar 2021.
  8. Erinnerungsarbeit. Abgerufen am 29. Januar 2022.
  9. Alexander Schuller: Er ist Hamburgs ältester Poetry-Slammer. In: Hamburger Abendblatt. 16. Februar 2017, abgerufen am 17. Februar 2021.
  10. Matthias Greulich: Hamburger des Monats – Poetry Slammer Claus Günther. In: Szene Hamburg. 5. Mai 2020, abgerufen am 18. Februar 2021.
  11. Claus Günther liest aus „Heile, heile Hitler“ – Szenen einer Kindheit. Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky, 14. März 2018, abgerufen am 18. Februar 2021.
  12. Claus Günther liest „Heile, heile Hitler“ – Szenen einer Kindheit. Abgerufen am 16. Februar 2022.
  13. Young meets Old – Zeitzeuge erzählt aus seiner NS-Kindheit. Ein Kooperationsprojekt der Landeszentrale für politische Bildung Hamburg und TIDE. In: Hamburgischer Bürger- und Ausbildungskanal. TIDE GmbH (Gemeinnützigkeit anerkannt) Kunst- und Mediencampus Hamburg, abgerufen am 17. Februar 2021.
  14. Ehrenamtlich Engagierte ausgezeichnet mit dem Preis der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte für herausragendes Ehrenamt 2024 in Gedenken an Meryem Dagmar Çelikkol. Abgerufen am 17. November 2024.