Clemizol ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Antihistaminika.[1] Clemizol wurde in den 1950er Jahren entdeckt.

Strukturformel
Strukturformel von Clemizol
Allgemeines
Freiname Clemizol
Andere Namen

1-(4-Chlorbenzyl)-2-(pyrrolidinomethyl)-benzimidazol[1]

Summenformel C19H20ClN3
Kurzbeschreibung

Pulver[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 207-133-5
ECHA-InfoCard 100.006.486
PubChem 2782
ChemSpider 2680
DrugBank DB15932
Wikidata Q5131527
Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Antihistaminikum

Eigenschaften
Molare Masse 325,84 g·mol−1
Aggregatzustand

fest[2]

Schmelzpunkt

167 °C[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]

Hydrochlorid

Achtung

H- und P-Sätze H: 302
P: 301+312+330[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Pharmakologie

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Clemizol ist ein H1-Rezeptor-Antagonist zur Behandlung von allergischen Reaktionen. In diesem Anwendungsgebiet therapeutisch nicht eingesetzt, wird es für andere medizinische Verwendungen untersucht, wie zur Behandlung des Dravet-Syndroms oder von Hepatitis C.

Das Dravet-Syndrom ist eine Epilepsie-Form bei Kindern und hat eine schwere Verlaufsform. Eine mögliche hirnaktive Wirkung von Clemizol wurde im Tiermodell an mutierten Zebrafischen geprüft. Der Wirkstoff unterdrückte den vermehrten Bewegungsdrang und krampfartige Zustände der Fische. Clemizol bindet auch an Serotoninrezeptoren und in einer kleinen Studie an fünf Patienten mit Dravet-Syndrom beobachteten die Forscher bei einem anderen Arzneistoff (Lorcaserin), der auch auf Serotoninsignalwege wirkt, eine Verringerung der Anfallshäufigkeit und/oder –schwere. Aus beidem schließen sie auf eine mögliche antiepileptische Wirkung von Clemizol.[4]

Ferner ist für Clemizol eine potenzielle therapeutische Wirksamkeit bei Hepatitis-C-Infektionen beschrieben. Die Wirkung entsteht über die Hemmung der Protein-RNA-Interaktion des Nichtstrukturproteins 4B (NS4B) des Hepatitis-C-Virus, welches an dessen Replikation beteiligt ist.[5]

Vor dem Hintergrund einer therapeutischen Verwendung ist auch die Untersuchung der Unbedenklichkeit von Belang. In einer Studie wurde untersucht, ob Clemizol kardiale Kalium-Ströme blockiert und somit die kardiale Repolarisation beeinflusst. Die Ergebnisse zeigen, dass Clemizol hERG-Kanäle stark blockiert, kardiale IKs-Ströme hemmt, die kardiale Repolarisation verzögert und dadurch das QT-Intervall verlängert.[6]

Synthese

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Die mehrstufige Synthese von Clemizol ist in der folgenden Reaktionssequenz beschrieben:[7]

 
Clemizol Synthese

Sonstiges

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Arzneilich verwendet wird auch das Monohydrochlorid.[1] Salzbildung von Benzylpenicillin mit Clemizol (Clemizol-Penicillin[8]) bewirkt eine längere Wirkdauer des Penicillins („Depot-Penicillin“).[9]

Einzelnachweise

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  1. a b c d Eintrag zu Clemizol. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 27. Juni 2022.
  2. a b c d Datenblatt Clemizole hydrochloride bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 28. Juni 2022 (PDF).
  3. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Clemizol-Hydrochlorid: CAS-Nr.: 1163-36-6, EG-Nr.: 214-605-4, ECHA-InfoCard: 100.013.278, PubChem: 5309446, ChemSpider: 13766, Wikidata: Q27269676.
  4. Aliesha Griffin, Kyla R. Hamling, Kelly Knupp, SoonGweon Hong, Luke P. Lee: Clemizole and modulators of serotonin signalling suppress seizures in Dravet syndrome. In: Brain. Band 140, Nr. 3, 1. März 2017, S. 669–683, doi:10.1093/brain/aww342.
  5. The Hepatitis C virus (HCV) NS4B RNA binding inhibitor, clemizole, is highly synergistic with HCV protease inhibitors. In: The Journal of Infectious Diseases. Band 202, Nr. 1, 2010, doi:10.1086/653080.
  6. Ling-Jun Jie, Wei-Yin Wu, Gang Li, Guo-Sheng Xiao, Shetuan Zhang: Clemizole hydrochloride blocks cardiac potassium currents stably expressed in HEK 293 cells: Clemizole and hERG blockade. In: British Journal of Pharmacology. Band 174, Nr. 3, Februar 2017, S. 254–266, doi:10.1111/bph.13679.
  7. A. Kleemann, J. Engel, B. Kutscher, D. Reichert: Pharmaceutical Substances, 5th Edition: Syntheses, Patents and Applications of the most relevant APIs. Georg Thieme Verlag, 2014, ISBN 978-3-13-179525-0, S. 312.
  8. Externe Identifikatoren von bzw. Datenbank-Links zu Clemizol-Penicillin: CAS-Nr.: 6011-39-8, PubChem: 94316, ChemSpider: 85119, Wikidata: Q27123267.
  9. Ernst Mutschler: Arzneimittelwirkungen. 7. Auflage 1996, WVG Stuttgart, ISBN 3-8047-1377-7. S. 663.