Crozetinseln
Die Crozetinseln (französisch Îles Crozet) sind eine Gruppe vulkanischer Inseln im südlichen Indischen Ozean zwischen 46° und 47° südlicher Breite sowie 50° und 52° östlicher Länge. Sie umfassen eine Landfläche von 352 km² und gehören zu den Französischen Süd- und Antarktisgebieten.
Crozetinseln | |
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Karte des Archipels | |
Gewässer | Indischer Ozean |
Geographische Lage | 46° 21′ S, 51° 41′ O |
Anzahl der Inseln | 5 (+zahlreiche Felsen) |
Hauptinsel | Île de la Possession |
Gesamte Landfläche | 352 km² |
Einwohner | 15 (Stationspersonal Winter) |
Das Forschungsschiff Marion Dufresne verlässt die Île de la Possession, die Île de l’Est im Hintergrund |
Die Inselgruppe ist nur von der wechselnden 15- bis 60-köpfigen Besatzung der wissenschaftlichen Alfred-Faure-Station bewohnt.
Im Jahr 2019 wurde die Inselgruppe, als Bestandteil der französischen Südgebiete und -meere, zum UNESCO-Weltnaturerbe erklärt.[1]
Zugehörige Inseln
BearbeitenInsel | Koordinaten | Fläche km² |
Höhe (Gipfel) m | |
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Östliche Gruppe | ||||
Île de la Possession | 46° 24′ S, 51° 46′ O | 150 | 934 (Pic du Mascarin) | |
Île de l’Est | 46° 26′ S, 52° 13′ O | 130 | 1050 (Mont Marion-Dufresne) | |
Westliche Gruppe | ||||
Île aux Cochons | 46° 6′ S, 50° 14′ O | 67 | 853 (Mont Richard-Foy) | |
Île des Pingouins | 46° 25′ S, 50° 24′ O | 3 | 340 (Mont des Manchots) | |
Îlots des Apôtres | 45° 57′ S, 50° 26′ O | 2 | 292 (Mont Pierre) |
Geschichte
BearbeitenDie Inseln wurden am 24. Januar 1772 von Marc-Joseph Marion du Fresne entdeckt, der sie nach seinem Ersten Offizier Jules Crozet benannte. Du Fresne befand sich zu dieser Zeit auf einer Expedition, die ihn im Weiteren nach Tasmanien und Neuseeland führte.
Die Inseln liegen in den sogenannten Roaring Forties, einer Westwinddrift auf der Südhalbkugel, die mit Segelschiffen schnelles Reisen von Afrika aus nach Australien oder Südamerika ermöglicht. Daher waren Fahrtrouten nahe den Crozetinseln vor allem im 19. Jahrhundert sehr beliebt. Allerdings sorgen die starken Winde auch für äußerst unbeständiges Wetter, und mit den beschränkten Navigationstechniken jener Zeit war es schwierig, sicher um die Crozetinseln herum zu navigieren.
Die Inseln bieten kaum Vegetation, so dass die einzige Ernährungsmöglichkeit aus dem Fang von den auf den Inseln lebenden Tieren besteht. Wegen der geringen Überlebenschancen und dem Risiko, auf den Inseln Schiffbruch zu erleiden, sandte die Royal Navy in Abständen von zwei bis drei Jahren Schiffe zu den Inseln, um nach Spuren von verunglückten Schiffen und deren Besatzungen Ausschau zu halten.
Trotz ihrer kargen Landschaft wurde die Natur der Inseln ab Beginn des 19. Jahrhunderts ausgebeutet. Die reiche Tierwelt war für Walfänger, Robbenjäger und Fischer eine Goldgrube. Zunächst wurden die Robben gejagt, die Menschen nicht kannten und daher auch keine Angst vor ihnen hatten. Hierdurch konnten sie leicht erlegt werden, was letztendlich bis 1835 fast zur vollständigen Ausrottung führte. Danach wurde dieses Geschäft unrentabel. Die Walfänger fanden ebenfalls reichhaltige Bestände verschiedener Walarten vor. Ein Nebeneffekt dessen war auch die Reduktion von Pinguinbeständen, weil die Walfänger nicht den wertvollen Tran verfeuern wollten und stattdessen Pinguine nahmen. Der Fischfang hatte zudem verheerende Effekte auf die auf den Inseln lebenden Vögel, die die Fischköder schnappten und dann hängenblieben.
1924 wurden die Inseln der Verwaltung der französischen Kolonie Madagaskar unterstellt.[2]
Seit 1938 sind sie Naturschutzgebiet, was den Raubbau an der Natur etwas eingedämmt hat. Allerdings kommt illegaler Fischfang immer noch vor, da der Schwarze Seehecht hohe Marktpreise erzielt. Die Kontrolle des Fischfangs ist zudem in der Region um die Crozetinseln sehr schwer.
1955 wurde das Territorium der Französischen Süd- und Antarktisgebiete (TAAF) gebildet, dem die Crozetinseln als Distrikt angegliedert wurden.
1964 erfolgte die Errichtung der ersten wissenschaftlichen Station in Port Alfred, wie der Ort genannt wurde. Allerdings ist die Bezeichnung „Port“ nicht ganz treffend, da es sich um keinen echten Hafen handelt, sondern alle Transporte über Boote oder Hubschrauber stattfinden müssen. Der Ort verfügt auch über ein Postamt und eine Kirche, die den Namen Sainte-Marie du Vent („Heilige Maria vom Wind“) trägt.
Da die Inseln seither ständig bewohnt sind, war es Frankreich auch erlaubt, eine exklusive Wirtschaftszone um sie einzurichten. Dies geschah im Jahr 1978, als eine 200-Meilen-Zone geschaffen wurde. Seither verfügt Frankreich offiziell über eine der größten Gewässerflächen weltweit.
Schiffbrüchige
BearbeitenDer britische Robbenfänger Princess of Wales sank dort 1821, die Überlebenden verbrachten zwei Jahre auf den Inseln. Ebenso dramatisch liest sich das Schicksal der Besatzung des französischen Robbenfängers Aventure, welcher 1825, nachdem er neun Robbenjäger auf der Île aux Cochons abgesetzt hatte, in den Klippen vor der Île de l’Est (damals Île Chabrol genannt) sank. Die zunächst sieben Schiffbrüchigen verbrachten unter widrigsten Umständen siebzehn Monate auf der Insel, einen großen Teil dieser Zeit aufgespalten in zwei völlig zerstrittene Gruppen. Am 6. Januar 1827 wurden die sechs Überlebenden auf der Île de l’Est von einem Walfänger gerettet, der kurz darauf auch die neun Robbenjäger von der Île aux Cochons aufnahm.[3]
Im Juli 1875 verunglückte das englische Schiff Strathmore bei den Crozetinseln. 40 Menschen kamen dabei ums Leben, 49 konnten sich auf die Îlots des Apôtres retten. Sie ernährten sich von Pinguinen, Albatrossen und den dort wachsenden Gräsern. Es starben allerdings fünf weitere Menschen, bis sechs Monate später das Walfängerschiff Young Phoenix zur Rettung kam.[4]
Weniger glücklich war die Mannschaft der französischen Tamaris, die in der Nacht vom 8. auf den 9. März 1887 Schiffbruch erlitt. Die 13-köpfige Besatzung rettete sich auf die Île aux Cochons und baute sich eine notdürftige Unterkunft. Ihr gelang es am 4. August, einen Riesensturmvogel mit einer Nachricht zu versehen, der am 18. September in der australischen Stadt Fremantle gefunden wurde. Wegen der langen Kommunikationswege erreichte das französische Schiff La Meurthe aber erst am 2. Dezember die Inseln. In der Zwischenzeit jedoch war die Situation für die Schiffbrüchigen so schwierig geworden, dass sie, wie man dem damals aufgefundenen Tagebuch des Kapitäns entnehmen konnte, den Versuch unternommen hatten, zur nächsten größeren Insel zu fahren, wobei sie offenbar ums Leben kamen.[5]
Natur
BearbeitenKlima
BearbeitenDie Inseln liegen nach solaren Kriterien am polnahen Rand der kühlgemäßigten Klimazone (etwa auf dem gleichen Breitengrad wie Genf auf der Nordhalbkugel, klimatisch jedoch eher vergleichbar mit der Südküste Islands). Aufgrund des prägenden ozeanischen Einflusses – der über das Jahr nur sehr geringe Temperaturschwankungen und permanente Feuchtigkeit verursacht – wird die thermische Zuordnung uneinheitlich von kühl- über kaltgemäßigt bis (sub)polar vorgenommen. Nach Köppen & Geiger herrscht Tundrenklima, da der wärmste Monat zwischen 0 ° und 10 °C liegt. Eine genauere hygrothermische Zuordnung nehmen Troll & Paffen vor: Demnach handelt es sich um ein subpolares, hochozeanisches Klima mit Jahresschwankungen unter 13 K, mäßig kalten, schneearmen Wintern und kühlen Sommern, die als Vegetation nur baumfreie, tundrenähnliche Vegetation zulassen.
Das Wetter der Inseln ist wegen ihrer Lage in den Roaring Forties von den starken Winden geprägt, die an rund 100 Tagen im Jahr mit einer Windstärke von 10 und mehr wehen, und daher äußerst unbeständig. Die Temperaturen liegen zwischen 3 °C im Winter und 8 °C im Sommer. Die Temperaturen können im Sommer auf bis zu 18 °C steigen, fallen im Winter aber selten unter −5 °C. An rund 300 Tagen im Jahr regnet es. Die jährliche Niederschlagsmenge liegt bei 2000 mm.
Dieses Klima macht auch Landungen auf den Inseln äußerst schwer. Selbst heute, da die Inseln zweimal jährlich von dem mit einem Helikopter ausgestatteten Schiff Marion Dufresne II versorgt werden, schlägt die Landung gelegentlich fehl. In der Vergangenheit mussten schon viele Expeditionen den Plan aufgeben, zu landen. Allein 1874 schlugen zwei Landungsversuche fehl, darunter der der USS Swatara, die Astronomen zur Beobachtung eines Venustransits absetzen sollte. Auch der Deutsche Erich von Drygalski mit seinem Schiff Gauß, der 1901 an den Inseln Halt machte, konnte nicht lange bleiben, da man es nicht schaffte, sicher zu ankern. Bill Tilman, der verschiedene Expeditionen durchführte, darunter auch eine zu den Crozetinseln, schrieb 1960 nach dem Studium historischer Expeditionsberichte: „Man möchte fast glauben, dass Schiffbruch der einzige Weg ist, nach Crozet zu gelangen.“
Flora und Fauna
BearbeitenDie Vegetation ist – wie für eine subantarktische Insel typisch – eher spärlich. Sie besteht hauptsächlich aus Gräsern, Flechten, Moosen und Sträuchern. Diese Vegetation wird aufgrund ihres Erscheinungsbildes zum Teil als Tundra bezeichnet, obwohl das mildere Klima und die fehlenden Permafrostböden deutlich vom typischen Tundrenklima abweichen. Die Zuordnung der Vegetation ist daher in der Literatur uneinheitlich. Auf den Crozetinseln verbreitet ist der auf den Inseln des südlichen Indischen Ozeans endemische Kerguelenkohl.
Die Tierwelt ist dagegen sehr reich. Es kommen verschiedene Robbenarten wie Antarktischer Seebär, Seeleopard und See-Elefant vor. Die Meeresvögel sind durch Pinguine, Riesensturmvogel und Albatrosse vertreten. In den Gewässern um die Inseln leben Blauwal, Pottwal, Minkwal und Orca sowie Marmorbarsch, Schwarzer Seehecht und Eisfische.
Alle diese Tierarten wurden direkt oder indirekt in der Vergangenheit Opfer von Ausbeutung der Natur durch den Menschen. Vor allem die Robbenarten wurden nahezu ausgerottet.
Auf den Crozet-Inseln leben vier Pinguinarten. Am zahlreichsten sind der Goldschopfpinguin, von dem etwa 2 Millionen Paare auf den Inseln brüten, und der Königspinguin, Heimat von 700.000 Brutpaaren, der Hälfte der Weltpopulation. Der östliche Felsenpinguin ist ebenfalls vertreten. Außerdem gibt es eine kleine Kolonie von Eselspinguinen.
Im Jahr 2018 wurde festgestellt, dass die ehemals 500.000 Brutpaare große Königspinguin-Kolonie auf der Île aux Cochons in den vergangenen drei Jahrzehnten um fast 90 Prozent auf 60.000 Brutpaare geschrumpft ist.[6][7]
Weblinks
Bearbeiten- Iles Crozet. Topographische Karte 1:200.000 der Inselgruppe. In: Géoportail. Institut national de l’information géographique et forestière (IGN) (französisch).
- Olaf Kanter: Crozet-Archipel: Die Inseln der Schiffbrüchigen. In: SPIEGEL ONLINE. 8. August 2006.
- The South Atlantic & Subantarctic Islands ( vom 26. Oktober 2012 im Internet Archive) (englisch).
- Galerie de François Peignier. Mit zahlreichen Schwarz-Weiß-Bildern von den Crozetinseln (französisch).
- La visite virtuelle de l’île de la Possession. In: Les Îles Crozet: voyage au pays des manchots et des albatros (französisch).
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ French Austral Lands and Seas. UNESCO World Heritage Centre, abgerufen am 8. Juli 2019 (englisch).
- ↑ Souveraineté française sur les îles Crozet. In: Les Îles Crozet: voyage au pays des manchots et des Albatros. Abgerufen am 14. November 2016 (französisch).
- ↑ Richard Andree: Die Robbenschläger auf den Crozet-Inseln (1825). Erzählt nach: Lesquin de Roscoff aux Îles Crozet. In: Wirkliche und wahrhaftige Robinsonaden, Fahrten und Reiseerlebnisse aus allen Zonen (= Otto Spamer [Hrsg.]: Otto Spamer’s Jugend- und Hausbibliothek. Zweite Serie. Elfter Band). Otto Spamer, Leipzig 1868, S. 134–150 (Digitalisat).
- ↑ Le naufrage du Strathmore (1875). In: Les Îles Crozet: voyage au pays des manchots et des Albatros. Abgerufen am 14. November 2016 (französisch).
- ↑ Le naufrage du Tamaris (1887). In: Les Îles Crozet: voyage au pays des manchots et des Albatros. Abgerufen am 14. November 2016 (französisch).
- ↑ Forscher schlagen Alarm: Wo sind all die Pinguine geblieben? In: tagesschau.de. 31. Juli 2018, abgerufen am 1. August 2018.
- ↑ Henri Weimerskirch et al.: Massive decline of the world’s largest king penguin colony at Ile aux Cochons, Crozet. In: Antarctic Science. Band 30, Nr. 4, August 2018, S. 236–242, doi:10.1017/S0954102018000226 (englisch).