Cudesch da Psalms
Der Cudesch da Psalms ist das 1562 erstmals erschienene Gesangbuch von Durich Chiampell (deutsch: Ulrich Campell). Es ist das erste Gesangbuch in rätoromanischer Sprache überhaupt.
Kultureller und historischer Hintergrund
BearbeitenAb 1522 kam die Reformation in Zürich unter Zwingli ins Rollen. Zu diesem Zeitpunkt gab es in Romanischbünden noch keine romanische Schriftsprache und damit auch keine Druckerzeugnisse in Romanisch. Eine zentrale Grundlage der Reformation – Bibelstudium und Predigt in der Muttersprache – fehlte zu Beginn der Reformation im Engadin.[1]
«Cudesch da Psalms» von 1562
BearbeitenDurich Chiampel (deutsch: Ulrich Campell), der Begründer der rätischen Geschichtsschreibung und der Schriftsprache Vallader, des unterengadinischen romanischen Idioms, wirkte von 1556 bis 1570 als Pfarrer in Susch im Engadin. Dort veröffentlichte er 1562 das cudesch da Psalms (cudesch: romanisch für «Buch»), das erste gedruckte Gesangbuch Romanischbündens (und das zweite Buch in romanischer Sprache überhaupt) mit Psalmen und geistlichen Gesängen.[2] In seinem Vorwort wies darauf hin, dass viele Leute aus dem Unterengadin, denen die Mittel für die (Aus-)Bildung fehlten, sich ein gedrucktes Werk in ihrer Sprache wünschten, die ihnen lieber (plüm amm) sei und mit der sie leichter lesen und schreiben lernen konnten. Philipp Gallicius, der erste Reformator des Engadins und Schwager von Chiampel hob den Cudesch da Psalms in einer eignen Vorrede zum Werk in den Rang einer Pionierleistung für die Sprache und den neuen Glauben.
Chimapel übernahm für den Aufbau des Cudesch da Psalms fast wortgetreu die Einteilung des weit verbreiteten Konstanzer Nüw Gesangbüchlein (Ausgabe von 1540) in der Unterengadiner Volkssprache Vallader. Chiampel ergänzte das Nüw Gesangbüchlein mit Teilen des offiziellen Kirchengesangbuches der Schweiz (Auflage von 1536/1537), strich Doubletten und erhielt so eine eigentständige Zusammenstellung. Die Anzahl der Psalmen (95) entspricht dabei der Anzahl der geistlichen Lieder (95), was als Kompromiss zwischen den verschiedenen Ideen der Reformatoren im Hinblick auf den Kirchengesang angesehen werden kann.[3]. Diese Annahme wird durch die Nennung zweier Bibelzitate (aus dem Altenund dem Neuen Testament) im Titelblatt bestätigt[4].
Der Cudesch da Psalms beginnt mit den Psalmen. Vor jedem Psalmtext ist ein Hinweis auf die musikalische Quelle gegeben. Vor dem eigentlichen Psalmtext liefert Chiampel zum besseren Verständnis eine Zusammenfassung des Psalminhalts. Chimapel bestimmt sein Buch nicht nur zum erbaulichen Lesen, sondern ebenso zum Singen. Der zweite Teil des Cudesch da Psalms enthält Lobgesänge und geilstliche Lieder (Chiantzuns spiritualas), die vor oder nach der Predigt und auch ausserhalb der Kirche gesungen wurden.
Dieses fünfhundertseitige Gesangbuch hatte auf Grund technischer Probleme bei der Druckerei Kündig in Basel noch keine Noten, aber den Verweis, nach welchem deutschen Lied zu singen sei. Mit dem cudesch da Psalms erhielt das Engadin schneller als jede Deutschschweizer Kirche ein respektables, umfangreiches Gesangbuch.[5]
Literatur
Bearbeiten- Laura Decurtins: Chantai rumantsch! Zur musikalischen Selbst(er)findung Romanischbündens. Chronos Verlag, Zürich 2019, ISBN 978-3-0340-1501-1.
- Rätoromanisches Kirchengesangbuch Il Coral. Fat per incumbenza dal Colloqui d’Engadina bassa/Val Müstair. Stamparia engiadinaisa, Samedan 1977.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Hans-Peter Schreich-Stuppan: Gian Battista Frizzoni (1727–1800). Ein Engadiner Pfarrer und Liederdichter im Zeitalter des Pietismus. Hrsg.: Holger Finze-Michaelsen. Verlag Bündner Monatsblatt, Chur 1999, ISBN 3-905241-96-X, S. 149–153.
- ↑ Hans-Peter Schreich: 500 Jahre evangelischer Kirchengesang in Graubünden. In: www.gr-ref.ch. «Proposition an der Synode der Evangelisch-Reformierten Landeskirche Graubünden in Soglio am 27.06.2015», 27. Juni 2015, abgerufen am 18. Dezember 2024.
- ↑ Hans-Peter Schreich-Stuppan: Gian Battista Frizzoni (1727–1800). Ein Engadiner Pfarrer und Liederdichter im Zeitalter des Pietismus. Hrsg.: Holger Finze-Michaelsen. Verlag Bündner Monatsblatt, Chur 1999, ISBN 3-905241-96-X, S. 150.
- ↑ Hans-Peter Schreich Stuppan: Istorgia dal chant. 1995, S. 103.
- ↑ Laura Decurtins: Chantai rumantsch! Zur musikalischen Selbst(er)findung Romanischbündens. Chronos Verlag, Zürich 2019, ISBN 978-3-0340-1501-1, S. 65–69.