Dagobert Peche
Dagobert Peche (* 3. April 1887[1] in Sankt Michael im Lungau, Österreich-Ungarn; † 16. April 1923 in Mödling) war ein österreichischer Künstler und galt als der phantasiebegabteste Vertreter der Wiener Werkstätte.
Leben
BearbeitenDagobert Peche wurde im Lungau geboren und verbrachte seine Kindheit in Oberndorf bei Salzburg. Nach dem Besuch der Realschule in Salzburg kam er nach Wien und studierte von 1906 bis 1910 an der Technischen Hochschule bei Karl König (1841–1915), Karl Mayreder (1856–1935), Leopold Simony (1859–1929) sowie Max von Ferstel (1859–1936) und von 1908 bis 1911 an der Akademie der Bildenden Künste bei Friedrich Ohmann (1858–1927).
Nach einer Studienreise nach England wurde der Einfluss der reinen Schwarz-Weiß-Technik des Graphikers Aubrey Beardsley (1872–1898) für seine weitere Entwicklung ausschlaggebend und in Klein- und Gelegenheitsgrafiken sichtbar. 1911 mit der Goldenen Medaille sowie drei Preisen ausgezeichnet, konnte er 1912 dank des Prix de Rome zwei Monate in Paris zubringen. Der Verleger Alexander Koch (1860–1939) in Darmstadt, der Peches ungewöhnliche Begabung erkannt hatte, ermöglichte ihm Veröffentlichungen in der Zeitschrift Kunst und Dekoration[2]. Hier erwies sich Peche als der Ornamentiker, der immer die geeignete Form fand und dem erstarrten Kunsthandwerk seiner Zeit neues Leben einflößte. Seine schöpferische Phantasie, die Zierform über Zweckform stellte, belebte alle kunstgewerblichen Teilgebiete und fand für jedes Material und jede Technik neue Möglichkeiten dekorativer Gestaltung: in Tapetenindustrie und Stoffdruck, in der Spitzenklöppelei und Stickerei durch ansprechende Stoffmuster und Farben. Auch Goldschmiedekunst und Elfenbeinschnitzerei, Spiegelrahmen und Möbelformen, Keramik und Metallwaren, Papierindustrie und Mode (sogenannte Ombré-Farben) wurden durch seine Formensprache beeinflusst.[3] Ein Beispiel für diese Periode ist sein Schrank für einen Empfangssalon aus Birnbaumholz für die 45. Sezessionsausstellung 1913, heute im Österreichischen Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien.
Seine originellen Tapetenentwürfe auf der Tapetenausstellung des k.k. österreichischen Museum für Kunst und Industrie 1913[4] lenkten zuerst die öffentliche Aufmerksamkeit auf ihn, seine Arbeiten auf der Kölner Werkbundausstellung, 1914, machten seinen Namen auch in Deutschland bekannt.[3]
Aber zu voller Entfaltung gelangte seine Begabung erst, als er 1915 von Josef Hoffmann (1870–1956) zur künstlerischen Mitarbeit in der Wiener Werkstätte herangezogen wurde. Bekannt wurde Peche für seine Liebe zu zweckbefreiten manieristisch-verspielten Objekten, überzüchteten Luxusgegenständen sowie seine kapraziöse Einfallskraft, die seinen Gestaltungen zugrunde lag.
1916, nach erfolgreicher Organisation der Wiener Mode-Ausstellung 1915/16,[5] übernahm er die Leitung der Zürcher Filiale der Wiener Werkstätte. Dort trat mit mehr Rhythmus und Bewegung ein Stilwandel ein, es kam zu einer Bereicherung des Blumen- und Blätterdekors, zu einer Verbindung von Körper und Pflanze (Daphne-Motiv), beeinflusst von Rokoko (Peche-Sternchen) und chinesischen Pinselzeichnungen.[3]
1920 in die Unternehmenszentrale nach Wien zurückgekehrt, beteiligte er sich erfolgreich an den Kunstausstellungen der Jahre 1920[6] und 1921. Für den ab 11. September 1921 erstmals in den Hofstallungen abgehaltenen Teil Wiener internationalen Messe schuf Peche den Ausstellungsstand der Wiener Werkstätten.[7] 1922 stellte er bei der Münchener Gewerbeschau seine bei Flammersheim & Steinmann in Köln entstandenen Tapetenentwürfe aus.
Noch 1922 begann Peche, dem es jahrelang nicht möglich war, für sich und seine Familie in Wien eine helle, trockene Wohnung zu finden, zu kränkeln. Sein Zustand verschlimmerte sich schnell, und er verstarb am 16. April 1923 in Mödling, wo ihm (sowie seiner Frau Petronella, 1884–1965, und zwei Kindern) Freunde ein erträgliches Heim bereitgestellt hatten, kurz nach seinem 36. Geburtstag. Dagobert Peche wurde am 20. April 1923 auf dem Hietzinger Friedhof zur letzten Ruhe bestattet (Gruppe 10, Nr. 81).[3]
Ausstellungen
Bearbeiten- 1923 Ausstellung von Arbeiten des modernen österreichischen Kunsthandwerks. Dagobert Peche Gedächtnis-Ausstellung, Österreichisches Museum für Kunst und Industrie (heute: MAK – Museum für angewandte Kunst), Wien, AT
- 1998 – Die Überwindung der Utilität. Dagobert Peche und die Wiener Werkstätte MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien, AT[8]
Literatur
Bearbeiten- Hans Ankwicz-Kleehoven: Kleine Chronik. (…) Dagobert Peche †. In: Wiener Zeitung, Nr. 92/1923, 21. April 1923, S. 6, Mitte rechts. (online bei ANNO).
- H(einz) Schöny: Peche Dagobert. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 7, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1978, ISBN 3-7001-0187-2, S. 383.
- Jana Wisniewski: Dagobert Peche in der Zentralsparkasse: Luxuriöses und Geometrie. In: Arbeiter-Zeitung. Wien 26. Jänner 1987, S. 29, oben links.
- Nikolaus Schaffer: Dagobert Peche in seinen Zeichnungen 1887–1923. Ausstellungskatalog, hg. vom Salzburger Museum Carolino Augusteum, mit einem biographischen Beitrag von Michael Martischnig, Salzburg 1987 (Monografische Reihe zur Salzburger Kunst, Band 7).
- Peter Noever (Hrsg.), Hanna Egger (Mitarb.): Die Überwindung der Utilität. Dagobert Peche und die Wiener Werkstätte. (Katalog zur gleichnamigen Ausstellung im Museum für Angewandte Kunst, MAK Wien, 11. Februar bis 17. Mai 1998.) Hatje Cantz, Ostfildern 1998, ISBN 3-7757-0753-0 / ISBN 978-3-7757-0753-4. – Inhaltsverzeichnis online (PDF).
- Eva Chrambach: Peche, Dagobert. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 20, Duncker & Humblot, Berlin 2001, ISBN 3-428-00201-6, S. 149 f. (Digitalisat).
- Adolf Haslinger (Hrsg.), Peter Mittermayr (Hrsg.), Rotraut Acker-Sutter (Mitarb.): Salzburger Kulturlexikon. Residenz Verlag, Salzburg / Wien / Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-7017-1129-1.
- Alastair Duncan: Encyclopedia of Art Deco. William Collins, Sydney 1988, ISBN 0-7322-0013-X, S. 137.
- Claudia Klein-Primavesi: Der Künstler Dagobert Peche und das Kind Melitta Primavesi. Eigenverlag Claudia Klein-Primavesi, Wien 2004, ISBN 3-200-00217-4.
Weblinks
Bearbeiten- Werke von Dagobert Peche in der MAK-Sammlung Online
- Eintrag zu Dagobert Peche im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Dagobert Peche in der Datenbank Gedächtnis des Landes zur Geschichte des Landes Niederösterreich (Museum Niederösterreich)
- Literatur von und über Dagobert Peche im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Taufbuch – TFBVIII | St.Michael im Lungau | Salzburg, rk. Diözese | Österreich | Matricula Online. Abgerufen am 19. Dezember 2018.
- ↑ ZDB-ID 2575639-4.
- ↑ a b c d Ankwicz-Kleehoven: Dagobert Peche †.
- ↑ Eduard Leisching: Ausstellung der österreichischen Tapeten-, Linkrusta- und Linoleum-Industrie verbunden mit einer Ausstellung von Tapeten-Entwürfen und von historischen Tapeten. K.k. österreichisches Museum für Kunst und Industrie, Wien, 20. Mai bis Juli 1913. Holzhausen, Wien 1913.
- ↑ Friedrich Tilgner (Vorwort): Mode-Ausstellung 1915/16 im k.k. österreichischen Museum für Kunst und Industrie. Dezember 1915 bis Februar 1916. K.k. österreichisches Museum, Wien 1916. Tilgner war später Leiter der Wiener "Kammer für Handel, Gewerbe und Industrie" und ab 1930 Leiter der Sektion Österreich im MWT, der den Anschluss an das Reich betrieb
- ↑ Kunstschau 1920. Wien, Juni bis September. Katalog. Österreichisches Museum für Kunst und Industrie, Wien 1920.
- ↑ Robert Örley: Die Wiener internationale Messe im Herbst 1921. (…) Dagobert Peche, Stand der Wiener Werkstätten in den Hofstallungen. In: Der Architekt, Jahrgang 1921, S. 56, Bildunterschrift (online bei ANNO).
- ↑ mak.at
Personendaten | |
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NAME | Peche, Dagobert |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Künstler |
GEBURTSDATUM | 3. April 1887 |
GEBURTSORT | Sankt Michael im Lungau |
STERBEDATUM | 16. April 1923 |
STERBEORT | Mödling |