Daniel Raßmann

hessischer Orgelbauer

Daniel Raßmann (* 1790 in Ulm; † 1864 in Möttau) war ein deutscher Orgelbauer. Er wirkte im 19. Jahrhundert in Hessen und begründete ein Familienunternehmen.

Daniel Raßmann entstammte einer Pfarrersfamilie aus Aßlar. Das Orgelbauhandwerk erlernte er bei Christian Weil in Neuwied, anschließend war er Geselle bei Johann Conrad Bürgy. Ab 1813 war er auf der Walz, die ihn in die Schweiz und möglicherweise bis nach Pommern führte.[1] Nach einer weiteren Zeit bei Christian Ernst Schöler machte er sich 1820 in Weilmünster selbstständig.[2] Im Jahr 1824 verlegte er seine Werkstatt nach Möttau. Raßmann schuf über 40 Orgelneubauten.

Sein Sohn Gustav Raßmann (1833–1906) übernahm 1860 die Werkstatt und setzte in Burg Hohenstein (1885), Adolfseck (1897) und Steckenroth (1899) die mechanische Kegellade ein. Über 20 Orgelneubauten gehen auf ihn zurück. Gustav Raßmann verkaufte den Betrieb an seinen Gesellen August Hardt (1861–1946), der die Werkstatt 1896 übernahm. Vertraglich war geregelt, dass sie bis zum Tod von Gustav Raßmann unter dem Namen Raßmann geführt werden musste.[1] Auch Daniel Raßmanns andere beiden Söhne wurden Orgelbauer. Theodor Christian Raßmann (1822–1866) machte sich 1859 ebenfalls in Möttau als Orgelbauer selbstständig. Dessen Sohn Wilhelm Raßmann (1861–1942) wanderte 1881 nach Amerika aus und kehrte nach Ende des Ersten Weltkriegs wieder in seine Heimat zurück. Alfred Hardt (1900–1960) war Sohn von August Hardt und übernahm 1930 den Betrieb. In dritter Generation übernahm Günter Hardt (* 1933) und in vierter Uwe Hardt (* 1964) den Orgelbau Hardt.[1]

Daniel Raßmann baute vor allem für Dorfkirchen ein- oder zweimanualige Orgeln, die maximal über zwei Dutzend Register verfügten. Die Instrumente waren in der Regel seitenspielig und besaßen selbst bei bescheidener Disposition ein selbstständiges Pedal (Ausnahme: Oberlauken). Sie sind dem Stil des Klassizismus verpflichtet und zeichnen sich dadurch aus, dass Register derselben Tonlage klanglich sehr differenziert konzipiert sind, wie beispielsweise in der Eschbacher Orgel. Die (ebenso wie z. B. das Flageolett 2′) aus konischen Zinnpfeifen gebaute Spindelflöte 4′ gilt als „Leitfossil für D. Rassmann“.[3]

Werkliste (Auswahl)

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In der fünften Spalte bezeichnet die römische Zahl die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ ein angehängtes Pedal. Die arabische Zahl gibt die Anzahl der klingenden Register an. Die letzte Spalte bietet Angaben zum Erhaltungszustand oder zu Besonderheiten.

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1825 Neesbach Ev. Kirche I/P 7 (8) Weitgehend erhalten.[4]
1828 Hennethal Evangelische Kirche Hennethal   I/P 10 Weitgehend erhalten
1830 Dauborn Evangelische Kirche Dauborn   I/P 12 Weitgehend erhalten
1833 Oberlauken Ev. Kirche (Bergkirche)
 
I/p 6 Raßmanns kleinste Orgel, Kosten 600fl., einschließlich eines funktionstüchtigen Kalkanttritts original erhalten; 2011 durch Orgelbau Mebold restauriert.
1837 Hermannstein Paulskirche   I/P 13 weitgehend erhalten
1837 Bicken Evangelische Kirche Bicken
 
I/P 12 Weitgehend erhalten; im Laufe der Zeit erweitert; heute II/P, 18.
1839/40 Reichenbach Ev. Kirche
 
Raßmann Orgel in der Ev. Kirche in Reichenbach
I/P 13 erhalten; Restaurierungen: 1917 (Fa. Hardt) und 1969 (Fa. G. Woehl).[5]
1840 Blessenbach Ev. Kirche I/P 9 (10) Eine Schleife ist leer und könnte ursprünglich eine Trompete 8′ enthalten haben.[6]
1843 Steinfischbach Ev. Kirche II/P 23 Nahezu unverändert erhalten.
1844 Obertiefenbach St. Ägidius I/P 14 Im Zuge des Kirchenneubaus 1884–86 ersetzt[7]
1845 Eschbach Ev. Kirche
 
II/P 24 (urspr. 23) Die größte erhaltene Orgel D. Rassmanns, seitenspielige Brüstungsorgel mit mechanischen Schleifladen; 1847 Renovierung (D. Rassmann), 1880 Neubau zweier Register (G. Rassmann), 1917 Abgabe der Prospektpfeifen (später durch Zinkpfeifen ersetzt), 1935 neue Windanlage (Fa. Förster & Nicolaus - Lich), 1947/1959 Umbau (Fa. Hardt-Möttau), 1971 gründliche Ausreinigung, 1995/1996 Rekonstruktion in Anlehnung an die etwas kleinere „Schwesterorgel“ in Steinfischbach (Fa. Mebold-Siegen).[8][9]
1845 Weilburg Kath. Kirche I/P 10 Heute in der katholischen Kirche Weilmünster
1846 Elkerhausen Ev. Kirche I/P 9
1848 Münster (Hessen) Ev. Kirche I/P 9 1962 von Hardt überholt und umdisponiert[10]
1850–1851 Maibach Ev. Kirche   I/P 9 Zum großen Teil erhalten
1851 Ewersbach (Bergebersbach) Ev. Kirche I/P 10 weitgehend erhalten (in der Kirche Ederbringhausen im Hessenpark).[11]
1852 Selters Ev. Kirche I/P 12 Weitgehend erhalten[12]
1856 Bleidenstadt St. Peter auf dem Berg I/P 11 1956 umgebaut und 1986 ersetzt
1857–1858 Littfeld Kath. Kirche I/P 11 Erhalten; 2009 nach Grifte überführt[13]
1858 Walsdorf (Idstein) Evangelische Christuskirche   I/P 13 Erhalten.[14]
1858 Riedelbach (Weilrod) Ev. Kirche   I/P 11 Erhalten.[15]

Literatur

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  • Hans Martin Balz, Reinhardt Menger: Alte Orgeln in Hessen und Nassau (= Veröffentlichung der Gesellschaft der Orgelfreunde. Band 72). 2. Auflage. Merseburger, Kassel 1997, ISBN 3-87537-169-0.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte 7,1. Band 7,1). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 1: A–K. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1307-2.
  • Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (= Beiträge zur Mittelrheinischen Musikgeschichte. Band 7,2). Band 2: Das Gebiet des ehemaligen Regierungsbezirks Wiesbaden. Teil 2: L–Z. Schott, Mainz 1975, ISBN 3-7957-1370-6.
  • Vorstand der Ev. Kirchengemeinde Eschbach (Hrsg.): 150 Jahre Ev. Kirche Eschbach. Festschrift zum Jubiläum. Eschbach 1996 (Artikel zur Orgel von Dr. Martin Balz, S. 51–68).

Siehe auch

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Aufnahmen/Tonträger

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  • Carsten Lenz: Historische Orgeln mit Musik ihrer Zeit (Taunus). Lenz-Musik (Werke von A. G. Anthes, J. M. Dreyer, J. G. Frech, X. L. Hartig, J. C. Herrmann, A. F. Hesse, C. Karow, A. Müller, P. Müller, C. H. Rinck an den Orgeln in Dauborn, Kirberg und Neesbach).
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Einzelnachweise

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  1. a b c Hardt Orgelbau: Die Geschichte des Orgelbaus in Möttau, gesehen am 13. März 2011.
  2. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1: A–K. S. 36.
  3. Vgl. dazu Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1: A–K. S. 179 f.
  4. Foto: http://hardt-orgelbau.de/Orgelbau%20Hardt/Geschichte%20Werkstatt.htm (gesehen: 2. Juli 2017); vgl. dazu Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins (Band 2 L-Z). S. 642; eigentlich 7 Register, Bordun ist in Bass und Diskant geteilt.
  5. Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins Band 2. L-Z. S. 723.
  6. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1: A–K. S. 87.
  7. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2: L–Z. S. 693.
  8. Vorstand der Ev. Kirchengemeinde Eschbach (Hg.): 150 Jahre Ev. Kirche Eschbach. Festschrift zum Jubiläum. 1996, S. 51–68 (Martin Balz); D. Rassmann hat die Eschbacher Orgel selbst als „die Krone der Orgeln in der ganzen Gegend“ bezeichnet (ebd. S. 51) und Curt Utz (Wiesbaden, 1949) als „musikalisch und liturgisch wertvolles Instrument mit herrlichem Klang“ (ebd. S. 61). Die Umbaumaßnahmen betrafen v. a. die Zungenstimmen und die Klaviaturen; bei der Restaurierung 1995/96 wurden Prospektpfeifen und Zungen neu angefertigt, neue Manualklaviaturen mit den alten Backen und eine neue Pedalklaviatur eingesetzt sowie ein neues Gebläse installiert (vgl. ebd. S. 60–61).
  9. Vgl. dazu auch Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Band 2, Teil 1: A–K. S. 179 f., worin die Orgel mit ihrer sehr gut gelungenen Differenzierung der gleichfüßigen Stimmen (Schwellmöglichkeit) als „Denkmal der Romantik“ (W. Metzler) bezeichnet wird.
  10. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2: L–Z. S. 627.
  11. Foto: [1] (gesehen: 2. Juli 2017); vgl. dazu Franz Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Band 2. A-K. S. 182 f.
  12. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2: L–Z. S. 751 f.
  13. Orgel in Grifte. Abgerufen am 1. Juli 2023.
  14. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 1: A–K. S. 790.
  15. Bösken: Quellen und Forschungen zur Orgelgeschichte des Mittelrheins. Bd. 2, Teil 2: L-Z. S. 727.