Datenethikkommission
Die Datenethikkommission (DEK) ist ein Gremium auf dem Gebiet der Digitalpolitik.
Das Gremium wurde im Sommer 2018 von der deutschen Bundesregierung eingesetzt. Auf der Basis wissenschaftlicher und technischer Expertise soll diese Kommission ethische Leitlinien für den Schutz des einzelnen, die Wahrung des gesellschaftlichen Zusammenlebens und die Sicherung des Wohlstands im Informationszeitalter entwickeln. Bis zum Sommer 2019 soll die Kommission unter Federführung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat und des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz einen Entwicklungsrahmen für Datenpolitik, den Umgang mit Algorithmen, künstlicher Intelligenz und digitalen Innovationen vorschlagen sowie Handlungsempfehlungen geben und Regulierungsmöglichkeiten aufzeigen.
Die erste Sitzung der Datenethikkommission hat am 5. September 2018 in Berlin stattgefunden.[1][2] Die Bundesregierung hat Leitfragen an die Datenethikkommission formuliert.[3]
Mitglieder
Bearbeiten- Johanna Haberer, Theologin, Universität Nürnberg-Erlangen
- Marit Hansen, Datenschutzbeauftragte Schleswig-Holstein
- Dirk Heckmann, Rechtswissenschaftler, Universität Passau
- Dieter Kempf, Vorsitzender des Bundesverbandes der Deutschen Industrie
- Mario Martini, Rechts- und Verwaltungswissenschaftler, Deutsches Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung Speyer
- Paul Nemitz[4], Hauptberater in der EU-Kommission, Generaldirektion Justiz und Verbraucherschutz
- Sabine Sachweh, Professorin für Softwaretechnik, Fachhochschule Dortmund,
- Christin Schäfer, Gründerin und Geschäftsführerin einer Firma für Datenanalyse
- Rolf Schwartmann, Leiter der Forschungsstelle für Medienrecht, Technische Hochschule Köln
- Judith Simon, Professorin für Ethik in der Informationstechnik, Universität Hamburg
- Ulrich Kelber, Bundesdatenschutzbeauftragter (Mitglied seit Anfang 2019)[5]
- Wolfgang Wahlster, Professor für Informatik, Universität des Saarlandes
- Christiane Wendehorst (Co-Sprecherin), Rechtswissenschaftlerin, Universität Wien
- Thomas Wischmeyer, Recht der Digitalisierung, Universität Bielefeld
- Christiane Woopen (Co-Sprecherin), Medizinethikerin, Universität Bonn
Tagungen
BearbeitenDie Datenethikkommission tagt in der Regel nicht-öffentlich in monatlichen Sitzungen im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz oder im Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat. Eine Einbeziehung der Öffentlichkeit ist im Rahmen von öffentlichen Tagungen vorgesehen. Öffentliche Tagungen fanden am 7. Februar und am 9. Mai 2019 statt.[6][7]
Zwischenergebnisse
BearbeitenIm Herbst 2018 hat die Datenethikkommission Empfehlungen für die Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung[8] und für eine partizipative Entwicklung der elektronischen Patientenakte (ePA[9]) vorgelegt. Auf der Re:publica im Mai 2019 berichteten die beiden Vorsitzenden der Datenethikkommission über ihre Arbeit und die Datenpolitik der Zukunft.[10]
Abschlussgutachten
BearbeitenAm 23. Oktober 2019 hat die Datenethikkommission zum Abschluss ihrer Arbeit ein umfassendes Gutachten[11] vorgelegt, über das in der Presse berichtet wurde.[12][13][14][15][16][17]
Leitgedanken
Bearbeiten- Menschenzentrierte und wertorientierte Gestaltung von Technologie
- Förderung digitaler Kompetenzen und kritischer Reflexion in der digitalen Welt
- Stärkung des Schutzes von persönlicher Freiheit, Selbstbestimmung und Integrität
- Förderung verantwortungsvoller und gemeinwohlverträglicher Datennutzungen
- Risikoadaptierte Regulierung und wirksame Kontrolle algorithmischen Systeme
- Wahrung und Förderung von Demokratie und gesellschaftlichem Zusammenhalt
- Ausrichtung digitaler Strategien an Zielen der Nachhaltigkeit
- Stärkung der digitalen Souveränität Deutschlands und Europas
Empfehlungen
BearbeitenDie DEK gibt insgesamt 75 Empfehlungen zur Datennutzung (Rechte und Pflichten) sowie zur Gestaltung und Regulierung algorithmischer Systeme.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband bewertet regelmäßig die Umsetzung der zehn wichtigsten Empfehlungen der Datenethikkommission aus Verbrauchersicht.[18][19]
Reaktionen
BearbeitenDie Reaktionen von Verbänden und aus der Politik reichen von "überfälliger Wegweiser" für die einen bis zu "Innovationsbremse" für die anderen.[20][21][22][23]
Weitere digitalpolitische Gremien
BearbeitenNeben der Datenethikkommission sind im Jahr 2018 weitere netzpolitische Gremien eingesetzt bzw. politische Absichtserklärungen abgegeben worden:
- Im Juni 2018 wurde die Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz des Bundestages eingesetzt.[24]
- Im Juli 2018 wurden die Eckpunkte für den Umgang mit sogenannter Künstlicher Intelligenz angekündigt. Die Bundesregierung verfolgt demnach eine sogenannte KI-Strategie.[25] Dabei sollen die Ergebnisse der auf ein Jahr angelegten Arbeit der Datenethikkommission berücksichtigt werden.[26]
- Im August 2018 wurde auf Bundesebene ein Digitalrat eingesetzt.
- Ebenfalls im August 2018 hat die hessische Landesregierung einen sogenannten Rat für Digitalethik eingesetzt.
Siehe auch
BearbeitenWeblinks
Bearbeiten- Webpräsenz – Bundesministerium des Innern und für Heimat
- Gutachten der Datenethikkommission (PDF; 3,0 MB)
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Start der Datenethikkommission. Bundesinnenministerium, 5. September 2018, abgerufen am 6. September 2018 (Pressemitteilung).
- ↑ Dana Heide: Regeln für die Digitalisierung: Die Datenethikkommission nimmt sich auch die DSGVO vor – Konflikte sind programmiert. In: Handelsblatt. 5. September 2018 (handelsblatt.com [abgerufen am 6. September 2018]).
- ↑ Leitfragen der Bundesregierung an die Datenethikkommission. Bundesjustizministerium, 5. September 2018, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 6. September 2018; abgerufen am 6. September 2018. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Paul Nemitz: Demokratie im Zeitalter künstlicher Intelligenz. Neue Gesellschaft Frankfurter Hefte 10/2019, abgerufen am 22. Oktober 2019.
- ↑ Alle meine Daten | Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS). Abgerufen am 22. Oktober 2019.
- ↑ Datenethikkommission. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 18. Juni 2019; abgerufen am 18. Juni 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ 2. Öffentliche Tagung der Datenethikkommission. Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat auf Youtube, abgerufen am 18. Juni 2019.
- ↑ Datenethikkommission. (PDF) BMJV, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 18. Juni 2019; abgerufen am 18. Juni 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Datenethikkommission. (PDF) BMJV, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 18. Juni 2019; abgerufen am 18. Juni 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Wie weiter mit der Datenpolitik? re:publica 2019, abgerufen am 4. Juli 2019.
- ↑ Datenethikkommission: Gutachten der Datenethikommission. (PDF) 23. Oktober 2019, abgerufen am 24. Oktober 2019.
- ↑ Hendrik Wieduwilt, Berlin: F.A.Z. exklusiv: Ethikgremium empfiehlt Algorithmen-Verordnung. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 23. Oktober 2019]).
- ↑ Dietmar Neuerer: Abschlussbericht: Datenethikkommission bringt Algorithmen-Verbot ins Spiel. Handelsblatt, 23. Oktober 2019, abgerufen am 23. Oktober 2019.
- ↑ Helen Bielawa: Ethikgremium fordert verteiltes Eigentum an Daten. t3n, 23. Oktober 2019, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 23. Oktober 2019; abgerufen am 23. Oktober 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Datenethikkommission - Regierungsberater*innen fordern strengere Regeln für Daten und Algorithmen. In: netzpolitik.org. 23. Oktober 2019, abgerufen am 23. Oktober 2019.
- ↑ Roya Sangi: Datenethik: Der Weg der gestaffelten Algorithmen. 11. November 2019, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 13. November 2019]).
- ↑ Regulierung: Bitkom kritisiert Algorithmen-Vorstoß der Datenethikkommission. Abgerufen am 15. Dezember 2019.
- ↑ Politik-Tracker Datenethikkommission: Bewertung der Umsetzung der Empfehlungen der Datenethikkommission. Verbraucherzentrale Bundesverband, abgerufen am 10. Februar 2022.
- ↑ KI: Bundesregierung setzt Empfehlungen von Datenethikkommission nicht ausreichend um | Verbraucherzentrale Bundesverband. Abgerufen am 8. September 2024.
- ↑ Markus Beckedahl, Ingo Dachwitz: Reaktionen auf die Datenethikkommission - Überfälliger Wegweiser für die einen, Innovationsbremse für die anderen. In: netzpolitik.org. 25. Oktober 2019, abgerufen am 25. Oktober 2019.
- ↑ Lorena Jaume-Palasí im Gespräch mit Jenny Genzmer und Tim Wiese: Kritik an Datenethikkommission - Politologin sieht Gefahr für die Demokratie. Deutschland Radio Kultur, 2. November 2019, abgerufen am 3. November 2019.
- ↑ Jenny Boldt: Verschont uns mit einem Algorithmen-TÜV! In: WiWo Gründer. 11. November 2019, abgerufen am 13. November 2019.
- ↑ Paul Nemitz: Regulierung des Digitalen: Europa vor der Bewährungsprobe. Der Tagesspiegel, 8. November 2019, abgerufen am 13. November 2019.
- ↑ Lisa Brüssler: Deutscher Bundestag - Enquete-Kommission zur künstlichen Intelligenz eingesetzt. In: Deutscher Bundestag. (bundestag.de [abgerufen am 2. September 2018]).
- ↑ Bundeskabinett hat Eckpunkte für eine Strategie Künstliche Intelligenz der Bundesregierung beschlossen. Bundesarbeitsministerium, 18. Juli 2018, abgerufen am 2. September 2018.
- ↑ Ingo Dachwitz, Netzpolitik.org: Neue Netzpolitische Gremien: Datenethikkommission besetzt, Digitalrat noch nicht. 13. August 2018, abgerufen am 2. September 2018.