Klassifikation nach ICD-10
Q68.1 Angeborene Deformität der Hand
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Deltaphalanx ist eine seltene angeborene Fehlbildung von Fingern und Zehen mit Verkürzung und Verformung der mittleren Anteile (Mittelphalangen) meist des Zeigefingers bzw. des 2. Zehs.[1][2][3]

Synonyme sind: Brachydaktylie Typ A-2; Brachydaktylie Typ Mohr-Wriedt; englisch Delta bone, Δ bone; Longitudinal epiphyseal bracket; (LEB); Clinodactyly with delta phalanx

Die Erstbeschreibung stammt aus dem Jahre 1903 durch H. Ziegner.[4] Die Namensbezeichnung bezieht sich auf eine Veröffentlichung aus dem Jahre 1919 durch die norwegischen Genetiker Otto Lous Mohr (1886–1967) und Christian Wriedt.[5]

Verbreitung

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Die Häufigkeit ist nicht bekannt, das männliche Geschlecht scheint etwas häufiger betroffen zu sein.[6]

Die Ursache wird als heterogen angesehen, es gibt isolierte Formen mit wohl autosomal-dominanter Vererbung und Assoziationen mit weiteren Fingerfehlbildungen wie Polydaktylie, Klinodaktylie oder akzessorischen Fingeranlagen.[2]

Zugrunde liegt eine abnormale Entwicklung oder Anlage der Epiphysenkerne und der Epiphysenfuge, welche sich nicht wie normalerweise quer ober- und unterhalb der Diaphyse befinden, sondern sich entlang der mittleren Abschnitte längs ausdehnen wie eine Klammer (Bracket) und somit das Längenwachstum behindern und die Wachstumsrichtung umlenken.[2]

Im Rahmen von Syndromen

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Bei einigen Syndromen können Deltaphalangen ein wesentliches Merkmal sein:[1][2]

Klinische Erscheinungen

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Klinische Kriterien sind:[1]

  • bilateral symmetrische Verkürzung und deltaförmige Deformierungen Mittelphalangen,
  • Diagnosestellung meist erst um das zweite Lebensjahr herum, wenn wachstumsbedingt die Fehlstellung deutlicher wird.

Diagnose

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Die Diagnose ergibt sich aus dem klinischen und röntgenologischen Befund und kann durch Kernspintomographie gesichert werden.[7]

Differentialdiagnose

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Abzugrenzen sind andere Formen einer Klinodaktylie, die Kamptodaktylie sowie die Kirner-Deformität.[3][8]

Therapie

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Die Behandlung kann bei ausgeprägter Deformierung durch operativen Eingriff erfolgen.[9]

Literatur

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  • A. Afshar, A. Tabrizi: Bilateral Clinodactyly of the Index and Middle Fingers Because of Proximal Delta Phalanx. In: World journal of plastic surgery. Band 11, Nummer 3, 2022, S. 95–97, doi:10.52547/wjps.11.3.95, PMID 36694681, PMC 9840758 (freier Volltext).
  • F. Hefti: Kinderorthopädie in der Praxis. Springer 1998, ISBN 3-540-61480-X, S. 419 ff
  • A. K. Martini: Angeborene Fehlbildungen. Kap. 6: Fehlbildungen der Hand. Thieme, S. 211, 2003, online (PDF; 3,2 MB)

Einzelnachweise

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  1. a b c Bernfried Leiber (Begründer): Die klinischen Syndrome. Syndrome, Sequenzen und Symptomenkomplexe. Hrsg.: G. Burg, J. Kunze, D. Pongratz, P. G. Scheurlen, A. Schinzel, J. Spranger. 7., völlig neu bearb. Auflage. Band 2: Symptome. Urban & Schwarzenberg, München u. a. 1990, ISBN 3-541-01727-9.
  2. a b c d Radiopaedia
  3. a b Handsurgery Resource
  4. H. Zieger: Kasuistischer Beitrag zu den symmetrischen Mißbildungen der Extremitäten. In: Münchner Medizinische Wochenschrift, Band 50, 1903, S. 1386–87
  5. O.L. Mohr, C. Wriedt: A New Type of Hereditary Brachyphalangy in Man. In: Carnegie Inst. (pub.), S. 5–64, 1919,Archive.org
  6. M. Ali, T. Jackson, G. M. Rayan: Closing wedge osteotomy of abnormal middle phalanx for clinodactyly. In: The Journal of hand surgery. Band 34, Nummer 5, 2009, S. 914–918, doi:10.1016/j.jhsa.2009.01.007, PMID 19362790.
  7. J. M. Johnson, T. J. Higgins, D. Lemos: Appearance of the delta phalanx (longitudinally bracketed epiphysis) with MR imaging. In: Pediatric radiology. Band 41, Nummer 3, März 2011, S. 394–396, doi:10.1007/s00247-010-1863-8, PMID 20972673.
  8. S. M. Fairbank, W. M. Rozen, C. J. Coombs: The pathogenesis of Kirner's deformity: A clinical, radiological and histological study. In: The Journal of hand surgery, European volume. Band 40, Nummer 6, Juli 2015, S. 633–637, doi:10.1177/1753193414551911, PMID 25274771.
  9. D. Vickers: Clinodactyly of the little finger: a simple operative technique for reversal of the growth abnormality. In: Journal of hand surgery. Band 12, Nummer 3, Oktober 1987, S. 335–342, doi:10.1016/0266-7681_87_90184-7, PMID 3437200.